TUI eröffnet Viverde Hotel in Drewitz

Von Winfried Wagner

Leise plätschern die Wellen des Drewitzer Sees am Bootshaus gegen das Ufer, Schwalben zwitschern, in den Baumkronen raschelt es. Wer in die erste deutsche «Viverde»-Hotelanlage der TUI-Gruppe kommt, ahnt nicht, dass er sich auf einem für Ostdeutschland historisch bedeutsamen Gebiet befindet - dem ehemaligen Jagdsitz von DDR-Staatschef Erich Honecker (1914-1994).

«Das ist Absicht, wir sind nicht mehr in den Fußstapfen Honeckers unterwegs», sagt Heike Gebauer. Die 42-Jährige von der Van-der-Valk-Gruppe im nahe gelegenen Linstow (Landkreis Rostock) leitet den möglichst naturnahen Neustart für die einsam im Wald gelegene Anlage. «Hier wird Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, die Leute sollen ihre innere Balance wiederfinden können», heißt das Motto.

Knapp 24 Jahre nach der friedlichen Revolution, als im Herbst 1989 aufgebrachte Bürger die Jagdobjekte der SED-Funktionäre in der Müritz-Region stürmten, erinnert nur noch wenig an die Zeit der feudalen Jagden. «Wir lassen die Kutsche von Honecker noch stehen», sagt Gebauer. Auch der große Bronzehirsch vor dem äußerlich noch mondänen Jagdhaus bleibt. «Aber die Honecker-Suite belegen wir erstmal nicht», erklärt die Fachfrau. Und das alte Kino, in dem noch die DDR-Machthaber saßen, soll zu einem Fitnessraum umgebaut werden.

Historiker, wie der Rostocker Fred Mrotzek, mahnen aber einen behutsameren Umgang mit dem Schauplatz von DDR-Historie an. «Es wäre schön, wenn wir da einbezogen werden würden.» Natürlich habe der Unternehmer freie Hand, da er auch das Risiko trage. Aber an so einem Schauplatz könne man die DDR-Geschichte plastisch erlebbar machen. «Die Machthaber haben damals Wasser gepredigt und Wein gesoffen.» Zudem war die Anlage 365 Tage im Jahr in Bereitschaft, fast 30 Bedienstete waren nur damit beschäftigt, alles herzurichten, falls Honecker, Stasi-Chef Erich Mielke und andere zum Schießen kamen.

Derzeit ist Umbau angesagt. Rund eine Million Euro investiert die holländische Van-der-Valk-Gruppe in das Objekt, das Eigentümer Vincent van der Valk Ende 2011 für 3,4 Millionen Euro auf einer Zwangsversteigerung erworben hatte. Die Investitionen sind nötig, um Naturgenießer auf Vier-Sterne-Niveau zu begrüßen. Nach einer Reiseanalyse wollen 68 Prozent der Gäste in Mecklenburg-Vorpommern die Natur genießen, heißt es vom Landestourismusverband. Mit dem neuen Konzept werde ein wichtiger Trend aufgegriffen. Bisher gibt es solche «Viverde»-Hotels nur in Italien, Spanien und der Türkei.

«Der Fokus der Urlauber in Deutschland liegt inzwischen darauf, dass die Leute bewusster mit allem umgehen, auf Nachhaltigkeit achten», erläutert Gebauer. Wichtig sind dabei eine regionale frische Küche und besondere Entspannungsangebote. Für die frische Küche hat Chefkoch Christian Höfs extra einen Kräutergarten angelegt, der wegen des vielen Wildes aber mit Draht gesichert werden muss.

Naturwanderungen zum Thema «Riechen-Schmecken-Fühlen» ergänzen das Ganze, es gibt Ruderboote und einen eigenen Badestrand am Drewitzer See, der zu den saubersten bundesweit gerechnet wird. Zum Herbst soll eine neue Wellness- und Saunalandschaft fertig sein.

Das abgelegene Ex-Jagdobjekt mit inzwischen 48 Ferienhäusern, dessen Lage den Vorbesitzer mit seiner «Jagd- und Naturparkresidenz» mangels Gästen in Finanzprobleme brachte, passt laut TUI gut ins neue Konzept. Derzeit sei die Anlage zu rund einem Drittel belegt, sagt Gebauer.

Mehrere Gäste loben in Internetforen bereits die ruhige Lage, kritisierten aber auch, dass man vorher nicht auf den noch laufenden Umbau hingewiesen wurde. Am 28. Juni soll das meiste aber fertig sein: Dann gibt es einen «Tag der offenen Tür» am Drewitzer See. dpa