Jörg Zipprick kommt in Teufels Küche

Enzyme, mit denen sich Fleischstücke aneinander kleben lassen, Kaviarersatz, der sonst nur als Hundefutter dient: Der Restaurantkritiker Jörg Zipprick beleuchtet in seinem Buch die ganz und gar unappetitliche Seite der internationalen Gourmetküchen. Wer nach der Lektüre von «In Teufels Küche» noch Hunger hat, muss einen robusten Magen haben.

«Meine Liebe zur gehobenen Gastronomie sollte in Kübeln von Lebensmittelzusatzstoffen ertrinken», schreibt Zipprick. 20 Jahre lang hat der Restauranttester Spitzenköchen über die Schulter geschaut, seine Reisen führten ihn durch Europa, Asien, Afrika und Amerika. Inzwischen aber sagt er: «Ich teste keine Restaurants mehr. Die großen Köche haben mich - und andere - angelogen.» Große Gastronomen versprächen beste Zutaten und kauften stattdessen drittklassige Ware und tricksten damit ihre Gäste aus.

Jörg Zipprick rechnet ab mit dieser Elite und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Rotzunge werde als Seezunge serviert, Abfälle als Stopfleber verkauft, veredelt werde mit glutamathaltigen Gewürzmischungen.

Auch Deutschlands beliebter TV-Koch Johann Lafer kommt nicht besonders gut weg: «Gehärtete Fette, Labor-Aromen, Emulgatoren, Farbstoffe - der gelernte Patissier Lafer liebt, womit sich Verbraucherschützer täglich beschäftigen.»

Es ist nicht das erste Mal, dass der Ess-Experte die Welt der Köche scharf angreift: Im Sommer 2008 veröffentlichte der Stern-Mitarbeiter Zipprick in dem Magazin einen Beitrag über die aus Spanien stammende Molekularküche - und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Hinter den Kreationen von Köchen wie dem spanischen Stargastronom Ferran Adrià verberge sich «schlicht der Katalog der Lebensmittelchemie-Industrie.»

Witzig, locker und mit einer gehörigen Portion Selbstironie führt Zipprick seine Leser in die Scheinwelt internationaler Spitzengastronomie. Einziger Wermutstropfen dabei: Fast 80 Seiten dauert es, bis Zipprick von seinem Werdegang als Kritiker endlich auf die Missstände in internationalen Edelküchen zu sprechen kommt.

In langatmigen Passagen beschreibt Zipprick die Strapazen, die sein Leben als Restauranttester und das Arbeiten in einem Umfeld voller Egozentriker von ihm abverlangt hätten. «Während ein Koch früher ein guter Handwerker war, muss er heute ein Medienprofi sein, der Kochen vielfach nur noch vorspielt», urteilt Zippricks am Ende seines Buches. Sein Fazit für den Leser ist dabei denkbar einfach: «Kochen Sie lieber selbst.» (Kathrin Streckenbach, dpa)