Von Cordula Dieckmann
Vintage-Mode ist angesagt. Eine schlichte Jeans, eine weiße Bluse und darüber eine Designer-Jacke, am liebsten Haute Couture. Seit vielen Jahren sind besondere Stücke aus vergangenen Modekollektionen heiß begehrt. Für viele ist es ein regelrechter Sport, solche Edelteile aufzustöbern. Monika Gottlieb kann das besonders gut. Seit Jahrzehnten sammelt die Düsseldorferin Kleidung vom Allerfeinsten, dazu Taschen, Modeschmuck und andere Accessoires.
«Haute Couture der 1950er und 1960er Jahre sowie spannende Dinge der 1980er Jahre», erklärt Gottlieb, die ihre Sachen auch immer wieder an Museen verleiht. Doch was nicht in ihre Sammlung passt, fliegt raus. So wie jetzt: In München kommen am Montag im Auktionshaus Neumeister im Rahmen der Versteigerung «Vintage Culture» auch einige ihrer Designer-Stücke unter den Hammer.
Mit dabei: ein weißes Ensemble aus Kleid und Jacke, Haute Couture von 1965 aus dem Hause Pierre Balmain. «Persönliche Anfertigung für die Prinzessin Benedikte zu Dänemark (Berleburg)», die Schwester von Königin Margarethe II., heißt es dazu im Katalog. Oder - weniger exklusiv, aber dennoch besonders - ein pistazienfarbenes Kostüm mit roter Seidenlitze und auffälligen, großen Goldknöpfen, das John Galliano 1997/98 in den Anfängen seiner Zeit bei Christian Dior entworfen hatte.
Sich von Dingen zu trennen, fällt Gottlieb nicht schwer, zumal sie schon wieder neue Stücke im Visier hat. Anfangs sei so eine Sammlung wie ein buntes Blumenbeet, ohne Konzept. Inzwischen weiß sie genau, was sie will. Statt Einzelteile zu horten, kreiert sie lieber einen bestimmten Look mit Kleidern und Accessoires, die zueinander passen. Der Rest? «Macht keinen Sinn, muss weg!»
Wann gilt Kleidung als Vintage? «Wirklich gute Vintagestücke erzählen Geschichten der Kultur und Zeit sowie der hohen Handwerkskunst», meint Modeexperte Peter Kempe, der die Auktion in München kuratiert hat. So wie ein Kostüm von 1988, das Karl Lagerfeld für Chanel kreiert hat, und das nun versteigert werden soll. Cremeweißer, weicher Strick, darüber zarte, rote Spitze und vorne eine Leiste mit rot-goldenen Knöpfchen, die von oben nach unten ein Wort ergeben: C - H - A - N - E - L. Ein Stück des Parisers Didier Ludot, der seit den 1970er Jahren Mode sammelt und verkauft.
«Haute Couture ist für die Ewigkeit gemacht und begleitet die Trägerinnen ein Leben lang. Im besten Fall gehen die Stücke später an Museen», beschreibt Ludot im Auktionskatalog. Dass die edlen Teile heute oft kombiniert werden, mit Mode jeden Stils und Genres, gefällt ihm. «Das macht Vintage jung und nachhaltig», findet er. Das seien ganz oft Herzensstücke. Solche Lieblingssachen hat auch Gottlieb, die zum fröhlichen Kombinieren ermuntert: «So ein Vintage-Teil von Oma noch dazwischen, das ist doch was!»
Sie selbst hat natürlich große Auswahl. Mindestens 150 Kleider, Hunderte Taschen und zwei Schränke voller Modeschmuck hat die Düsseldorferin im Laufe der Jahrzehnte gesammelt, wenn ihr das Bauchgefühl sagte: «Das will ich!» Ebenso zielsicher ist sie auch bei der täglichen Frage: Was ziehe ich an? «Es gibt einen Aufhänger», etwa einen Ring oder ein paar Schuhe. Dieses eine Teil muss es unbedingt sein. «Das ist wie ein Bonbon, das man essen möchte», beschreibt sie. Was dazu dann passt, das findet sich.
Dass Gottlieb in Kleidungsfragen so stilsicher und selbstbewusst ist, ist wenig verwunderlich. Schon als Kind war sie seit den 1950er Jahren der Mode verfallen. Ihre Eltern hatten ein Geschäft auf der eleganten Königsallee in Düsseldorf und verkauften Luxusgüter wie Parfüm oder Lederwaren. Ihre 1946 geborene Tochter schwärmte vor allem für Accessoires: glitzernden Modeschmuck, Hüte, Parfüm-Flakons, Taschen. «Ich habe in der oberen Etage einen Kaufladen gehabt und da verschwand so manches kleine Teil hin», erinnert sich Gottlieb. «Zum Kindergarten ich bin nie ohne Hütchen und ohne Täschchen gegangen.»
Eine prägende Kindheitserinnerung: Christian Dior. Gut drei Jahre war Gottlieb alt, als ihre Mutter sie mit nach Paris nahm, um dort den berühmten Modeschöpfer zu treffen. «Da saß ich auf dem Tisch in der Schneiderei. Und meine Mutter verhandelte mit ihm, um seine Parfüms nach Deutschland zu bekommen», erzählt sie. «Ich glaube, das hat so ein bisschen was ausgelöst.» dpa