Chinas Weinkrieg

China hat das angedrohte Anti-Dumping-Verfahren gegen europäischen Wein eingeleitet. Das Vorgehen wird in der Europäischen Union als Vergeltung für die europäischen Strafzölle auf chinesische Solarmodule gewertet. Das Handelsministerium in Peking teilte am Montag mit, die Ermittlungen zu Wein-Importen aus der EU dürften voraussichtlich ein Jahr dauern, könnten aber «unter besonderen Umständen» auch bis Januar 2015 verlängert werden.

Die Ankündigung erfolgte trotz des anfänglichen Optimismus über die laufenden Verhandlungen zwischen China und der EU über die EU-Strafzölle auf Sonnenkollektoren. Der Sprecher von EU-Handelskommissar Karel De Gucht zeigte sich enttäuscht. «Die Kommission wird im Detail prüfen, ob der chinesische Fall vereinbar ist mit den Regeln der [Welthandelsorganisation] WTO», sagte er.

China wirft der EU vor, ihre Weinindustrie mit staatlicher Unterstützung zu fördern. Dabei wird auch auf Agrarsubventionen der EU für Weinbauern verwiesen. Durch die Hilfe könne europäischer Wein in China unter Preis angeboten werden, lautet die Argumentation. EU-Staaten exportierten laut EU-Kommission 2012 Wein im Wert von 763 Millionen Euro nach China. Der Großteil davon kam aus Frankreich.

Am Ende der chinesischen Ermittlungen drohen Strafzölle, wodurch die Europäer ihre Preisvorteile verlieren könnten. Der Einfuhrzoll liegt gegenwärtig bei etwa 47 Prozent. Die Aufschläge könnten auf 70 Prozent steigen, schätzen Experten. Wie chinesische Beobachter meinten, will China mit den Ermittlungen gegen Wein-Importe sowie ähnlichen Untersuchungen bei europäischen Stahlrohren und speziellen Chemieprodukten den Druck auf die Europäer erhöhen, um seine Verhandlungsposition in dem Handelsstreit zu stärken.

In den technisch schwierigen Gesprächen zur Lösung des Solar-Disputs geht es um höhere Preise und freiwillige chinesische Mengenbegrenzungen für Exporte, wie Diplomaten berichteten. Nur eine Stunde vor der Ankündigung des formellen Verfahrens hatte sich der europäische Botschafter in Peking, Markus Ederer, noch optimistisch gezeigt: «Ich sehe zwei Seiten, die eine Menge guten Willen haben, um eine friedliche Lösung zu erreichen.» Die EU wolle keine Auseinandersetzung nach der Methode «Wie du mir, so ich dir».

Der Auslandsverkauf von Produkten unter dem Produktionswert oder dem üblichen Preis im Herkunftsland gilt als Dumping. Dagegen kann die EU nach Regeln der WTO vorgehen, um die heimische Industrie vor unfairer Konkurrenz zu schützen. So wirft die EU chinesischen Herstellern von Solarmodulen vor, ihre Produkte unter Marktwert zu verkaufen. Das Dumping werde durch Unterstützung staatlicher und lokaler Stellen für die Solarindustrie ermöglicht.

Anfang Juni verhängte die EU-Kommission deswegen temporäre Strafzölle von durchschnittlich 11,8 Prozent auf Solarmodule und deren Komponenten. In Verhandlungen soll eine Lösung gefunden werden. Gelingt das nicht, wird der zusätzliche Zoll am 6. August auf die vollen 47,6 Prozent steigen. Wegen des hohen Marktwerts der Einfuhren von geschätzt 21 Milliarden Euro pro Jahr ist der Streitfall beispiellos. dpa