Die Machenschaften der Mosel-Mafiosi Riesling-Paten im Mafia-Look

Von Birgit Reichert

Die Männer in den schwarzen Hemden haben sich im kalten Weinkeller zusammengerottet. Ihre Blicke sind finster. Kein Lächeln zuckt über ihre Lippen, als sie an einem Holztisch zwischen gefüllten Weingläsern und qualmenden Zigarren ihre neuesten Projekte aushecken. Ganz klar, diese Winzer sind anders. Sie machen aus Spaß auf Gangster - gehören sie doch zu einem "Riesling-Kartell", das die Mosel mit "verboten guten Weinen" aufmischen will. "Wir wollten mal was Unkonventionelles machen, was bisschen moderner daher kommt und das angestaubte Image der Mosel aufpoliert", sagt Markus Busch in Pünderich (Kreis Cochem-Zell).

Die sechs Winzer vom "Kartell" sind auf gutem Weg: Für ihren Gemeinschafts-Coup ("Kartell-Cuvée") belegten sie im März beim Wettbewerb des Deutschen Weininstituts (DWI) um "Germany's Coolest Wines" ("Deutschlands coolste Weine") den ersten Platz. Das hat sie beflügelt, ihre Machenschaften weiter zu treiben. Neben dem gemeinsamen Wein, der auch 2019 ein paar tausend Flaschen füllen soll, gibt es nun auch ein Kartell-Bier. "Das ist mehr so ein Gag, weil Winzer auch gerne mal Bier trinken", sagt Busch. Aber die ersten 500 Flaschen sind schon weg.

Die Machenschaften der Mosel-Mafiosi | Wein-Paten im Mafia-Look, Foto © Winzervereinigung Riesling-Kartell

Weitere Ideen sind ein Sekt oder ein Rotwein vom "Kartell". "Es gibt noch einiges an Potenzial, wir wissen noch nicht genau, wo es hingeht. Es wird aber auf jeden Fall noch was passieren", sagt Winzer Matthias Lay. Neben der Cuvée habe jeder der Sechs noch eine eigene Edition, die das Angebot dann von trocken bis süß vervollständige. Nachfrage gebe es bundesweit und zunehmend auch aus dem Ausland, berichtet Tobias Dahm. Bestellungen seien schon aus Dänemark gekommen, mit Japan liefen erste Gespräche.

Auch wenn die "Kartell"-Winzer à la Sträflinge auf Freigang mit ihrer Idee einmalig sind: In Deutschland gibt es im Weinbau eine Reihe von Zusammenschlüssen, mit dem Ziel, Weine über originelle Ideen zu vermarkten. Ob "Moseljünger", "Nahe Sieben", "Junges Schwaben", "Frank & Frei" oder "Gipfelstürmer Mittelrhein". "Es geht darum, sich abzugrenzen", sagt der Sprecher des DWI, Ernst Büscher, in Bodenheim bei Mainz. Jedes Jahr kämen bundesweit rund 131 000 verschiedene Qualitäts- und Prädikatsweine auf den Markt. "Da gilt es, hervorzustechen aus der Masse."

Die Machenschaften der Mosel-Mafiosi | Wein-Paten im Mafia-Look, Foto © Winzervereinigung Riesling-Kartell

Auch über die Aufmachung der Flasche: Rund 80 Prozent der Weine in Deutschland würden über den Lebensmitteleinzelhandel und Discount vertrieben: "Da ist es wichtig, mit seinem Etikett aufzufallen, weil die Kaufentscheidung oft innerhalb weniger Sekunden getroffen wird", sagt Büscher. Beim Pündericher "Kartell" haben sich die Winzer jeder einzeln vor einem Garagentor wie Sträflinge mit Namensschild für das Etikett abgelichtet. "Das mit den bösen Blicken war gar nicht so einfach", erinnert sich Winzer Dominik Busch.

Ein Hingucker-Etikett alleine reiche aber nicht, sagt DWI-Sprecher Büscher weiter. Eine gute Geschichte dahinter sei gut und: "Natürlich muss die Weinqualität stimmen." Den Wettbewerb um die coolsten Weine Deutschlands, den es 2018 zum ersten Mal gab, werde es vielleicht "mit einem gewissen zeitlichen Abstand" noch mal geben. Jedes Jahr mache das keinen Sinn. 2019 werde das DWI einen internationalen Sektpreis verleihen - um Deutschlands 20 beste Winzersekte zu küren.

Das Sextett aus Pünderich, das das "Kartell" 2015 geschmiedet hat, setzt auf Wiederholungstäter: "Wir freuen uns am meisten, wenn Kunden rückfällig werden und nachbestellen. "Das Label ist ein Türöffner. Aber letzten Endes muss der Wein überzeugen", sagt Busch. Möglicherweise sei der Wein vom "Kartell" im Herbst 2019 auch beim Krimifestival "Tatort Eifel" dabei: "Wir haben eine Anfrage", sagt Dahm.

Die Winzer der Gruppe sind 25 bis 41 Jahre alt und bewirtschaften insgesamt rund 35 Hektar in und um den Mittelmosel-Ort Pünderich. Ob sie auch im wahren Leben so cool sind, wenn sie ihre Sonnenbrillen und Hüte abgelegt haben? "Eigentlich sind wir ziemlich normal, aber im Herzen natürlich ganz cool", meint Lay. Kriminell auffällig seien sie aber in echt natürlich noch nicht geworden. "Natürlich sind wir alle ganz brav", sagt Busch. Ihnen eile aber mittlerweile ein gewisser Ruf voraus, erzählt Dahm: "Sobald wir hier im Dorf zusammen auftreten, heißt es: Wo gehen die hin, was ist da im Gange?" dpa
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