Für viele Berliner Obdachlose und Bedürftige ist es das Fest des Jahres: Frank Zanders traditionelle Weihnachtsfeier mit Showprogramm und Gänsebraten im Hotel Estrel. Für die kostenlosen Einlassbändchen stehen die Gäste in sozialen Einrichtungen stundenlang geduldig Schlange.
Das Fest am 19. Dezember hat Kult-Status für Menschen, für die eine Show und ein Gänseessen im Vier-Sterne-Hotel sonst unerreichbarer Luxus sind. Der Clou des Konzepts aber sind Prominente aus Politik, Kultur oder Sport, die das Festmahl servieren. Es ist eine Form von Respekt, die sozial schwache Menschen in ihrem Alltag oft vermissen. Genau das wollte Sänger und Entertainer Frank Zander (74) ändern, als er 1995 das erste Fest für Männer und Frauen von der Straße ausrichtete. Inzwischen ist es ein Massenereignis.
Dieses Jahr kommen 3000 Gäste, kündigten die Organisatoren an. Mehr passen nicht in den größten Festsaal des gläsernen Hotels, das aussieht, als sei ein scharfkantiges Ufo in Berlins Problemkiez am unteren Ende der Sonnenallee gelandet. Doch die Umgebung sollte nicht täuschen. Im Hotel wurden auch schon "Bambis" verliehen.
Seit langem unterstützen das Diakonische Werk, die Caritas und zahlreiche Sponsoren Zander bei der Organisation. Es ist mit den Jahren eine eingeschweißte Gemeinschaft geworden. Kaum ein Jahr vergeht dabei zum Beispiel ohne Boxlegende Axel Schulz als Kellner. Senatoren oder Bürgermeister servieren - auch schon mal der Regierende Bürgermeister Michael Müller.
Es gehört noch viel mehr dazu: Die Friseurinnung stylt die Gäste von der Straße, Tierärzte untersuchen ihre Hunde. Firmen schicken säckeweise warme Unterwäsche, Socken oder Schlafsäcke vorbei. Es ist immer eine sehr praktische Bescherung.
Promis wie Gregor Gysi, Wolfgang Lippert, Boxtrainer Ulli Wegner, Nino de Angelo, Wolfgang Bahro, die Sänger Marianne Rosenberg und Lou Bega sowie Schauspieler Sven Martinek und viele Helfer sehen ein Berlin, das sonst oft unsichtbar bleibt. Menschen, die unter der Brücke schlafen und selbst bei Minusgraden nur ungern in den Notunterkünften der Hauptstadt andocken. Zu den Obdachlosen aus Deutschland und Osteuropa kommen heute Arbeitsmigranten und Menschen ohne Papiere. Es kommen sogar Familien mit Kindern, bei denen es an allen Enden nicht reicht und die sonst bei der Berliner Tafel für Essen anstehen. Doch einmal im Jahr sind fast alle Probleme bei Zanders Show, Gänsebraten und Rotkohl vergessen.
Das Beispiel hat Schule gemacht. Zwischen den Jahren machen die Köche der Berliner Stadtmission frei. Das warme Essen für die Gäste der Notübernachtungen kommt in dieser Zeit aus acht Berliner Luxushotels. dpa