Von Simone Andrea Mayer
Im Januar beginnt die Messesaison der Einrichtungsbranche. Hersteller zeigen dann in Köln auf einer der wichtigsten Leitmessen, der Internationale Möbelmesse IMM Cologne (19. bis 25. Januar), ihre neuesten Ideen für Möbel, Küchengeräte, aber auch Teppichböden, Vorhänge und Tapeten. Und damit ihre Vorstellung davon, wie Deutschland wohnen will - oder soll.
Erste Neuheiten sind bereits bekannt: Gemütlichkeit ist das zentrale Schlagwort, prognostizieren die Experten. Das Idealbild sei für viele ein englisches Cottage mit viel Grün drumherum, berichtet Markus Majerus, Sprecher des Veranstalters Koelnmesse. Aber das mit dem gemütlichen Wohnen ist nicht ganz neu.
Man könnte nach dem Comeback der Gemütlichkeit im vergangenen Jahr nun schon von der Gemütlichkeit 2.1 sprechen. Aber man kann auch einfach sagen, hierbei handelt es sich nicht um einen Trend, der nach einer Saison wieder weg ist. Sondern um einen Megatrend, wie das Messesprecher Majerus ausdrückt. Und um etwas, was uns noch eine Weile erhalten bleiben wird.
Wenn Einrichtungsexperten wie Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie von Gemütlichkeit sprechen, meinen sie ein Lebensgefühl. Der Mensch wolle zu Hause durchatmen können, sich zurückziehen von Stress und Hektik des Alltags, von einer Außenwelt, die durch die Kommunikation im Internet sich immer schneller zu drehen scheint, erklärt Geismann. «Man sagt sich: Ich will eine Welt, die anders ist als die da draußen.» Entschleunigung zu Hause ist das Zauberwort.
Und das schafft sich der Mensch, indem er sich nicht einfach nur so einrichtet, wie er es gerne mag. Sondern er legt betont Wert auf Details bei Möbelformen und -eigenschaften, die nicht für Härte, schweren Alltag und Hektik stehen. Farben und Stoffe verstärken das Gemütlichkeitsgefühl.
Wie das aussieht? Statt Möbel mit eckigen Kanten sind nun eher runde Formen gefragt. Kuschelige, warme Stoffe wie Strick sind wichtig, Holz auch. Selbst Fliesen sehen so aus wie warme Holzböden. Und ganz wichtig sind dicke, große, weiche Sofas und darauf möglichst viele, viele Kissen, berichtet Geismann. «Die Polster werden weicher. Das passt zur Gemütlichkeit: Ich will weich sitzen, will lümmeln.»
Küchen im Countrystil werden einige Hersteller vorstellen, weiß Majerus. Gefragt seien hier authentische, natürliche Materialien wie eben das gemütliche Holz, aber gerne in Verbindung mit Metall und Stein. «Ich finde spannend, dass man viele Formen sieht, die an die Natur erinnern.» Er nennt als Beispiel die Muschelform.
Bereits im vergangenen Jahr war von all dem auf der IMM die Rede, natürliche Materialien sind bereits seit Jahren mehr und mehr im Kommen. Aber Geismann erklärt: Es dauert, bis sich erste Neuheiten zum großen Trend entwickeln. Beim Verbraucher komme diese Gemütlichkeitswelle jetzt erst richtig an - und so werden auf der Messe nun besonders viele Beispiele zu sehen sein.
Aber wenn sich auf Messen Trends etablieren, kündigen sich immer schon die nächsten an. Erste Anzeichen dafür zeigen sich zum Beispiel auf den gemütlichen Sofakissen, erklärt Farbenexperte Prof. Axel Venn aus Berlin. Die neuen Stoffmuster sehen gar nicht gemütlich aus. Statt runder Formen gibt es scharfkantige Dreiecke oder Vielecke. «Bald ist es vorbei mit der biederen Gemütlichkeit», schließt Venn daraus.
So bleibe zwar die kuschelige, gemütliche Einrichtung, aber ihre Farben und Muster zeigten an, man soll darin nicht einschlafen. Es soll sich auch was bewegen. «Wir wollen nicht nur vor der Glotze sitzen, nett was knabbern und Rotwein schlürfen», erklärt der emeritierte Professor für Farbgestaltung und Trendscouting an der Hochschule für Kunst in Hildesheim. «Wir sind heute wieder mehr auf Spannung aus, auf Diskussionen.» Und daraus ergibt sich: «Wir beginnen derzeit, uns von der puristischen Einfachheit loszusagen.»
Das zeigen auch die Farben der neuen Wohnwelten an: Sie sind kräftig und klar. Es werde kein Braun, Beige oder Grau mehr beigemischt, um sie sanfter zu machen. Im Trend werden ein reines Weiß sein, das Gelb-Grün einer Zitrone, Orange, Aquamarin, Giftgrün, Veilchenblau und Preußisch-Blau sowie kräftiges Pink. dpa