Von Andrea Löbbecke
Medaillen, Siegel, Auszeichnungen: In der deutschen Weinbranche gibt es fast so viele Wettbewerbe und Ehrungen wie Rebsorten. Auf vielen Flaschen prangen neben dem Etikett noch Aufkleber und Banderolen, die davon künden, welche tolle Platzierung der Tropfen bei welchem Wettbewerb errungen hat. Doch wie aussagekräftig sind diese Preise? Bei der steigenden Zahl der Wettbewerbe haben selbst Weinkenner die Übersicht verloren.
«Schon wir Fachleute haben unsere Probleme durchzublicken - was die Kriterien angeht, wie genau verkostet wird», sagt Ruth Fleuchaus, Professorin für Weinbetriebswirtschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Heilbronn. Einem Laien empfehle sie kaum, sich in das genaue Verfahren einzelner Wettbewerbe einzuarbeiten. Als Grundregel gelte jedoch, dass sogenannte Blindverkostungen deutlich seriöser seien - also wenn die Tester das Etikett nicht sehen.
«Es ist schwer für den Endverbraucher, sich einen Überblick zu verschaffen», sagt auch Sommelière Martina Kraemer-Stehr vom Ketschauer Hof im pfälzischen Deidesheim. Die Kriterien der einzelnen Wettbewerbe seien sehr unterschiedlich, die Urteile der Tester oft subjektiv.
Goldene Münzen, Signets und Gütezeichen schmücken nicht nur die Flaschen, sondern kurbeln auch den Verkauf an - das ist grundsätzlich logisch. Genaue Studien über das Thema stehen jedoch nach den Worten von Fleuchaus noch aus. «Der Handel bestätigt aber, dass Auszeichnungen eine Orientierungshilfe leisten», sagt die Marketingexpertin.
Während es schon lange Verbandspreise wie etwa die Kammermünzen gibt, sind in den vergangenen Jahren mehr internationale Wettbewerbe dazugekommen. Zu den großen zählen unter anderem «Mundus vini» und die «Berliner Wein Trophy» - mit jährlich steigenden Anmeldezahlen. «Winzer überlegen sich gut, wo sie investieren und ob sich das lohnt», sagt Fleuchaus. Allerdings hätten sich viele Weingüter über Topbewertungen einen Namen machen können. Großes Wachstum bei der Zahl der Wettbewerbe erwartet die Expertin nicht: «Die Etablierten haben das Feld besetzt, da ist nicht mehr viel Platz.»
Ausgezeichnete Weine seien in der Regel von guter bis sehr guter Qualität, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. «Ob ein hochgelobter Wein einem auch schmeckt, ist jedoch eine ganz andere Frage.» So würden etwa barrique- oder gerbstoffgeprägte Rotweine öfter hoch prämiert. «Dieser Weintyp muss einem Weinfreund aber nicht unbedingt zusagen.»
Diese Beobachtung hat auch Sommelière Kraemer-Stehr gemacht. Bei Weintrinkern stünden beispielsweise die «Parker-Punkte» hoch im Kurs. Allerdings seien bei den Testern rund um den US-amerikanischen Kritiker Robert Parker intensive, dichte Weine besonders beliebt. «Wenn ich aber eher elegante, filigrane Weine mag, dann schmeckt mir ein Wein auch dann nicht, wenn er eine hohe Parker-Punktzahl hat.» Sie ermuntere ihre Kunden, dem eigenen Geschmack zu vertrauen - losgelöst von Preisen und Trends.
Ein Winzer darf seine Auszeichnungen nur dann auf der Flasche präsentieren, wenn sie in einem amtlich zugelassenen Wettbewerb errungen wurden. Diese werden vom Bundeslandwirtschaftsministerium, den Landesregierungen oder vom Internationalen Weinamt in Paris bestimmt. Bei solchen Wettbewerben werden die Weine verdeckt verkostet. Die Prüfer kennen in der Regel lediglich die Rebsorte, die Prädikatsstufe und die Geschmacksrichtung, aber nicht den Winzer. Jeder Wein wird parallel von mehreren Experten probiert.
Auf Bewertungen nicht anerkannter Wettbewerbe oder von Weinführern darf der Winzer in seiner Preisliste oder auf seiner Homepage hinweisen. «Weinwettbewerbe sind insbesondere für noch wenig bekannte Betriebe eine gute Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen», sagt Büscher. Viele renommierte Weingüter nähmen nicht teil, weil sie dies nicht mehr für nötig erachteten. dpa
Auswahl von deutschen Weinauszeichnungen und Wettbewerben
Zu den bekanntesten Weinwettbewerben zählen die verschiedenen Landesweinprämierungen in den Anbaugebieten und die darauf aufbauende DLG-Bundesweinprämierung. Zu diesen Wettbewerben werden nach Zahlen des Deutschen Weininstituts alljährlich weit über 20 000 Weine angemeldet. Für jene, die am ökologischen Weinbau interessiert sind, gibt es den «Internationalen Bioweinpreis». Riesling-Freunden dürfte der im zweijährigen Turnus vom Land Rheinland-Pfalz ausgelobte Weinvergleich «Best of Riesling» eine gute Orientierung bieten.
Anerkannte internationale Weinwettbewerbe mit großer Beteiligung sind zudem «Mundus Vini» vom Meininger Verlag oder die «Berliner Wein Trophy». Im Rheingau können Winzer ihre Weine der Sorten Riesling oder Spätburgunder als «Erstes Gewächs» klassifizieren lassen. Nur für Lemberger-Rotweine gibt es den «Vaihinger Löwen», nur mit Silvaner kann man eine «Goldene Rebschere» des Silvaner Forums gewinnen.