Holunder und Sanddorn sind als Wildobst bekannt. Mittlerweile bietet der Handel auch besonders ertragreiche Sorten an. Darüber hinaus gibt es eine ungewöhnlich große Auswahl an Wildobstgehölzen, die selten in den heimischen Gärten zu sehen sind.
«Die meisten dieser Gehölze sind in bestimmten Regionen seit vielen Jahrzehnten, zum Teil Jahrhunderten beheimatet. Sie sind meist nicht züchterisch bearbeitet und haben so ihre natürliche Robustheit und Widerstandskraft gegenüber Krankheiten und Schädlingen bewahrt», erläutert Hans-Joachim Albrecht, Gartenbauingenieur aus Berlin. Dass diese Gehölze nun neu oder wieder entdeckt werden, hat sicherlich mit der Rückbesinnung auf regionale Produkte, aber auch der Suche nach gärtnerischer und kulinarischer Abwechslung zu tun.
Aber auch optisch haben Wildobstgehölze einiges zu bieten: «Die Kornellkirsche oder die Scheinquitte haben eine sehr schöne Blütenwirkung. Die Früchte von Sanddorn und Eberesche leuchten in einer Jahreszeit, in der es sonst wenige Farbtupfer gibt. Und die Apfelbeere besticht durch ihre tolle Herbstfärbung», sagt Albrecht.
Welches Gehölz gewählt wird, hängt von seinem Platzbedarf ab. «Typische Wildobstarten sind nicht auf schwachwachsenden Unterlagen veredelt und wachsen strauch- oder baumartig», erläutert Eva Morgenstern von der Gartenakademie Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße. Eine Maulbeere beispielsweise wird schon mal 15 Meter hoch, eine Mispel bis zu 8 Meter und selbst ein Weißdorn kann es auf 6 Meter bringen. Solche Riesen sind toll im großen Garten. In der Reihenhaussiedlung dagegen sprengen sie den Rahmen.
Wenig Platz dagegen beansprucht eine Zierquitte, eine Mahonie, eine Schlehe oder auch eine Wildrose. Seltene Alternativen sind Apfelbeeren, Maibeeren oder Cranberry-Pflanzen.
Wildobst liefert allerdings selten einen hohen Ertrag, sagt Morgenstern. Allerdings lässt dieser sich durch den Standort beeinflussen: Die meisten Wildobstgehölze tragen ihre Früchte und Samen an den Zweigspitzen. Je größer also die Oberfläche des Gewächses ist, umso größer ist damit auch die Ernte. Das gilt erst recht, wenn der Standort windgeschützt ist.
Berberitzen-Früchte, Kornellkirschen, Kirschpflaumen und Maulbeeren dürfen direkt von der Hand in den Mund wandern. «Das gilt auch für die kupferfarbenen Felsenbirnen - wenn man denn schneller ist als die Amsel», sagt Frank Löser, Fachbuchautor aus Göhren bei Schwerin. Holunderbeeren hingegen müssen unbedingt vor dem Genuss erhitzt werden - roh sind sie giftig.
«Insgesamt kann man sagen: Die meisten Wildfrüchte sind deutlich saurer, herber im Geschmack als Kulturobst", fasst Löser zusammen. «Deshalb werden Schlehen, Mispeln, Ebereschen und Berberitzen gerne nach dem ersten Frost gepflückt. Das mildert die Säure.» Allerdings werden die Früchte dann schnell weich und sind schwer zu ernten. Wird vor dem Frost geerntet, können die Früchte auch anschließend bis zum ersten Frost ins Freie gelegt werden.
Die Alternative ist, die Früchte mit zweiprozentigem Essigwasser zu entbittern. Dazu werden sie 48 Stunden in Essigwasser eingelegt und dann gründlich abgespült. Ihr ganzes Potenzial entfalten Wildfrüchte nach einer Verarbeitung. «Sanddorn und Cranberries machen sich wunderbar getrocknet im Müsli oder Joghurt», sagt Löser. Kornellkirschen sind besonders beliebt in der Edelobstbrennerei. Und Holunderblüten aromatisieren Sekt, Sirup oder Essig.
Aus fast allen Wildfrüchten lässt sich wahlweise Saft, Gelee oder Marmelade, aus manchen auch Chutney herstellen. «Das Problem dabei ist, dass viele Wildfrüchte nach und nach reif werden. Damit sind die verfügbaren Mengen manchmal so klein, dass sich der Aufwand einer Verarbeitung nicht lohnt», so Morgenstern. In solchen Fällen helfen Kulturäpfel, -birnen oder -quitten. Sie harmonieren mit Vogelbeeren, Berberitzen, Schlehen oder Mahonien und mildern den herben Geschmack. (Eva Neumann, dpa)
Wildobstbäume bestimmen lassen
Wer unsicher ist, ob die Beeren aus dem Garten essbar sind, sollte vorsichtshalber die Pflanze bestimmen lassen. «Der erste Ansprechpartner ist die nächstgelegene Gärtnerei oder Baumschule», rät Eva Morgenstern von der Gartenakademie Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße. «Zur Bestimmung sollte man ein Blatt mitbringen. Sehr praktisch sind auch digitale Fotos - eine Nahaufnahme und ein Foto vom ganzen Gehölz.» Auch einzelne Verbraucherzentralen, Gesundheitsämter und Gartenakademien bieten - teils kostenpflichtig - diesen Service an.