Alba, Barolo, Piemont Casa del Crin

Genussregion Piemont: Dies wird schon an der schieren Fülle von Restaurants mit Michelin-Stern rings um die Trüffelmetropole Alba deutlich. In der Trüffelsaison zwischen Oktober und Februar gibt es dann kein Halten mehr. So wie es in Amsterdam mancherorts in den Straßen nach Cannabis riecht, zieht durch die Gassen Albas der Duft von Trüffel. 

Barolo ist sicherlich eines der Schlüsselwörter. So ist denn auch ein Besuch im Weinmuseum im gleichnamigen Ort ein Erlebnis. Danach mit einem gut gefüllten Glas und einem Stück Käse auf einer Terrasse sitzen und in der Ferne die Meeralpen sehen, davor die hüglige Landschaft, auf deren jeweiligen Höhen sich noch so manch weiteres pittoreskes Örtchen findet. Beispielsweise La Morra, mit einem Dorfplatz, der einer Piazza gleicht und den Blick weit freigibt. Doch so schwierig es in ganz Italien ist, den Genussort zu benennen, so schwierig ist es, den schönsten Ausblick im Piemont zu finden. Einer jedoch gehört ganz sicher dazu.

Martin Hartweg steht auf der Terrasse seines Casa del Crin in Neive. Dort hat er ein altes Anwesen mit einigen Zimmern, die demnächst ausgebaut werden sollen. Unten im Haus lagert schon sein Wein und natürlich gibt es bereits einen gut eingerichteten Keller zur Verkostung. Chardonnay lagert dort  Barbaresco, Barbera und Nebbiolo. In speziellen 400-Liter-Keramikfässern. Aber auch in riesigen Eichenfässern. Daraus wird dann sein nur in Magnum Flaschen abgefüllter Wein mit einem Fragezeichen auf der Flasche (Chardonnay) sowie der 1+1 (Viognier und Chardonnay) und seine verschiedenen Weine mit dem Namen King Crin. Das bedeutet übrigens auf piemontesisch Schweinekönig.

Gerade wurde der Garten des Anwesens neugestaltet und man kann sich gut vorstellen, hier demnächst genauso zu sitzen wie in Barolo. Nur eben ganz privat. „Ich baue das hier alles nur für meine Freunde und mich“, erzählt der Bayer. Seit mehr als 30 Jahren lebt er im Piemont. Nach Deutschland zieht ihn nichts mehr. Warum auch mit solch einer Aussicht. Früher hatte er noch ein Delikatessen- und Weingeschäft in München. „Irgendwann war ich auf einer Messe in Mailand und nutzte die Chance, mir endlich mal das Piemont anzuschauen“, erzählt er. „Da kam eine junge Italienerin in die Bar, in der ich gerade saß, und um mich war es geschehen.“

Seitdem ist seine Heimat Italien. Zuvor hatte sich Hartweg schon reichlich in der Welt der edlen Rebe umgeschaut: Frankreich, Südafrika, Kalifornien, Spanien – überall hat er bei Weinbauern gelernt. So passte es natürlich bestens, dass seine Frau aus einer der alteingesessenen Weinbaufamilien des Piemont stammt. Genauso privat wie die Terrasse ist auch sein kleines, aber gut eingerichtetes Degustationsstübchen im Zentrum Neives. unten am Berg. Hier sitzt er gern mit Freunden, probiert Wein und die Köstlichkeiten der Region. Etwa die luftgetrockneten Filets von Primo Montaldo. Mit Trüffeln, Kräutern, Safran, Knoblauch, Peperoni, Barolo oder auch Barbaresco oder einfach nur mit Salz. Außer dem Filet bietet Primo Montaldo feinste Salami und einen in einem besonderen Rotwein-sud behandelten Schinken.

Dieses für die Region untypische Rezept verdankt er der Schlacht bei Marengo im Juni 1800, als Napoleon die Österreicher schlug. Denn der Hof des Fleischers, der seit gut 500 Jahren in Familienbesitz ist, liegt auf einer kleinen Anhöhe. „Das gesamte Gehöft wurde von Napoleon besetzt und diente ihm als Hauptquartier“, erzählt Montaldo. „Beim Abzug vergaß der Koch des Franzosen sein Kochbuch und so landete das Rezept mit dem Rotweinschinken in meiner Familie.“

Ob das genauso war, sei dahingestellt. Aber ein Marketingmann hätte die Geschichte nicht besser erdenken können. Dass es sich offensichtlich um frankophile Leckerbissen handelt, zeigt die Tatsache, dass auch Gerard Depardieu zu den Kunden des freundlichen Piemontesers gehört. Übrigens ist das Piemont ja in der Tat noch nicht so lange italienisch. Bis 1861 herrschten die Franzosen über die Region. Doch das nur nebenbei.

Nun war hier schon viel von Region die Rede. So wie ja auch in der deutschen Gastronomie seit Jahren etliche Köche auf regionale Produkte setzen. Dies will auch Hartweg tun. Mit Wein sowieso für Fleisch und Käse hat er Freunde, nun baut der neben seinem Wein auch Gemüse, Knoblauch, Erdbeeren, Kartoffeln, Zwiebeln, Melonen, Kirschen, Kürbis, Pfirsiche sowie Nüsse an. Und ständig ist er auf der Suche nach neuen Anbauflächen. Gerade hat er in Vezza auf 6000 Quadratmetern 2000 neue Weinstöcke Arneis gepflanzt. Unweit in einem Wald sollen bald Schweine ganz natürlich aufwachsen.

In Vezza übrigens liegt ziemlich unscheinbar gegenübereines Klosters das kleine Restaurant Di Vin Roero. Schnell läuft man achtlos vorbei. Doch was drinnen auf den Tellern landet ,ist beste piemontesische Kost, serviert auf einer Terrasse mit Ausblick. Nicht weniger zu empfehlen ist das Restaurant Wine Story in Castagnole und besonders zur Trüffelzeit das Il Cascinale Nuovo von Walter Ferretto in Isola D’asti. Eines der vielen erwähnten Restaurants mit Michelin-Stern. Dort kann man übrigens auch übernachten, was angesichts der Weinkarte und des guten Grappa sicherlich angebracht ist.

Doch noch einmal zurück zum Anfang. Natürlich gibt es viele Regionen in Italien, die man kulinarisch lieben kann. Aber das Piemont ist möglicherweise zu vergöttern.

Bin dann mal wieder unterwegs