Von Andrea Löbbecke
Es gibt eine Anekdote unter Winzern, wonach sich der Absatz des Grauburgunders verdoppelt, wenn er auf den Preislisten in «Pinot Grigio» umbenannt wird. Das ist sein italienischer Name, in Frankreich stehen die Flaschen unter «Pinot Gris» im Regal, hierzulande ist die Rebsorte auch als Ruländer bekannt. Prominentes Oberhaupt der edlen Burgunderfamilie ist zwar nach wie vor der rote Spätburgunder. Aber seine weißen Geschwister Grau- und Weißburgunder holen auf. Wenn es nach dem Deutschen Weininstitut in Mainz geht, dann sollen sie stärker als typische deutsche Weißweinsorte - neben dem Riesling - auf dem internationalen Markt etabliert werden.
Bereits mit dem weltweiten Pinot-Grigio-Hype Anfang der 1990er- Jahre hatte der Grauburgunder auch hierzulande mehr Freunde gewonnen, schließlich ist Deutschland weltweit der zweitgrößte Erzeuger. Geschmacklich unterscheidet sich der Wein deutlich vom Riesling, vor allem wegen seiner niedrigeren Säurewerte.
Ein Blick auf die Anbaustatistiken zeigt: Wuchs Grauburgunder 1991 noch auf 2500 Hektar, so waren es 2011 bundesweit bereits rund 4900 Hektar. Allerdings bedeutet dies ein Plus auf insgesamt niedrigem Niveau, standen doch 2011 nur auf knapp fünf Prozent der deutschen Weinbaufläche Grauburgunder-Reben. Zu groß ist nach wie vor die Übermacht der deutschen Klassiker Riesling, Müller-Thurgau und Spätburgunder.
Der Grauburgunder sei eine eher schwierige Rebsorte, die sehr vorsichtig behandelt werden will, sagt Winzer Konrad Salwey aus dem badischen Oberrotweil am Kaiserstuhl. Wenn es gelingt, den feinen Duft zu bewahren, dann kämen die Noten Honigmelone, Datteln und Feige zum Vorschein. «Sie dürfen nicht zu fett und zu füllig wirken.»
Grauburgunder ist vermutlich durch eine Mutation des Spätburgunders entstanden, laut Fachliteratur wurde er erstmals im 14. Jahrhundert kultiviert. Der Überlieferung nach machte der Speyerer Kaufmann Johann Ruland die Sorte in Deutschland bekannt, indem er die Reben in seinem Garten anbaute und vermehrte. Heute wachsen die Rebstöcke mit den rötlichen, kompakten Trauben unter anderem in Frankreich, Italien, Österreich und Osteuropa.
Sommelière Natalie Lumpp aus Baden-Baden sieht Grauburgunder teils kritisch. Auf dem deutschen Markt seien viele plumpe, rustikale Weine mit wenig Finesse, sagt sie. «Auch international wird einem viel Plörre angeboten.» Beim Erfolg des Pinot Grigio sei eine Menge Werbung im Spiel. Aber: «Es gibt gute Grauburgunder in Deutschland, nur die muss man schon suchen.» Wenn allerdings ein Winzer ein Händchen für die Sorte habe, dann hätte der Wein viel zu bieten. «Er passt gut zum Herbst und Winter, als Essensbegleiter etwa für Geflügel oder Pilzgerichte», erklärt die Weinexpertin.
Von einer ganz besonderen Eigenschaft habe ihm sein Vater berichtet, sagt Salwey. «Grauburgunder wirkt anregend. Er macht manchmal etwas leidenschaftlich.» Aber da wolle er nicht ins Detail gehen. Nur einen Rat hat der junge Winzer noch in petto: «Menschen mit Herzproblemen sollten den Grauburgunder nicht als Lieblingswein wählen.» dpa