Nach einem jahrelangen Abwärtstrend bei der Stammmarke Warsteiner sind tiefe Einschnitte in der Brauereigruppe geplant. In der gesamten Gruppe werden bis zu 240 Arbeitsplätze abgebaut, teilte das Sauerländer Familienunternehmen am Donnerstag mit. Bezogen auf die insgesamt 1500 Vollzeitstellen ist das etwa jeder sechste Arbeitsplatz. Für einige Aktivitäten werden Partner gesucht. Der unternehmerische Fokus liege künftig wieder auf der Bier-Stammmarke Warsteiner. Das jetzt gestartete Zukunftskonzept sehe Investitionen von 250 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren vor.
Die deutsche Bierbranche steckt allgemein in der Krise. Die Brauereien setzten im vergangenen Jahr so wenig Bier ab wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Menge ging im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 93,5 Millionen Hektoliter zurück, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Anders als in den Vorjahren konnte diesmal auch der Export deutschen Gerstensaftes die Bilanz nicht aufhellen. Vor allem die Ausfuhren in Länder außerhalb der EU gaben mit einem Minus von 4,1 Prozent besonders stark nach. Die deutschen Brauereien setzen immer noch mehr als 82 Prozent ihres Bieres im Inland ab.
Warsteiner war in den 1990er Jahren zu Deutschlands größter Biermarke aufgestiegen. Die Brauerei im Sauerland wuchs dementsprechend zu einem riesigen Standort. Nach Einschätzung des Branchenmagazins "Inside" hatte die Marke Warsteiner 1994 mit fast 6,3 Millionen Hektolitern ihren Zenit erreicht. Seitdem sei es kontinuierlich abwärts gegangen auf nur noch 2,15 Millionen Hektoliter in 2017.
Die Warsteiner Brauerei teilte am Donnerstag mit, dass der Absatz 2017 um 4,7 Prozent unter dem des Vorjahres und damit unter den Erwartungen gelegen habe. Das alkoholfreie Segment habe dagegen mit einem Plus von 12,5 Prozent erneut ein zweistelliges Wachstum hingelegt. Regionalmarken wie Paderborner Gold, Isenbeck und Weissenburg entwickelten sich positiv.
Eine finanzielle Notlage gebe es nicht, sagte Warsteiner-Finanzchef Carsten Rockholtz dem "Handelsblatt". "Wir haben über 50 Prozent Eigenkapitalquote und eine sehr hohe Liquidität", erläuterte er. "Wir sind finanziert und können die Investitionen aus dem tätigen, was wir erwirtschaften werden und bereits an Reserven haben." Bei den geplanten Investitionen gehe es um die Modernisierung der Technik.
Deutsches Bier läuft nicht - kommen höhere Preise?
Von Christian Ebner
Deutsches Bier läuft nicht mehr so. Im vergangenen Jahr haben die deutschen Brauereien und Bierlager so wenig Bier abgesetzt wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Brauereien reagieren darauf mit immer neuen Produkten und möglicherweise auch mit Preiserhöhungen. Nach drei vergleichsweise stabilen Jahren sackte der Gesamtabsatz 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 93,5 Millionen Hektoliter ab, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag vorherige Branchenschätzungen bestätigte.
Anders als in den Vorjahren konnte dieses Mal auch der Export den sinkenden Bierdurst im Inland nicht ausgleichen. Stattdessen gaben die Ausfuhren in Länder außerhalb der EU und nach Übersee mit einem Minus von 4,1 Prozent besonders stark nach. Als Grund nennt der Brauerbund "eine gewisse Marktsättigung" in China, viele andere Märkte liefen deutlich besser. Langfristig hat die steigende Nachfrage im Ausland den deutschen Brauereien aber hübsche Zusatzgeschäfte beschert: Seit 1993 hat sich der Bierexport inklusive der EU deutlich mehr als verdoppelt (+135 Prozent), während der Inlandsabsatz in dieser Spanne um mehr als ein Viertel (-26,6 Prozent) zurückgegangen ist.
Als Gründe für das maue Bierjahr 2017 nennt der Brauerbund neben der allgemeinen demografischen Entwicklung - ältere Leute trinken weniger Bier - das schlechte Wetter im verregneten Sommer 2017. Im laufenden Jahr soll eine aus deutscher Sicht möglichst erfolgreiche Fußball-WM den Bierdurst der Fans steigern, hofft Brauer-Präsident Jörg Lehmann.
Nach Einschätzung der Veltins-Brauerei kann eine gute WM rund eine Million Hektoliter zusätzlichen Absatz bringen, ein gutes Prozent der gesamten Absatzmenge. "Wir wissen, dass die WM das große Bier-Ereignis in Deutschland ist", sagte Veltins-Chef Michael Huber.
Regelmäßige Marktstudien des Fachmagazins "Inside" zeigen die Probleme der großen, häufig mit TV-Spots beworbenen Bier-Marken. Unter den Top-10 konnten 2017 lediglich der Marktführer Krombacher, Veltins und die exportstarke Paulaner-Brauerei gegen den Markt wachsen, während Marken wie Warsteiner und Hasseröder teils dramatische Absatzrückgänge verzeichneten.
Wegen gestiegener Kosten werde es auch für die Brauriesen immer schwieriger, den Verkauf weiterhin mit Kampfpreisen von knapp zehn Euro pro Kasten anzufeuern. "Inside"-Chef Niklas Other sieht seit Jahresbeginn erhöhte Großhandelspreise auf breiter Front. Ob diese auch beim Kunden ankommen, liege einzig in der Macht des Einzelhandels. Er selbst rechne mit einer Preissteigerung von etwa einem Euro pro Kasten im Einzelhandel. In der Vergangenheit wurde der Kasten "TV-Bier" häufig als klassisches Lockvogel-Angebot in die bunten Prospekte der Lebensmittelketten gedruckt.
Viele Brauereien haben sich längst auf die Suche nach neuen Angeboten und Alternativen zur immer noch beherrschenden Sorte Pils gemacht. Kleine bayerische Brauereien glänzen bundesweit mit Weißbier und Hellem. Norddeutsche Brauereien wie Flensburger oder Störtebeker aus Stralsund profilieren sich mit Craft-Bieren, die man eigentlich aus viel kleineren Braustätten erwartet und für die auch deutlich höhere Endpreise gezahlt werden.
Ein weiterer Hoffnungsträger für die Brauer sind die alkoholfreien Sorten, die von der amtlichen Steuer-Statistik nicht erfasst werden, aber laut Brauerbund in den vergangenen Jahren stets zugelegt haben. Inzwischen gebe es mehr als 400 alkoholfreie Marken, die zusammen rund 6 Prozent des in Deutschland gebrauten Bieres ausmachen. dpa