Im Weinlabor

Von Christiane Gläser

Ein Dutzend volle Rot- und Weißweinflaschen stehen auf dem Tisch im Probenvorbereitungsraum. Chemielaborantin Caecilie Majewski lässt den Traubensaft vorsichtig über eine Papierfiltertüte in eine kleine Plastikflasche laufen. Anschließend schüttelt sie die halbvolle Flasche schwungvoll - wie ein Barkeeper seinen Cocktailmixer. Mehrere Minuten lang. «Damit wird das Kohlendioxid aus dem Wein geschüttelt», erklärt die Mitarbeiterin des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Würzburg.

Das ist wichtig, um die chemische Zusammensetzung des Weines exakt überprüfen zu können. Majewski gehört zu einem sechsköpfigen Team, das alle Prädikatsweine aus Bayern auf Herz und Nieren prüft. Es sind die härtesten Tests in Deutschland. Nirgendwo sonst ist für die Analyse noch eine staatliche Behörde zuständig. Normalerweise übernehmen das freie Labors.

«Wir haben hier technische Finessen im Labor, die nicht jedes Bundesland hat», begründet Lebensmittelchemiker Steffen Seifert. Der Freistaat erlaubt sich diesen Luxus und auch die Winzer wollen es nicht anders. «Es ist eine unabhängige Prüfstelle, die den Verbrauchern eine höhere Sicherheit bringt», sagt Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes. Die Kosten für die Tests tragen nicht die Steuerzahler, sondern der Winzer selbst. Dabei ist das LGL teurer als freie Labors. «Die Kosten sind jedoch im Promille-Bereich. Das merkt der Verbraucher kaum», sagt der Winzer Rainer Müller aus Volkach. Das Weingut Max Müller I verkauft 15 verschiedene Prädikatsweine.

Innerhalb von zwei Tagen wird der Wein in der Behörde in Würzburg geschüttelt, gemessen, kontrolliert, umgefüllt und verkostet. Maximal 70 Proben am Tag, wie Sachbearbeiter Steffen Seifert sagt. Im Jahresdurchschnitt sind es 5400 Weine, die das Landesamt überprüfen muss. «In diesem und im vergangenen Jahr waren es wegen der schlechteren Ernte jedoch weniger. Wir hatten aber auch schon 9000 Weine von einem Jahrgang im Labor.»

Mit klassischer Handarbeit wäre das kaum zu schaffen. Doch in den Labors erledigt die Technik die meiste Arbeit. Fast alle Prozesse laufen vollautomatisch. Majewski und ihre Kollegen stellen die kleinen Behälter mit dem vergärten Saft in die Halterungen der großen Probenteller und wählen im Computer ein Programm aus. Mit einem Tastendruck beginnt ein großer grauer Kasten seine Arbeit. Dieses sogenannte Fourier-Transform-Infrarot-Gerät misst innerhalb von nur eineinhalb Minuten mehrere Parameter.

Nun stehen Alkoholgehalt, relative Dichte, Weinsäure, Schwefelsäure und der Zuckergehalt fest. Alle Ergebnisse werden auf einem zweiten Weg noch einmal validiert, teilweise sogar auf einem dritten. «Wir erstellen hier einen Fingerabdruck für jeden Wein», so Seifert.

Doch diese Laboranalysen allein reichen nicht für eine Qualitätskontrolle. «Sie sagen noch nicht einmal aus, ob es überhaupt ein Wein ist», sagt Seifert. Für Winzer Müller ist die sensorische Prüfung noch wichtiger als die analytische. «Die Prädikatsstufe muss vor allem beim Geschmack eingehalten werden.» Die Weinkontrolleure des LGL können nach nur einem Blick, einem Atemzug, einem Schluck sicher sagen, ob der Wein in Ordnung ist.

Einer der Kontrolleure ist Ralf Schwarz. Er füllt den Wein aus dem Plastikfläschchen in ein Weinglas und beginnt routiniert seine Arbeit. Er prüft die Farbe des Weins, schwenkt, riecht das Aroma des Getränks und verkostet es. «Manchmal riecht der Wein nach faulen Eiern, Essig oder nach Lösungsmitteln. Dann muss die Probe noch einmal in die Prüfung», sagt Schwarz. Aber das sei sehr selten. Durchschnittlich werden vom LGL etwa 5 Prozent der Weine chemisch beanstandet. Meist sei der Wein trotzdem in Ordnung, aber es wurde beispielsweise ein falsches Mostgewicht angegeben.

Nach den LGL-Tests wird der Wein auch von der Amtlichen Weinprüfstelle Unterfranken getestet. Wenn auch hier nichts beanstandet wird, erhält der Prädikatswein seine Amtliche Prüfnummer. 2011 bekamen fast 4000 bayerische Prädikatsweine der Regierung von Unterfranken zufolge die begehrte Nummer.

Trotz der harten Tests ist den wenigsten Weinbauern vor den Prüfungen richtig bange. «Wenn man ein guter Winzer ist und handwerklich gut arbeitet, sind die Tests reine Routine. Da muss man keine Angst haben, dass ein Wein die Hürde nicht schafft», sagt Winzer Müller. dpa

Die Wein-Güteklassen

Für Weine gibt es dem deutschen Weingesetz zufolge unterschiedliche Qualitätsstufen, sogenannte Güteklassen:

- Deutscher Wein ist ein einfacher Wein. Früher wurde er als Tafelwein bezeichnet. In Bayern gibt es kaum deutschen Wein. Die Qualitätsanforderungen an diesen Wein sind geringer.

- Landwein gilt als besserer deutscher Wein - allerdings mit typischem Gebietscharakter. Dafür dürfen ausschließlich Trauben aus einer Region gepresst werden. Rebsorten und Jahrgang sind auf dem Etikett angeben.

- Qualitätswein stammt dagegen aus einem bestimmten deutschen Anbaugebiet, zum Beispiel der Lage «Am Stein», und den dort zugelassenen Rebsorten. Er wird einer amtlichen Qualitätsweinprüfung unterzogen. Die Prüfnummer steht auf dem Etikett.

- Prädikatswein wird nur aus einer einzigen Rebsorte einer bestimmten Anbaugebietes gewonnen. Er darf nicht angereichert werden.

- Beim Prädikatswein gibt es ebenfalls Qualitätsstufen: Kabinett bezeichnet die erste Stufe mit dem niedrigsten Mostgewicht, also dem geringsten Zuckergehalt. Es folgt die Spätlese mit einem höheren Mostgewicht. Das Prädikat Auslese ist für Spitzenweine reserviert. Sie sind für eine lange Lagerung geeignet. Dazu zählen Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein.