Jede zweite Biomöhre ist importiert

Von Wenke Böhm

Die Nachfrage nach Biolebensmitteln steigt nach Angaben von Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) in Baden-Württemberg und bundesweit so stark, dass die deutschen Landwirte nicht nachkommen. «Jede zweite Biomöhre, jeder zweite Bioapfel und sogar 80 Prozent der Biotomaten müssen importiert werden», sagte er in Stuttgart bei der Vorstellung des Ökoberichts 2011.

Im Südwesten gab es im vergangenen Jahr rund 113 000 Hektar oder 7,9 Prozent ökologische Anbaufläche. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs die Fläche zwar um 4,8 Prozent, damit aber weniger als die Nachfrage, die um 5,4 Prozent zulegte.

Rund zwei Drittel der Baden-Württemberger kaufen regelmäßig Biolebensmittel. Vier Fünftel gaben laut Ministerium an, gern mehr ökologische Produkte aus der Region kaufen zu wollen. Der Hang zu einheimischer Ware hat gute Gründe, wie Bonde darlegte: Sie stellt ausländische Produkte häufig in den Schatten. Dem Zehn-Jahres-Bericht zufolge enthielten zwei Prozent der Obst- und Gemüseproben deutscher Erzeuger Rückstände von unzulässigen Pflanzenschutzmitteln.

Bei der Importware seien die Beanstandungen im Schnitt rund dreimal so hoch gewesen. Negativrekorde gab es demnach bei Produkten aus Italien (9,2 Prozent), Ägypten (9,1 Prozent) und Griechenland (8,9 Prozent).

«Durch bessere Förderung in der neuen Förderperiode sollten wir versuchen, so viel wie möglich an ökologischen Produkten im Land zu erzeugen», sagte Landesgeschäftsführer Berthold Frieß vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) laut Mitteilung. Das nutze nicht nur Natur und Umwelt im Land, sondern auch der Gesundheit der Bevölkerung. Der Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg forderte, das Ministerium soll auf mehr Biolebensmittel in Schulen, Kantinen und Mensen hinwirken. «Ein Biogericht pro Tag zur Auswahl muss das Ziel auf jeder Speisekarte sein», sagte Nabu-Landwirtschaftsexperte Matthias Strobl.

Für den bundesweit einzigen Landes-Ökobericht werden Bio-Produkte seit zehn Jahren regelmäßig auf Inhaltsstoffe, Rückstände und Verunreinigungen untersucht. So wird überprüft, ob die Vorgaben der europäischen Öko-Verordnung erfüllt sind. Bondes Fazit: «95 Prozent und damit der Großteil der Stichproben im Handel führen das Bio-Siegel zu Recht.»

Der Gehalt an Pestiziden sei bei Biowaren im Schnitt 180-fach niedriger als bei konventionellen Produkten. Die Öko-Branche arbeite in der Summe sehr gut und reagiere schnell auf die wenigen Missstände. 8000 Biowaren wurden in zehn Jahren untersucht und mit konventionellen Produkten verglichen. Nicht untersucht wird laut Bonde die Nachhaltigkeit bei Transport oder Verpackung der Produkte.

Der Minister lobte die schwarz-gelbe Vorgängerregierung dafür, dass sie den Bericht 2002 ins Leben gerufen hatte: Er sei wichtig für die Vertrauensbildung.

2011 habe es keine größeren Auffälligkeiten bei einzelnen Lebensmittelgruppen gegeben, machte er deutlich. Von 72 auf Dioxin untersuchten Hühnereiern lagen alle unterhalb der zulässigen Höchstwerte. Zudem sei die Ursache für Rückstände in Öko-Weinen entdeckt worden. Sie stammten aus Filtern, durch die zuvor konventioneller Rotwein geflossen war. «Eine handelsübliche Reinigung des Filters verhindert die Verunreinigung», machte Bonde klar. dpa