Von Friederike Marx
Deutschland ist als Reiseland so beliebt wie nie zuvor. Nach einem kräftigen Plus im ersten Halbjahr nimmt der Tourismus zwischen Ostsee und Alpen Kurs auf das achte Rekordjahr in Folge. In den ersten sechs Monaten zählten Hotels, Pensionen und andere Unterkünfte 205,1 Millionen Übernachtungen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. «Urlaub in Deutschland hat Konjunktur», sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, am Donnerstag.
Die Branche ist zuversichtlich, dass die positive Entwicklung anhält. Der reisestarke Ferienmonat August ist gerade erst angelaufen. Beliebt ist Deutschland sowohl bei Gästen aus dem Inland als auch aus dem Ausland - die Übernachtungszahlen stiegen im ersten Halbjahr jeweils um 3 Prozent. Allein 168,4 Millionen Mal übernachteten heimische Reisende in Betrieben mit mindestens zehn Schlafgelegenheiten. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, Sparbuch und Co. werfen kaum noch etwas ab, vielen Verbrauchern sitzt daher das Geld locker.
Nach einem Stimmungsknick im vergangenen Jahr ist die Reiselaune der Menschen in Deutschland auch wieder gestiegen. Nach einer Befragung der GfK-Konsumforscher für den Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) erhöhte sich die Bereitschaft der Bundesbürger, Geld für Trips im In- und Ausland auszugeben. 2016 hatten Anschläge in beliebten Urlaubsgebieten und der gescheiterte Putsch in der Türkei für Verunsicherung gesorgt.
Ob die jüngste Verschärfung der Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei zu mehr Urlaub im eigenen Land führt oder andere Ziele wie Spanien und Griechenland davon profitieren, lässt sich derzeit kaum sagen.
«Wandern, Radfahren, Kultur- und Städtereisen stehen hoch im Kurs», sagte Hartges. Deutschland profitiere auch davon, dass der Trend zu mehreren Kurzurlauben statt einem großen Sommerurlaub gehe. Hinzu kommen Geschäftsreisende und Messetourismus.
In den ersten sechs Monaten entfielen 36,7 Millionen Übernachtungen auf Besucher aus dem Ausland. «Mit drei Prozent Zuwachs präsentiert sich das Reiseland Deutschland im internationalen Wettbewerb mit einer sehr guten Halbjahresbilanz», sagte Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Deutschland sei als Reiseziel im Ausland so beliebt wie noch nie.
Im vergangenen Jahr hatten unter anderem Terroranschläge in Europa die Reiselust ausländischer Gäste gedämpft - insbesondere aus Asien. Die Zahl der Übernachtungen von Besuchern aus anderen Ländern hatte unterdurchschnittlich um 1,4 Prozent zugelegt.
Deutlich höher sind die Erwartungen für dieses Jahr. «Im Moment sind wir sehr optimistisch. Ein Plus von zwei bis drei Prozent bei den Übernachtungen ausländischer Gäste im Vergleich zum Vorjahr scheint möglich», sagte Hedorfer. Vor allem aus Russland, Brasilien, China und Indien seien bisher mehr Besucher gekommen als im Vorjahreszeitraum. 2016 hatte die Wirtschaftskrise in Russland und Brasilien die Reiselust der Gäste aus diesen Ländern gebremst.
Einen regelrechten Boom gab es im Juni, die Übernachtungszahlen stiegen insgesamt um 10 Prozent. Dabei spielte allerdings auch eine Rolle, dass die Pfingstferien in diesem Jahr in den Juni fielen. 2016 hatten sie noch im Mai gelegen.
Ganz oben auf der Beliebtheitsskala bei Reisenden steht Bayern. In den ersten fünf Monaten wurden dort 32,4 Millionen Übernachtungen gezählt - aktuellere Daten liegen noch nicht für alle Bundesländer vor. Auf Rang zwei und drei folgten Nordrhein-Westfalen (20,3 Mio) und Baden-Württemberg (18,7 Mio.). dpa