Die Alterung der Gesellschaft in Deutschland macht den Winzern nach Expertenangaben zu schaffen. Es hänge sicherlich mit der Altersstruktur zusammen, dass über den Lebensmitteleinzelhandel weniger Wein verkauft werde, sagte der Leiter der Gruppe Weinbau beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Jürgen Oberhofer.
Die «Intensivkonsumenten», die früher auch im Alltag zum Schoppen gegriffen hätten, würden zunehmend älter und tränken aus gesundheitlichen Gründen weniger oder gar keinen Wein mehr.
Die Produzenten müssten nun im bestehenden Markt neue Absatzkanäle erschließen oder ausbauen, empfahl Oberhofer. Mit Blick auf den Klimawandel sagte er, trotz Risiken überwiege das Positive. «Wir haben deutlich höhere Qualitäten in Deutschland.» Weinmarkt und Klimawandel sind Themen bei den 69. Pfälzischen Weinbautagen in Neustadt. Die zweitägige Veranstaltung dauert bis Mittwoch (13. Januar).
Nach Oberhofers Angaben ist der Weinmarkt in Deutschland leicht rückläufig, auch in traditionellen EU-Weinbauländern wie Spanien, Italien und Frankreich sinke der Konsum. In Rheinland-Pfalz sei die Menge des geprüften Qualitätsweins in den vergangenen zehn Jahren einer Hochrechnung zufolge um etwa neun Prozent gesunken. «Das ist jetzt keine Dramatik», sagte Oberhofer. Aber es sei ein stetiger Prozess.
Bei großen Bevölkerungsschichten habe Wein zwar einen hohen Stellenwert, sagte der Experte. «Aber was ein bisschen wegbricht, ist die Generation, die Wein mehr oder minder als Alltagsgetränk gesehen hat, die den Wein quasi täglich konsumiert hat.» Für den Weinmarkt sei die Verschiebung der Alterspyramide «keine erfreuliche Entwicklung».
Als Beispiel für neue Absatzkanäle nannte er China, wo Wein immer mehr in Mode komme. Die deutschen Winzer müssten schauen, dass sie auf diesem Wachstumsmarkt einen kleinen Anteil abbekämen. «Ob wir dann von dem Markt drei oder vier Prozent kriegen, ist für uns im Endeffekt schon ganz entscheidend.»
Deutschland hat nach Oberhofers Angaben einen Anteil von drei Prozent an der Weltproduktion und ist das weltgrößte Weinimportland. Zufrieden zeigte sich der Experte mit der Entwicklung der Preise. Der Durchschnittspreis habe in den vergangenen zehn Jahren um rund 30 Prozent zugelegt und sei etwas stärker gewachsen als die Inflationsrate.
Mit Blick auf den Klimawandel sei der Weinbau in der Summe ein «Nettoprofiteur», sagte Oberhofer. Zwar gebe es vermehrt heftige Wettererscheinungen wie Hagel und auch der Frost werde zusehends zum Problem. Die Rebe treibe immer früher aus und sei «enorm frostgefährdet». Im Vergleich zu den 1980er Jahren sei die Qualität in Deutschland aber deutlich höher. «Mittlerweile kann auch Deutschland aufgrund des Klimawandels absolut hervorragende Rotweine machen, die international absolut konkurrenzfähig sind.» Auch die Ausbildung junger Winzer sei so gut wie nie zuvor. dpa