Champagner & Co zum Fest

Von Heidemarie Pütz

Ob Weihnachten oder Silvester - ohne etwas Prickelndes im Glas geht es an den Festtagen kaum. Die Auswahl ist groß: Champagner, Cremant, Winzersekt, Cava, Franciacorta oder Prosecco. Die feinen Tropfen schmecken nicht nur als Aperitif vor dem Festessen oder zum Jahreswechsel, sie haben auch als Essensbegleiter Talent. Bei kniffligen Aromen der Speisen kann ihre Kohlensäure einen Kontrapunkt setzen.

Für Schaumwein werden einem Grundwein Zucker und Hefe zugesetzt. «Während der einsetzenden zweiten Gärung entsteht Kohlendioxid», erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. Das Gas ist für das typische «Plopp» beim Öffnen einer Flasche verantwortlich. Und für Millionen zerplatzter Bläschen, deren Aromen den sinnlichen Genuss ausmachen. Aus Kohlendioxid wird auf der Zunge Kohlensäure - sie kribbelt angenehm. Im Schnitt ließ sich 2011 jeder Deutsche 47 Gläser Prickelndes schmecken, so das Statistische Bundesamt.

Die wie an Perlenschnüren aufgereihten Gasblasen, die im Glas aufsteigen, sind für Kenner wie den Master-Sommelier Hendrik Thoma aus Hamburg ein untrügliches Qualitätsmerkmal: «Je feiner die Perlung ist, desto hochwertiger ist der Schaumwein». Experten sprechen vom Mousseux. Doch gibt es beim Spiel der Blasen Qualitätsunterschiede.

Für die meisten Kenner kommt kein anderer Schaumwein an die Finessen eines Champagners heran. Deutschland ist nach Großbritannien und den USA der drittwichtigste Exportmarkt für den Wein aus der Champagne, berichtet Christian Josephi vom Champagne Informationsbüro Deutschland in Stuttgart. Das meiste davon werde im letzten Quartal des Jahres verkauft, zu Weihnachten und Silvester.

Zu den französischen Edeltropfen gibt es für Thoma hervorragende Alternativen - seien es italienischer Franciacorta, bestimmte deutsche Winzersekte, spanischer Cava oder französischer Cremant. Gemeinsam ist ihnen wie beim Champagner die Flaschengärung. Nach dieser Methode werden die Grundweine zuerst im Fass oder Stahltank vergoren, dann vermischt, mit einem Zusatz von süßem Most und Hefe auf Flaschen abgefüllt und dort ein zweites Mal vergoren.

Je länger der Schaumwein auf der Hefe lagert, desto mehr verleihen ihm Enzyme, wenn sie die abgestorbenen Hefezellen zersetzen, seinen typisch hefigen und nussigen Geschmack. Dieser biochemische Vorgang heißt in der Fachsprache Autolyse. Und je länger er reift, desto besser ist auch das Kohlendioxid eingebunden. «Am ausdauerndsten wird die Autolyse beim Champagner praktiziert. Hier liegen die Flaschen mindestens 15 Monate auf der Hefe, große Champagner viele Jahre lang», erklärt die Weinexpertin Caro Maurer, Trägerin des Titels Master of Wine des gleichnamigen Instituts in London.

Die Lagerdauer auf der Hefe beträgt für Winzersekt, der mit der traditionellen Flaschengärung hergestellt wird, 9 Monate. Dies gilt auch für den spanischen Cava, der vorwiegend aus der Weinregion Penedès westlich von Barcelona kommt, und Cremants. So dürfen sich nur in der Flasche vergorene französische Schaumweine nennen, die nicht aus der Champagne kommen. Der Name Franciacorta ist Weinen vorbehalten, die in der gleichnamigen norditalienischen Weinbauregion in der Lombardei entstanden sind. Sie lagern mindestens 18 Monate auf der Hefe.

«Guter Franciacorta ist dem Champagner am ähnlichsten, nur dass für ihn neben Chardonnay und Pinot Noir auch andere Rebsorten wie Pinot Grigio und Pinot Bianco zugelassen sind», erläutert Maurer. Schaumweine sind selten rebsortenrein, sondern meist eine Cuvée aus mehreren Sorten. Bei Champagner sind es traditionell die blauen Burgundersorten Pinot Noir und Pinot Meunier sowie ein weißer Chardonnay. Deutsche Winzersekte setzen oft auf Riesling, inzwischen aber laut Ernst Büscher auch auf Burgundersorten. In Cremants und Cavas finden sich typische Sorten der jeweiligen Region.

Beim beliebten Party-Getränk Prosecco rümpfen Kenner meist die Nase. «Bei Prosecco sollte man auf die Herkunft achten. Und er sollte nur aus der Rebsorte Glera sein», empfiehlt Maurer. Der Name steht seit 2010 für eine festgelegte Anbauregion im Nordosten Italiens in der Provinz Treviso. Einige Schaumweine dieser Art, «Prosecco spumante», gären aufwendig in der Flasche, ansonsten jedoch im Tank. «Was bei Prosecco als 'frizzante' angeboten wird, ist sektsteuerfreier Perlwein. Die Kohlensäure wird zugesetzt», sagt Eckhard Hillmann vom Weinhandel Hawesko in Tornesch bei Hamburg.

Wer an Weihnachten Vegetarisches mag, der liegt für Maurer mit einem Prosecco richtig: «Der relativ neutrale Schaumwein ist wegen seiner geringen Säure sehr anpassungsfähig.» Bei rustikalen Speisen wie Gerichten mit Sauerkraut empfiehlt sie einen Cremant. Auch ein Cava sei ein guter Begleiter: «Er hat die Statur, sich mit kräftigeren Gerichten wie einem Kalbsbraten mit Sahnesoße oder einem Hühnchen zu messen». Ein Rieslingswinzersekt überzeuge wegen seiner frischen Fruchtnoten vor allem als Begleiter von schärferen Gerichten aus der asiatischen Küche.

Wer zum Fest vorweg einen frischen Champagner mit Austern serviert, setzt für die salzig schmeckenden Meeresfrüchte den richtigen Kontrapunkt. «Das Kohlendioxid hat eine reinigende und erfrischende Wirkung im Mund», erläutert Mauer. Der prickelnde Schluck dämpfe Salzigkeit sowie Bitternoten und lösche die Erinnerung wieder aus. Und schon kann es mit dem Festschmaus weitergehen. dpa