Du kommst hier nicht rein

Von Britta Schultejans

Wer in Münchens Nobelschuppen P1 feiern will, der sollte ein paar Weisheiten beachten. «Heiße Hasen dürfen immer rein.» Und: «Zwei Scheißtypen ohne Girl - das geht gar nicht.» Außerdem: «Es brennt höllisch, wenn man Schampus in die Augen kriegt, außerdem stinkt man später wie ein vollgekotzter alter Teppich.»

Das schreibt zumindest der langjährige P1-Türsteher Klaus Gunschmann in seinem Buch «Du kommst hier nicht rein», das an diesem Freitag (8. Juni) erscheint. Mehr als 20 Jahre lang arbeitete er als Türsteher und Geschäftsführer in Münchens wohl bekanntestem und teuerstem Club. Was er dort erlebt hat, hat er jetzt aufgeschrieben - oder zumindest die Highlights.

Und da nennt er natürlich zuerst die Prominenz. Ausgerechnet seinem Helden Clint Eastwood habe er es zu verdanken, dass er überhaupt einen Fuß in die Tür bekam. Es war März 1983 und Gunschmann stand frustriert vor dem Club, in den er einfach nicht rein kam. Dann kamen Eastwood und seine Entourage, Gunschmann hängte sich geistesgegenwärtig an sie ran, kam hinein und blieb - zuerst als Stammgast, dann als Türsteher, schließlich als einer der Geschäftsführer. Vor drei Jahren stieg er aus.

Und das ist nicht die einzige Erinnerung an die Reichen und Schönen, die er bereitwillig teilt. Er schreibt von Tom Cruise, der sich auf der Premierenparty zum Deutschland-Start seines Films «Minority Report» zehn Minuten mit Klofrau Sofie unterhielt. «Wir fragen uns heute noch, worüber die beiden wohl geredet haben, da Sofie kein einziges Wort Englisch konnte.» Von einer handfesten Auseinandersetzung, in die die Toten Hosen und die Münchner Freiheit verwickelt waren, erzählt er - und von einer wodkaseligen Versöhnung der beiden Bands.

Rolling Stone Mick Jagger habe den Club zu seinem Jagdrevier erklärt, Oskar Lafontaine, Jon Bon Jovi, Leonardo DiCaprio und Tatjana Patitz feierten an einem denkwürdigen Abend zusammen, und Puff Daddy und Jennifer Lopez vergaßen im Rausch der Nacht glatt, die rund 10 000 D-Mark für den Champagner zu bezahlen und überwiesen das Geld nach Angaben Gunschmanns erst Wochen später. Ihnen ging es in jedem Fall besser als den Scorpions. Sie kamen gar nicht erst durch die damals «härteste Tür Deutschlands». «Wir sind aber die Scorpions», hätten sie gesagt. Die Antwort folgte auf dem Fuße: «Eben drum.»

Auch wenn die Musik heute vielleicht eher woanders spielt, die Promis sich inzwischen eher in Berlin die Nächte um die Ohren schlagen und der Hauptstadt-Club Berghain dem P1 den Rang als «härteste Tür» längst abgelaufen hat: Die Partys im Nobelclub müssen einst legendär gewesen sein.

Nach durchzechter Nacht der Gäste standen Gunschmann und seine Kollegen am Morgen, wenn das Licht anging, immer wieder «knöcheltief» in Zigarettenasche, Wodka, Glassplittern und zerrissenen Slips. Einmal, so erinnert sich der Ex-Türsteher, sei auch ein Gebiss unter den Überbleibseln gewesen - «natürlich mit goldenen Schneidezähnen». Heute feiert CSU-Chef Horst Seehofer im P1 seine Facebook-Party.

Gunschmann reiht Anekdote um Anekdote aneinander, von denen die ein oder andere sicher ganz interessant ist - ein literarisches Meisterwerk ist es aber ganz bestimmt nicht, das er da abgeliefert hat. Der fragwürdige Höhepunkt in Softporno-Ästhetik ist eine Erinnerung an einen gemeinsamen Saunaaufenthalt mit der Freundin eines Kollegen.

Ab und an - sehr selten - lässt Gunschmann auch so etwas wie Ängste durchblicken und erzählt davon, wie er nervös vor dem Spiegel das Nein-Sagen übt. Diese Episoden verschwinden aber hinter Sätzen wie diesem: «Sie hassten uns. Die meisten Leute hielten uns für unterkühlte Wichtigtuer, für machtgierige Kotzbrocken, denen es Spaß bereitete, mit dem Gestus von brachialer Autorität über den Fortgang der Nacht zu richten. Naja, es hatte schon etwas.»

Über die vielleicht berühmteste P1-Geschichte schweigt der Autor sich übrigens weitgehend aus. Es sei eine Geschichte, die jeder kennt: «Deutschlands berühmtester Kicker lernte die süße Barfrau im P1 kennen und fing mit ihr ein Techtelmechtel an - die Lovestory ging wie ein Lauffeuer um den Erdball», schreibt er. «Und weil eben alle diese Story kennen: kein Wort mehr darüber.» dpa

Klaus Gunschmann: «Du kommst hier nicht rein! - Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus», Heyne, 240 Seiten. Gunschmann will sein Buch am 20. Juni im P1 präsentieren.