Deutsche Weinkönigin Annika Strebel im Gespräch

Von Andrea Löbbecke

«Ich hatte schon Wangenmuskelkater vom Dauerlachen», sagt Annika Strebel, und man glaubt ihr das sofort. Die 24-jährige Deutsche Weinkönigin ist eine fröhliche Hoheit, die nicht nur für die Kameras lächelt. Ihre Amtszeit ist etwa zur Hälfte 'rum - und vollgestopft mit Terminen, Eindrücken und Abenteuern. Erst im April ging es für zehn Tage nach Singapur. Vor Laien oder auch einem Dutzend Sommeliers redete sie dort über deutschen Wein - alles auf Englisch.

Zu ihren schönsten Touren zählt die Königin die Besuche in den deutschen Weinbaugebieten - rund die Hälfte der 13 Regionen hat sie bereits erkundet. Beim «Ball des Weins» im Wiesbadener Kurhaus stand sie auf der Bühne und führte die Gäste durch den Abend. Vorher drei Tage Panik und dann hat alles toll geklappt, fasst Annika den Sprung ins kalte Moderatoren-Wasser zusammen. «Wein muss Spaß machen», ist ihr Motto. «Er darf nicht steif und kompliziert 'rüberkommen.»

Dass Weinköniginnen nur gut aussehen und im Dirndl einen guten Tropfen präsentieren - diese Vorurteile sind nach der Überzeugung von Annika so gut wie ausgestorben. «Wir sind kompetente Fachfrauen. Wer sich damit beschäftigt, weiß, was wir leisten», sagt sie. Einen «Weinkönig» kann sie sich nicht vorstellen.

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Wie schafft sie es nur, bei offiziellen Anlässen nie beschwipst zu sein? «Immer nur kleine Schlückchen nehmen und oft was im Glas lassen», lautet der Ratschlag der Fachfrau. Eine betrunkene Weinkönigin? «Undenkbar.» Damit könne es die Hoheit höchstens in die Boulevardpresse schaffen.

Kommt es denn vor, dass - männliche - Würdenträger der Weinkönigin etwas zu nahe rücken? Annika lacht. Ja, selten, aber es kann passieren, dass etwa bei offiziellen Fotos eine Hand wie aus Versehen an die «falsche Stelle» rutscht. «Aber wir sind selbstbewusste Frauen.» Sie weise die Herren dezent und charmant, aber unmissverständlich in die Schranken.

Am Anfang ihrer Amtszeit habe sie sehr unter Druck gestanden, bekennt die 24-Jährige. «Ich habe meine Vorgängerinnen gesehen, wie gut sie waren.» Inzwischen hat sie ihren Stil gefunden - neugierig, natürlich und ein bisschen frech. Bei ihrer Wahl im September 2011 kam das beim Publikum an: Als sie auf der Bühne pantomimisch den Begriff «Sexuallockstoff» darstellen sollte und eine eindeutige Geste wählte, tobte der Saal.

Das heimische Weingut im 330-Seelen-Dorf Wintersheim in Rheinhessen ist 17 Hektar groß, drei Generationen bewirtschaften den Hof gemeinsam. Zu den Reben kommen noch 60 Hektar Zuckerrüben und Gerste, ein großer Nutzgarten und ein Stall voller Hühner. Mit der ländlichen Idylle habe sie - auch als Teenager- nie Probleme gehabt, erzählt Annika. «Ich hatte meine Freundinnen hier. Und mit 16 einen Motorroller.» Sie könne sich nicht vorstellen, in der Stadt zu wohnen.

Nach einer Lehre zur Winzerin hat Annika das Abitur nachgeholt. Sie ist derzeit an der Fachhochschule in Geisenheim im Rheingau im Fach Weinbau und Oenologie eingeschrieben. Das Studium ruht bis zum Herbst, denn Weinkönigin ist ein Vollzeitjob. Demnächst stehen Reisen nach Warschau, Peking, Venezuela, New York und Amsterdam an. «Unglaublich, was man da alles erlebt», sagt die sportliche Frau mit den langen blonden Haaren.

Für den späteren Beruf ist der königliche Titel ein Sprungbrett. «Man zehrt sehr von diesem Jahr, kann sich viele Kontakte aufbauen», sagt die ehemalige Weinkönigin Evelyn Schmidt aus dem Anbaugebiet Sachsen. Sie werde fünf Jahre nach ihrer Amtszeit immer noch darauf angesprochen. Evelyn arbeitet inzwischen an der Weinbauschule im württembergischen Weinsberg im Fachgebiet Marketing und Tourismus.

Nach dem gekrönten Jahr und vor dem Einstieg ins heimische Weingut will Annika gern noch ein Praxissemester im Ausland absolvieren - vielleicht im französischen Burgund - und sich in einem anderen deutschen Betrieb Sporen verdienen. Für ihren eigenen Hof hat sie auch schon Pläne. «Da drüben, das kann man zu Gästezimmern ausbauen», sagt sie und zeigt über den großen Hof. Dass sie nach der Amtszeit in ein «schwarzes Loch» fällt, davor hat die 24-Jährige keine Angst. dpa

Das moderne Bild der Königin und ihrer Prinzessinnen in der Öffentlichkeit: Ramona Sturm (li), Annika Strebel (m) und Elisabeth Born (re, Fotos: DWI)