Norwegen Reise zum Nordkap

Ob AIDA, Costa, MSC oder Phoenix-Schiffe, auch die riesigen Cunard-Kreuzfahrtschiffe, alle steuern den nördlichsten Punkt Europas an. Die Auswahl ist groß, aber bei näherer Betrachtung kann durch gewünschte individuelle Anforderungen das Schiffsprofil gut heraus gefiltert werden. 4000 Passagiere auf einem Kreuzer sind doch heftig, die Entscheidung auf einem Containerschiff Norwegen zu bereisen, das mag wiederum zu einsam sein.

Die norwegische Postlinie "Hurtigruten" (übersetzt als schnelle Route) verbindet seit über 120 Jahren die abgelegenen norwegischen Gemeinden miteinander, ist relativ überschaubar und wäre eine gute Alternative zum Kreuzfahrttrubel. Doch von verfügbarer Zeit, Route und noch annehmbaren Passagierkapazitäten (bis zu 1900 Passagiere an Bord) fiel die Entscheidung auf die "Mein Schiff 1" von TUI-Cruises.

Leinen los

Von Hamburg bis zum ersten Ankerplatz vergeht 1 Schiffstag und 553 nautische Meilen werden gemächlich zurückgelegt. Ausreichend Zeit um sich auf dem Schiff umzusehen und meinen Reiseschmöker "Norwegen der Länge nach", 3000 Kilometer zu Fuß bis zum Nordkap, von Wanderer und Autor Simon Michalowicz, anzufangen. Das erste Ziel ist die regenreichste Stadt Europas, Bergen, mit etwa 248 Regentagen pro Jahr, die uns von ihrer schönsten Sonnenseite empfing.

Es ist die zweitgrößte Stadt Norwegens und die Heimat von Komponist Edward Grieg. Auf dem Fischmarkt muss unbedingt die Königskrabbe (Kamtschatkakrabbe), Walfisch- und Elchsalami probiert werden, bevor es an die Stadtführung ins Hanseviertel Bryggen geht, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Die Zeit war ausreichend, um den Charme der quirligen Kulturstadt zu spüren - und mit der Fløibahn auf den 320 Meter hohen Fløyen zu fahren, um einen phänomenalen Blick über ganz Bergen zu bekommen.

Mein Schiff 1

Gebaut wurde das 262,5 m lange Schiff bereits 1996, im Jahre 2009 gründlich überholt und ist heute in 2015 noch immer eine sehr klassische, elegante Schiffsdame mit 13 Decks. Speziell bei dieser Nordlandroute ist eine Balkonkabine sehr empfehlenswert, denn die Aussicht auf die norwegische Küstenlinie ist gigantisch. 

Bei Tag und halber Nacht - so richtig dunkel wurde es eigentlich nie - kann man sich einfach von Meer und Küstenlinie nicht satt sehen. Während der 12tägigen Reise war durchwegs schönes Wetter, sogar Kapitän Mats Nelson betonte bei jeder Durchsage, dass er so ein herrliches Sonnenwetter schon lange nicht mehr auf dieser Tour erlebt hat.

Im 15 km langen Geiranger Fjord - bei Bilderbuchwetter - war unser Kapitän sogar so euphorisch, dass er vor dem Wasserfall der "Sieben Schwestern" das Schiff 360° Grad drehte. Ich spazierte mehrmals rund um das Deck, um diese Schiffsdrehung wahrhaftig zu realisieren, denn eng sind diese Fjorde allemal.  

Viereinhalb Schiffstage

Zwischen unseren Ausflugszielen bzw. Ankerplätzen waren Seetage, an denen das Land zwar meist in Sicht war, aber nicht geankert wurde. Wen es an solchen Tagen langweilig sein sollte, der ist selbst schuld. Von kulinarischen Aktionen, Sport, Lesungen, Vorträgen, Workshops, Theatershows und Spielen sind die Schiffstage so prall gefüllt, dass man unmöglich überall teilnehmen kann.

Wie schön ist es dann auch, sich eine ruhige Ecke am Bug oder Heck zu suchen - und die Gedanken schweifen zu lassen oder ein gutes Buch zu lesen. Zudem dauert das Kennenlernen des Schiffs auch einige Tage: 12 Bars und 8 Restaurants zu besuchen, die Einkaufsmeile und das großzügige Spa zu erkunden, das alles gelingt erst ausgiebig bis zum Ende der Reise.

Nordkap

Wir laufen das Städtchen Honningsvåg, das ein Teil der Gemeinde Nordkap auf der Insel  Magerøya ist, an. Vom Schiff fahren die heruntergelassenen Tenderboote zum Hafen und von dort aus geht es mit dem Bus etwa 50 Minuten zum Nordkap. Die Fahrt durch die kargen Hochebenen, den Fjells, wirkt wie eine Aneinanderreihung kitschiger Postkarten, denn die Schönheit dieser Landschaft ist atemberaubend - gespickt mit mindestens 100 gesehenen Rentieren. An einer der Nordspitzen der Insel liegt das Nordkap, mit den Koordinaten 71° 10' 21, ein steil aus dem Eismeer emporragendes Felsplateau.

Der nördlichste Punkt Europas ist allerdings drei Kilometer weiter, auf der westlich gelegenen Landzunge Knivskjellodden bei N 71° 11' 08. Dieser Punkt ist durch einen Wanderweg zu erreichen, der auch interessante Einsichten zu Flora und Fauna zeigt. Apropos Natur, an der norwegischen Küste ist ein lustiger Vogel beheimatet. Hat man das Glück, diesen Papageientaucher zu sehen, denkt man, es wäre ein fliegender Clown unterwegs.

Ein anderes Tier sei hier auch noch erwähnt, eine ziemlich zottelige, arktische Gestalt, ein Überlebender aus der Eiszeit, der Moschusochse. In Norwegen werden dazu geführte Safaris im Dovrefjell Nationalpark, nahe Trondheim unternommen, um diese über 500 kg schweren Ochsen zu sehen.

Wieder über den Polarkreis

Nach einer großen Umrundung der europäischen Nordspitze, geht es wieder heimwärts, ankernd für einen Tag in der achtgrößten Stadt Norwegens, Tromsø, welche zwischen imposanten Bergmassiven im Nordpolarmeer liegt. Hier starteten Nansens und Amundsens ihre Expeditionen zum Nordpol. Die nördlichste Universität Europas sowie das Stadtzentrum befinden sich auf der Insel  Tromsøya.

Auf der anderen Seite, über die Brücke "Tromsøbrua", geht es mit der Seilbahn "Fjellheisen" auf den "Storsteinen", dem Hausberg von Tromsø. Mit seinen 418 m Höhe, bietet der Berggipfel einen Rundumblick auf die Stadt, den Fjord und die umliegende Berglandschaft. 

Auch der Besuch in die Eismeerkathedrale, die das größte Glasmosaikfenster Europas aufweist, ist etwas Besonderes. Beim erstmaligen Überqueren des Polarkreises, wurde früher die Polartaufe gefeiert. Bei manchen Kreuzfahrtschiffen wird das heutzutage auch noch sehr ausgiebig mit einem verkleideten Neptun, viel Gedöns und natürlich mit viel Alkohol gefeiert. Mag sein, dass unser Schiff damit keine guten Erfahrungen gemacht hat, denn es wird lediglich beim Überqueren darauf hingewiesen.

Als Polarkreis bezeichnet man in Skandinavien, den Breitengrad, hinter dem die Tageslänge im Sommer immer weiter ansteigt. Das äußert sich darin, dass die Sonne nie hinter dem Horizont versinkt und als Phänomen Mitternachtssonne bekannt ist. Im Winter ist es umgekehrt, aber wir fahren ja nur im Sommer hin.

Eure

Rose Marie Donhauser