Von Andreas Rabenstein
Sie sind jung, trinken und feiern gerne - und sind dabei meist nicht leise. Ein idealer Ort für partyfreudige Touristen ist etwa der Berliner Alternativbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, wo sich Kneipen und Clubs ohne Sperrstunde drängen, die Spätkaufläden billiges Bier liefern und Drogen freizügig auf der Straße verkauft werden. Weil viele Bewohner aber seit längerem unter dem Ansturm des Partyvolks und dessen Krach und Müll leiden, will sich der Bezirk nun sanft wehren.
Nicht mit Hilfe des Ordnungsamtes oder gar der Polizei. Erstmal sollen Pantomime-Künstler die Feiernden auf den rechten Pfad führen. In 15 Wochenendnächten zwischen Mai und Juli ziehen sie durch die Straßen am Kreuzberger Spreeufer und dem gegenüberliegenden Friedrichshain. Hier drängeln sich im Sommer bis zum Morgengrauen Tausende junger Menschen aus Europa und den USA, aber auch aus Köln, München und den stilleren Berliner Ecken.
Pantomimisch und spielerisch bitten die Künstlergruppen dann um mehr Rücksichtnahme. Begleitet werden sie von geschulten Mediatoren, die zu fortgeschrittener Stunde auch verbal erklären können, worum es geht und dass manche Anwohner nachts schlafen wollen. Später wird dann ausgewertet, ob die Pantomime außer nächtlicher Unterhaltung etwas gebracht hat.
Initiatoren des 52 000 Euro teuren Pilotprojekts für «stadtverträglichen Tourismus» sind der Bezirk, die Tourismus-Gesellschaft Visit Berlin, der Hotel- und Gaststättenverband und die Clubbetreiber. 37 Maßnahmen aus 21 Städten, die sich vergleichbaren Problemen widmen, wurden ausgewertet. Die meisten taugten nicht für Berlin.
Denn eins ist bei der Vorstellung am Donnerstag klar: «Repressiv» will man in Kreuzberg nicht sein. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Partyfolgen sollen «positiv, kreativ und besucherfreundlich» sein. Und natürlich «das besondere Lebensgefühl der Stadt» zum Ausdruck bringen, ein «berlinerischer Lösungsweg» eben.
Aber der zuständige Kreuzberger Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Peter Beckers (SPD) und der Chef der Berlin-Marketinggesellschaft, Burkhard Kieker, sehen auch die Grenzen des Vorhabens: «Das ist ein Projekt, das sicherlich das Problem nicht lösen wird, es ist aber ein erster Ansatz», sagt Beckers. Glücklich sei er allein schon deswegen, weil die Probleme seines Bezirks mit den Touristengruppen endlich überhaupt von offiziellen Stellen wie dem Senat und dem Stadtmarketing akzeptiert würden.
Zur Lösung des Lärm- und Müllproblems seien wohl weitere und langfristigere Maßnahmen nötig, das geben dann doch alle Beteiligten zu. Immerhin klettern die Touristenzahlen in Berlin von Rekord zu Rekord. Im vergangenen Jahr kamen knapp zwölf Millionen Besucher. dpa