Restaurant Wilhelm & Alexander im Humboldtforum Essen mit Geschichte

Ganz bewusst steht die Gastronomie „Wilhelm & Alexander“ im Kontext des ehrgeizigsten deutschen Museumsprojektes, dem Humboldtforum Berlin. Aus jeder Pore atmet die große Vergangenheit des Ortes, so dass ein Dinner im feinen Restaurant Wilhelm einen ganz besonderen Erlebnischarakter hat. Während für das moderne Deli der Naturforscher und Weltentdecker Alexander Pate stand, ist das deutsch-französische Fine Dining-Restaurant „Wilhelm“ seinem älteren Bruder, dem Geistes- und Kulturwissenschaftler Wilhelm von Humboldt gewidmet.

Geschichtsträchtige Räume

Wer seinen Blick in dem eleganten Gastraum schweifen lässt, wird an der Kopfseite auf den an der Wand dargestellten Lebensweg von Wilhelm von Humboldt aufmerksam. Auf den verschiedenen Tafeln erfahren wir etwas über den großen Gelehrten, der unsere Vorstellung von Bildung so nachhaltig geprägt hat und bis heute als Vater des humanistischen Bildungsideal gilt. Oder über die Speisekultur am Hof der Preußenkönige, von der Vitrinen mit wertvollen Porzellantellern aus dem Stadtschloss und dem Palast der Republik Zeugnis ablegen. Die Einrichtung des Restaurants Wilhelm im Humboldtforum fügt sich mit seinen klassischen Möbeln, den dezenten Beigetönen und einem großzügigen Raumkonzept harmonisch in das Forum ein.

Zugewandter Service

Wir nehmen Platz in der auffälligsten Sitzgruppe des Restaurants, dem mit Holzstreben überwölbten „Vogelkäfig“. Herzlich empfangen von Operations Manager Robert Kittelmann starten wir mit einem Glas Roederer Champagner in den Abend. Ganz im Sinne von Wilhelm von Humboldts künstlerisch-wissenschaftlicher, kosmopolitischer und empathischer Neugier an der Welt freuen wir uns auf das, was uns an diesem Abend an deutschen und französischen Köstlichkeiten erwartet. Bei den Vorspeisen überzeugt auf ganzer Linie ein cremiges Oeuf Cocotte auf jungem Spinat, einer ausgelassenen Schinkenjulienne und geschmolzenem Appenzeller, der dem Ei ein Extra an Würze verleiht.

Angesichts der deftigen Fleisch- und Fettorgie mit gebackenem Kalbskopf, Kalbsleberpâté und „Steak Tartare à la Wilhelm“, das mit Sauce Hollandaise eine deutlich mächtigere Note bekommt als mit einem simplen rohen Ei, fühle ich mich an Honoré de Balzacs Romane erinnert. Seitenlang schwelgt er in der Schilderung der Zubereitung einer „Tête de veau“, die ich mir ähnlich deftig wie hier im Restaurant Wilhelm im Humboldtforum vorstelle.

Einfach aber gelungen

Entsprechend des Temperamentes von Wilhelm von Humboldt hat sich die Küche eher eine traditionelle denn innovative Herangehensweise auf die Fahnen geschrieben. Die einzige vegetarische Vorspeise auf der Karte, der geschmorte Lauch mit Graupen - auch brandenburgisches Risotto genannt - fällt sowohl optisch als auch geschmacklich ein wenig blass aus und lässt kulinarisch eher an Märkischen Sand als an Pariser Raffinesse denken. Auf ganzer Linie überzeugen hingegen die untadeligen Königsberger Klopse, über deren perfekte Zubereitung wir vorher bereits ausgiebig diskutiert haben. Auf den Punkt gegartes Fleisch bester Qualität, ein dank Kapern und Zitronenabrieb ausgewogenes Säurespiel und dem richtigen Kick durch Sardellen und eine süß-samtige Soße - ein Gericht, dem das Motto des Restaurant Wilhelm im Humboldtforum: „Einfach, aber gelungen“ quasi auf der Stirn geschrieben steht.

Küchenchef mit Desserthändchen

„Ich möchte einfach lecker kochen“ betont Küchenchef Fabian Fiedler. Statt wie früher im mit 3 Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Aqua für „noch ein Gel, noch eine Emulsion“ rund um die Uhr in der Küche zu stehen, steht jetzt eine vernünftige Work Life Balance im Vordergrund. Und wer möchte das ihm und seinem engagierten jungen Team verwehren? Das Gourmetherz erwärmt sich ganz eigennützig trotzdem, wenn der ehemalige Pâtissier beim Mandel Financier mit Honig, dunklen Beeren der Saison und Honigwaben-Optik zu Höchstform aufläuft: Dieses Dessert sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt ausgesprochen köstlich.

Ein bisschen mehr von diesem Mut zur eigenen Handschrift würde man dem sympathischen Fiedler auch bei der restlichen Karte wünschen - so, wie kein zeitgenössischer Schriftsteller heute Balzac imitieren würde. GN

Hintergrund: Gategroup und Kanne Group gründen „foodgallery“ - First step Wilhelm Alexander

Die auf individualisierte Gastronomiekonzepte spezialisierte Kanne Group aus Heede und die Schweizer Gategroup Holding AG, weltweit führender Airline Caterer, haben unter dem Namen foodgallery ein Joint Venture im Gastronomiebereich geschlossen. Unter dem neuen Namen bündeln beide Akteure fortan ihre Kompetenzen für neue gastronomische Konzepte – die Systemkompetenz und langjährige, globale Expertise der Gategroup im Premium Catering Segment trifft auf die Retail-Kompetenz der Kanne Group im Gastro-Bereich. Unter der gemeinsamen Führung von Henrik Kanne (Kanne Group) und Carsten Oellerich (Gategroup) steht das Joint Venture im Zeichen neuer Wege und nachhaltigem, profitablen Wachstum. Ein derartiges Joint Venture ist aktuell einzigartig im deutschen Foodservice Markt.

Durch die Zusammenarbeit der beiden Akteure schafft foodgallery eine neue Qualität und Expertise mit individuell zugeschnittener Gastlichkeit und einer von globalen Einblicken geprägten Ausrichtung. Ziel von foodgallery sind neue, spannende Konzepte, welche in der deutschen Gastronomie-Szene frische Impulse und Inspirationen prägen und weiterentwickeln können. Entstehen soll eine ausgezeichnete Qualitätsgastronomie, völlig unabhängig vom Standort und Einsatzzweck – beispielsweise auch in der Systemgastronomie.

Hermann Kanne, CEO und Hauptgesellschafter der Kanne Group: „Wir sind sehr stolz, für unsere innovativen Gastronomie-Konzepte einen starken Partner gefunden zu haben, der mit uns völlig neue Konzepte und nachhaltiges Wachstum generieren will.“ Das erste von foodgallery geführte Konzept empfängt im Berliner Humboldt Forum seine Gäste: das von der Kanne Group konzipierte Wilhelm Alexander.