Der Tourismus in den rheinland-pfälzischen Großstädten soll wachsen: Mainz, Trier, Koblenz und Ludwigshafen setzen dabei aber nicht nur auf ihre Attraktionen wie den Mainzer Dom, Karl Marx, die Festung Ehrenbreitstein und den Chemieriesen BASF. Kultur, Kongresse, Fluss- und Radtourismus spielen ebenfalls eine große Rolle. Eine ganz wesentliche Rolle spielt im Bundesland mit den beiden größten Anbaugebieten zudem der Wein.
«Kurzreisen und Tagestourismus nehmen weiter zu», sagte Tourismusforscher Philipp Wagner vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Kiel. Allerdings könnten große Städte davon stärker profitieren, weil sie bekannter seien. Flusskreuzschifffahrt sei eine Nische, die aber eher wachse. «Der Rhein ist besonders geeignet für Flusskreuzschifffahrten in Deutschland.»
Kultur und Kongresse, Wein und Flüsse - mit diesen Pfunden wollen rheinland-pfälzische Städte bei Touristen wuchern. Denn das Segment der Kurzreisen wächst nach Einschätzung von Fachleuten weiter - und dabei sind folgende Städte besonders gefragt:
MAINZ will in den nächsten Jahren eine Millionen Übernachtungen erreichen und hofft auf eine kontinuierliche Steigerung von drei Prozent pro Jahr. 2018 wurden rund 906 700 Übernachtungen gezählt - gut 13 300 mehr als fünf Jahre zuvor. Es kamen etwa 601 160 Besucher (etwa 27 700 mehr als 2013) und sie blieben im Durchschnitt 1,51 Tage - ungefähr genauso lange wie vor fünf Jahren. 30 Prozent der Touristen kamen aus dem Ausland, vor allem aus den USA, Kanada, China, Großbritannien und der Schweiz.
Hauptattraktionen sind der Dom, das Gutenberg-Museum, die St.-Stephans-Kirche mit den einzigen in Deutschland von Marc Chagall (1887-1985) gestalteten Fenstern. Aber auch die Altstadt, das Rheinufer und der ZDF-Fernsehgarten ziehen Besucher an, wie Stadtsprecher Ralf Peterhanwahr sagt.
Um mehr Touristen zu gewinnen, setzt die Landeshauptstadt am Rhein auf ihre zahlreichen Feste und die wachsende Flusskreuzschifffahrt. Dies sei eine Nische, die aber eher wächst, sagt Tourismusforscher Philipp Wagner aus Kiel. «Der Rhein ist besonders geeignet für Flusskreuzschifffahrten in Deutschland.» Zielgruppe seien allerdings vor allem Menschen in der Altersgruppe 70 plus.
Als «Weinhauptstadt Deutschlands», als «Kulturhochburg» sowie als Tagungsstadt will Mainz auch punkten. Mainz ist zudem Mitglied der Great Wine Capitals.
KOBLENZ zählte zuletzt fast 361 800 Gäste - 29 300 mehr als 2013. Sie blieben im Durchschnitt 1,94 Nächte in der Stadt am Zusammenfluss von Mosel und Rhein - etwas länger als fünf Jahre zuvor. Mit einer engeren Vernetzung der Teile der Festung Ehrenbreitstein sollen noch mehr Menschen aus dem In- und Ausland angezogen werden. Neben dem Deutschen Eck ist die mit einer Seilbahn erreichbare Festung Ehrenbreitstein Hauptattraktion. Die Stadt mit ihren mehr als 114 000 Einwohnern setzt aber auch auf den Flusstourismus, Kongresse, Wein und auf Genuss, wie Sprecher Thomas Knaak sagt.
TRIER kann als eine von wenigen Städten mit einem Welterbe aus drei Epochen punkten: Die einzige römische Kaiserresidenz nördlich der Alpen glänzt auch mit dem in Mittelalter und Neuzeit geprägten Dom sowie als Geburtsstadt von Karl Marx (1818-1883) dessen Werk «Das Kapital» zum Weltdokumentenerbe zählt.
Rund 463 900 Besucher zählte die rund 111 000 Einwohner große Stadt im vergangenen Jahr - und damit gut 78 200 mehr als fünf Jahre zuvor. Die Besucher blieben durchschnittlich 1,8 Nächte in TRIER - fast genauso lange wie 2013. Der Anteil der ausländischen Gäste hat sich im Vergleichszeitraum leicht erhöht, und liegt bei etwas mehr als einem Viertel. Die meisten ausländischen Touristen kommen aus den Niederlanden, gefolgt von Belgien und Frankreich. Aber auch mehr Amerikaner und Chinesen zog es in die Stadt, die zu den ältesten in Deutschland gehört.
Im Karl-Marx-Jubiläumsjahr 2018 seien erstmals mehr als 800 000 Übernachtungen gezählt worden, berichtet Norbert Käthler von Trier Tourismus und Marketing. Die Marke Karl Marx sei weltweit erfolgreich etabliert worden und soll ein wichtiges Standbein für Qualitäts-Tourismus bleiben. Neu erschlossen für Touristen werden gerade die Trierer Unterwelten. Der Weintourismus an der Mosel, Flusskreuzfahrten sowie der Moselradweg sind andere Anknüpfungspunkte.
NEUSTADT an der Weinstraße mit seinen rund 54 000 Einwohnern gehört zwar nicht zu den Großstädten, ist aber bei Besuchern beliebt. Rund 113 500 Touristen wurden im vergangenen Jahr gezählt - 18 500 mehr als 2013. Sie brachten es auf 250 500 Übernachtungen (plus 26 000). Sie bleiben in der Regel 2,37 Nächte und damit genauso lange wie 2013. Nur etwas mehr als jeder zehnte Tourist kam aus dem Ausland.
Hauptattraktion ist das Hambacher Schloss - die Wiege der deutschen Demokratie. Gefragt sind aber auch die historische Altstadt mit dem größten Fachwerkhausbestand in der Pfalz. Einer der Hauptreisegründe an die Krönungsstätte der Deutschen Weinkönigin ist aber der Wein: Urige Weinstuben, Vinotheken und zahlreiche Veranstaltungen rund um den Wein wie Rosa Leuchten im Glas, Rebsorte des Jahres, Sparkling Wine Day zum Nationalfeiertag und die Jungwinzer-Matinée sollen Besucher anziehen, wie der Geschäftsführer der Tourist, Kongress und Saalbau GmbH, Martin Franck, sagt.
«In den nächsten fünf bis zehn Jahren möchten wir - auch dank der TV-Sendung «Weingut Wader» auf 300 000 Übernachtungen kommen, sagt Franck. Folge 3 und 4 würden im November ausgestrahlt. Die neue «Tourismusstrategie 2022+» werde in den nächsten Monaten erarbeitet. Dazu gehörten «qualitativ wertige Weinevents» und der Ausbau von Neustadt «als Wein- und Demokratiestadt».
In LUDWIGSHAFEN hält es die Touristen dagegen meist 1,7 Tage und damit etwas kürzer als vor fünf Jahren. Etwa 211 000 Gäste wurden 2018 gezählt - darunter ungefähr ein Viertel aus dem Ausland. 2013 waren es 83 000 Besucher weniger, wie Markus Lemberger von der Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft sagt.
Künftig sollen noch mehr Tagestouristen und Städtereisende nach Ludwigshafen kommen. Dabei spielen auch der neue Rhein-Anleger für Flusskreuzfahrtschiffe sowie mehrere Rad-Routen eine Rolle.
Wichtigster Magnet ist der Chemiekonzern BASF mit Besucherzentrum und Werksbesichtigungen. Aber auch eine Reihe kultureller Einrichtungen und Festivals, darunter das Wilhelm-Hack-Museum für moderne Kunst, die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und das Theater im Pfalzbau sowie das Festival des Deutschen Films und das Internationale Straßentheaterfestival. Architektonischer Höhepunkt ist die Friedrich-Ebert-Halle des Wieners Roland Rainer. Viele kommen auch wegen der Schloss- und Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt. dpa