Die kriselnde Restaurantkette Vapiano hat in der Kundengunst an Boden verloren. Auf vergleichbarer Fläche sank der Umsatz auf dem immens wichtigen Heimatmarkt Deutschland im ersten Halbjahr um 3,4 Prozent, wie aus dem am Mittwoch publizierten Halbjahresbericht der Kölner Firma hervorgeht. Beim Umsatz auf vergleichbarer Fläche werden neue Lokale rausgerechnet («Like-for-Like»).
Insgesamt sanken die Erlöse hier um 3,2 Prozent. Nur durch Neueröffnungen und Zukäufe konnte der Konzern seine Erlöse steigern, und zwar um gut 12 Prozent auf 196,6 Millionen Euro. Die neue Konzernchefin Vanessa Hall betonte, man müsse zügig die «Gästeloyalität» verbessern und die «Like-for-Like»-Umsätze steigern.
Die Firma ist tief in den roten Zahlen: Der Verlust verdoppelte sich in etwa im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 auf 34,3 Millionen Euro. Um die Defizite auszugleichen, musste das Eigenkapital herhalten - das schrumpfte seit Jahresbeginn von rund 47 auf nur noch 12 Millionen Euro. Zugleich stieg die Nettoverschuldung deutlich auf 470 Millionen Euro, was zum Teil an der Inanspruchnahme von Gesellschafterdarlehen lag. Zudem wurden Leasingverbindlichkeiten nach einem neuen Rechnungslegungsstandard nun einbezogen.
Das Zahlenwerk verdeutlicht, dass der Kölner Konzern bei seinem Sanierungsprogramm dringend vorankommen muss. Die Probleme sind schon seit längerem bekannt. Eine nach dem Börsengang 2017 angekurbelte Expansion ging schief, Restaurants in Staaten wie Schweden entwickelten sich zu Verlustbringern. Ende 2018 wollte ein neuer Firmenchef mit einem Sanierungsprogramm das Ruder herumreißen, doch nach nur neun Monaten im Amt warf er das Handtuch. Erst vor wenigen Tagen übernahm die Britin Hall den Chefsessel, zuvor saß sie an der Spitze des Aufsichtsrats. Sie will die von ihrem Vorgänger eingeleitete Sanierung fortsetzen und die Expansion verlangsamen.
2021 soll die Firma in die Gewinnzone zurückkehren. Vapiano hat 235 Restaurants auf der Welt, etwa ein Drittel davon in Deutschland. Sogar in Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Taiwan und Australien gibt es Lokale mit dem markanten roten Schriftzug. Nach Ansicht von Branchenkennern hat sich das Unternehmen damit viel zu stark von seinen Kernmärkten entfernt. Aus Sicht von Boris Tomic, Chefredakteur der Fachzeitschrift «Foodservice», sollte sich Vapiano auf Deutschland, Frankreich und Österreich konzentrieren: «Das reicht.»
Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) war nach Publikation der Halbjahreszahlen besorgt - die Eigenkapitalquote sei «unterirdisch». Gehe es nicht bald wieder aufwärts, müsse die Firma eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen und die Anteilseigner über die Situation und Perspektive beim Grundkapital informieren: «Vapiano muss dringend seine Hausaufgaben machen und die Ertragssituation verbessern.»
Die Vapiano-Führung hatte in den vergangenen Monaten klargemacht, defizitäre Lokale auch zumachen zu wollen. Allerdings ist es gar nicht so einfach, den Ballast schlechter Geschäfte loszuwerden. So verkündete Vapiano im Januar den Verkauf seines USA-Geschäfts, musste im August aber einräumen, dass daraus doch nichts wurde - der Käufer hatte nicht bezahlt, immerhin 20 Millionen US-Dollar hätte Vapiano bekommen sollen. Nun geht die Investorensuche in Amerika weiter.
Während bei Vapiano der Haussegen schief hängt, läuft es bei Konkurrenten wie L'Osteria gut. Solche Lokale setzen auf Bedienung am Platz, bei Vapiano hingegen holen sich die Gäste ihre Pizza und Pasta selbst von der Theke.
Seit dem Börsengang vor gut zwei Jahren hat die Aktie rund 80 Prozent ihres Ausgabewertes eingebüßt - Anteilseigner der Firma sind also leidgeprüft. Am Mittwoch hatten sie trotz der schlechten Zeiten keinen Kurssturz zu verkraften - tatsächlich konnte ein Anteilsschein an der Börse bis zum Mittwochmittag sogar etwas zulegen.
Offenbar sind einige Anleger trotz allem überzeugt von einer positiven Perspektive bei Vapiano. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass weiterhin finanzkräftige Großaktionäre an Bord sind, darunter die Tchibo-Erben Günter und Daniela Herz sowie Wella-Erbin Gisa Sander. Die waren im Frühjahr bereit, einen dicken Kredit zu geben und die akute Finanznot damit etwas zu lindern. dpa