Die Karte liest sich modern und bewusst unkompliziert: Vom asiatisch angehauchten „Lucky you“-Lachs mit Pinik Grapefruit, Miso und trendigem Glückskeks bis hin zu bodenständigen Hackbällchen „Classic“ ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wer mit Freunden und Familie kommt, bestellt mehrere Gerichte und teilt im „Family Style“ - etwa den „NY Shrimp Cocktail“, der mit rosa Cocktailsoße einen witzigen 80er-Jahre-Look hat. Mit dem „Vatar Heritage“ gelingt Florian Glauert mit Hilfe von Jackfruit, Rote Beete und vielen frischen Kräutern die eine überzeugende Alternative zum Rindfleisch-Klassiker. Wie das „Heritage Tuna“ mit Avocado und Ponzu Sauce steht dieses Gericht in allen Heritage Restaurants (Hamburg gibt es bereits, Basel öffnet demnächst) auf der Karte, wird jedoch vom Küchenchef vor Ort individuell ungesetzt. Florian Glauert etwa sorgt mit knuspriger Hühnerhaut für ein Extra an Umami.
Kreative Hauptgerichte
Auch die Hauptgerichte tragen kreative Titel, die sich mehr an eine kosmopolitische Crowd denn an klassische Fine Dining-Gäste richtet: Hinter „What a pick me up“ verbirgt sich ein Hauptgang aus pochiertem Rinderfilet mit asiatischen Begleitern wie Edamame, Pak Choi und Sesam. Diese gelungene Fusion aus Ost und West dürfte Fans von hochwertigem, perfekt gegarten Fleisch restlos begeistern: innen blutig, außen zart. Die vegetarische Alternative dazu heißt „Don’t Call It Schnitzel“ - und tatsächlich sieht die große, unprätentiöse Weißkohlscheibe überhaupt nicht nach Schnitzel aus. Das Geheimnis lüftet sich beim beim Essen: In der Mitte befinden sich unter einer Wiener Panade versteckt alle Elemente eines klassischen Schnitzel-Tellers: Preiselbeeren, Kartoffel-Gurkensalat und Zitrone. Köstlich auch der „Black & Blue“, ein gerösteter Bio-Lachs, der mit Bulgursalat, Petersilie und Harissa Jus nordafrikanische Geschmacksnoten mitbringt. Zum Abschluss stehen „I love chocolate“ mit ganz viel Schokolade in verschiedenen Aggregatzuständen und „I hate chocolate“ mit frischer Mango, indischem Kulfi Eis, Kokos und Pistazien zur Auswahl. Klug gewählte Titel, denn tatsächlich polarisieren die Desserts. Zum Team „Hate“ gehörend, winke bei ersterem nach zwei Bissen ab, während Kolleg*innen angesichts der Schokoorgie geradezu in Ekstase geraten.
Contemporary Dining
Beide Desserts gibt es ebenfalls in allen Restaurants und werden vor Ort individuell interpretiert. Die Philosophie dahinter ist zeitgemäß und übersetzt das Thema Diversity auf die Speisekarte. So findet im Restaurant Heritage Berlin jeder das, was gerade seiner Laune entspricht: Fisch und Fleisch, vegetarisch und vegan, alles in hoher Qualität und handwerklich sauber gekocht. Die anspruchsvollen Gerichte auf Haute Cuisine-Niveau, die Glauert vormals im Restaurant Duke gekocht hat, wird man hier (vorerst) vergeblich suchen. Stattdessen steht ein unverkopfterer Spaß am Essen im Vordergrund. Für Florian Glauert, der auch für die kulinarische Konzeption der anstehenden Heritage-Neueröffnungen verantwortlich zeichnet, stellt das eine spannende Herausforderung dar. Gilt es doch, ein anspruchsvolles, internationales Publikum, aber auch Berliner*innen gleichermaßen mit seiner modernen Fusion-Küche zu begeistern. Die Hausweine, ein Grauburgunder von Franz Keller und eine rote Cuvée von Beaumont aus Südafrika, sind dazu eine gute, mehrheitsfähige Wahl.
Easy Barfood
Die Bar des Hotel Luc befindet sich am Eingang des Restaurants. Zu den sehr ordentlichen Cocktails passen die „Add ons“ auf der Karte des Heritage Berlin, etwa die sehr feinen Trüffel-Pommes oder ein üppig mit Gemüse belegtes Flatbread. Unter dem Motto „Alles easy und für alle“ kann man auf einen Aperitif oder Absacker vorbei schauen und den Abend ausklingen lassen, wenn die Musik ab 22 Uhr etwas lauter gedreht wird. Auf alkoholfreie Drinks ist der Barkeeper erfreulicherweise vorbereitet – und ist genauso nett und zugewandt wie der gesamte Staff. Das gastorientierte Konzept der Autograph Collection lebt das Team voll und ganz und scheint nach den Corona-Jahren nur so darauf zu brennen, endlich wieder für Gäste dazusein. Wie das Hotel Luc sind Restaurant und Bar in tiefem Preussisch-Blau gehalten. Innenarchitektin Oana Rosen hat alles mit auffälligen Stilelementen wie den Fotos des ungarischen Künstlers Andras Dobi kombiniert, der das Preußische Lebensgefühl ins heutige Berlin transportiert. Dass preußischer Qualität durchaus zeitgemäß ist, zeigt sich auch an der Zusammenarbeit mit KPM: Nur hier gibt es Gin Fritz, stilecht serviert in einem preußisch-blauen KPM-Becher.
HERITAGE Berlin
Charlottenstraße 52
10117 Berlin
Di – Sa 18:00 – 23:00
Hauptgerichte: 28-45 Euro
Geht mehr essen! Eure Gesa Noormann