Von Uta Knapp
Ob es um teures Luxus-Wasser zu Preisen von 100 Euro und mehr pro Flasche geht oder um billige Massenware vom Discounter: Die Mineralwasserbranche hofft auf einen Bilderbuch- Sommer. Wenn der Blick aufs Thermometer hochsommerliche Hitzegrade verspricht, können die rund 200 deutschen Mineralbrunnen in der Regel einen deutlichen Umsatzzuwachs verbuchen.
Hauptprofiteure des anhaltenden Mineralwasser-Booms sind jedoch die Discounter, die bereits einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent haben. Die 1,5-Liter-PET-Flasche zum seit Jahren unveränderten Standardpreis von 19 Cent gehört bei ihnen zum Dauersortiment.
Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach teurem Premium-Wasser in noblen Glasflaschen. "Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Rückgang der Glasflasche ist gestoppt. Es gibt sogar wieder einen leichten Zuwachs", berichtet Stefan Seip, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen (VDM) in Bonn.
Betuchte Glasflaschen-Liebhaber können zu dem angeblichen "Champagner unter den Mineralwässern" in der mit Swarovski-Kristallen besetzten Flasche ("Bling") greifen. Das importierte Nobelwasser wird hierzulande zu Preisen von 100 Euro und mehr angeboten.
Während die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen solches Luxuswasser schlicht als "pure Geldmacherei" abtut, kann sich der deutsche Branchen-Sprecher Arno Dopychai eine gewisse Bewunderung nicht verkneifen. "Wir schauen alle neidvoll auf die", meint er.
"Premium-Wasser ist ein bisschen eine Spielerei", sagt Bianca Casertano von der Einzelhandels-Analysegruppe Planet Retail. Offensichtlich existiere aber ein Markt dafür. "Das ist generell ein Trend im Lebensmittelhandel. Es gibt ganz billig oder ganz teuer. Das Mittelfeld bricht weg", erklärt die Expertin.
Auch bei deutschen Regionalbrunnen sind mittlerweile Designer-Flaschen im Trend - allerdings zu deutlich günstigeren Preisen. Angeboten werden die noblen Flaschen meist speziell für die Gastronomie. Der Inhalt sei jedoch identisch mit dem Wasser aus der ganz normalen Standardflasche, versichert Sebastian Brodmann, Sprecher des Regionalbrunnens Stiftsquelle in Dorsten.
Für durchschnittlich 0,02 Cent pro Liter sei dagegen Leitungswasser aus dem Hahn konkurrenzlos billig zu haben, rät Philip Heldt von der Verbraucherzentrale NRW. "Es ist deutlich günstiger, und es wird frei Haus geliefert. Das ist ein unschlagbares Argument", so Heldt. Sinnvoll sei es jedoch, das Wasser zunächst einige Zeit laufen zu lassen.
Stilles Wasser mit wenig oder ganz ohne Kohlensäure liegt derzeit auch bei den Profi-Abfüllern der Mineralwasserbranche im Trend. Mit einem Absatzplus um 10,6 Prozent auf 1,4 Milliarden Liter war das stille Wasser im vergangenen Jahr in Deutschland der größte Gewinner in der Verbrauchergunst.
Den größten Anteil am Gesamtabsatz der Branche von knapp 14,2 Milliarden Litern hatte jedoch das Wasser mit wenig Kohlensäure mit etwa 4,7 Milliarden Litern (43,6 Prozent). Mit 143,6 Litern pro Jahr erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch an Mineralwasser 2014 einen Spitzenwert. Noch zur Jahrtausendwende hatte er lediglich bei rund 100 Litern gelegen.
Bei dem Dorstener Brunnenbetrieb Stiftsquelle stapeln sich unterdessen angesichts des angebrochenen Sommers die Wasserkisten. Zwischen 40 000 und 45 000 von ihnen verlassen pro Tag den Abfüllbetrieb am Rand des Ruhrgebiets. Wie bei der großen Mehrheit der bundesdeutschen Brunnen wird meist im regionalen Umfeld verkauft. Gearbeitet wird auch in Sonderschichten in der Nacht - vor allem, wenn es tagsüber heiß wird.
Wissenswertes über Mineralwasser
Für Mineralwasser gelten eine Reihe von Vorschriften - im Restaurant und im Supermarktregal.
Natürliches Mineralwasser ist ein geschützter Begriff. Nach Angaben der Informationszentrale Deutsches Mineralwasser (IDM) ist es das einzige Lebensmittel, das eine amtliche Anerkennung erhält. Natürliches Mineralwasser wird direkt an der Quelle abgefüllt und darf kaum behandelt werden. Erlaubt ist es, dem Wasser Schwefel und Eisen zu entziehen und Kohlensäure hinzuzugeben oder auch zu entziehen. Anders ist es bei Tafel- oder Quellwasser. Beide Wässer besitzen keine amtliche Anerkennung, Tafelwasser wird künstlich hergestellt.
Wer im Restaurant ein Mineralwasser bestellt, muss es am Tisch in der geschlossenen Flasche serviert bekommen. So schreibt es die Mineral- und Tafelwasserverordnung vor. Der Kellner darf die Flasche demnach erst am Tisch öffnen - so soll die Qualität auf dem Weg bis zum Verbraucher gesichert sein.
Spezielle Babywasser haben kaum Vorteile im Vergleich zu anderem Mineralwasser, ergab ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Niedersachsen mit sieben Produkten. Diese werden oft in Tetrapaks als Durstlöscher oder zum Breianrühren für Säuglinge angeboten. Der Test ergab: Als Babywasser beworbene Produkte sind bis zu dreimal teurer als herkömmliches Mineralwasser, das ebenfalls zum Zubereiten von Säuglingsnahrung geeignet ist.
Auch auf "normalen" Mineralwasserflaschen steht manchmal der Hinweis: geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung. Das bedeute, dass das Wasser möglichst neutral sei und keine großen Mengen an Mineralien enthalte, erläutert die IDM. Der Hinweis darf auf dem Etikett stehen, wenn bestimmte Höchstwerte an Mineralstoffen nicht überschritten sind. Besser als andere Wässer seien solche nicht - nur anders. dpa