Weihnachtsgeschäft im Supermarkt Ho ho, hol dir!

Von Christian Rothenberg

Die Handelsketten stehen in diesem Jahr vor einer besonderen Herausforderung. Die Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit hemmen seit Monaten die Kauflust. Viele Umfragen zeigen, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen bei ihren Weihnachtsausgaben sparen wollen. Prognosen des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zufolge kann die Branche insgesamt im Weihnachtsgeschäft, also im November und Dezember, im Vergleich zum Vorjahr nur nominal mit einem kleinen Plus rechnen. Inflationsbereinigt droht ein Minus von mehr als fünf Prozent.

Umsatzstärkste Zeit

Der Lebensmittelhandel ist im Vorweihnachtsgeschäft in diesem Jahr deshalb besonders bemüht, gute Stimmung zu verbreiten. «Viele Handelsunternehmen setzen bewusst auf Fröhlichkeit und Geselligkeit, auf das Leichte und Besinnliche», sagt Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms. Weil die vergangenen Jahre so sehr von schweren Nachrichten geprägt gewesen seien, träfen die Händler damit den Nerv der Verbraucher.

Für den Lebensmitteleinzelhandel ist das Weihnachtsgeschäft sehr wichtig. Laut Handelsverband Lebensmittel ist der Dezember die umsatzstärkste Zeit des Jahres. Im Advent steigt der wöchentliche Umsatz bis zur Woche vor den Weihnachtsfeiertagen von etwa 3,5 Milliarden auf bis zu 4,5 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr wurden den Marktforschern von GfK zufolge in den zwei Wochen vor Weihnachten mit Süßwaren, Wein und Sekt, Heißgetränken und Spirituosen besonders überdurchschnittliche Umsätze erzielt.

Traditionell sind die Voraussetzungen also trotz Krisenstimmung gut. Das liegt auch daran, dass der Anspruch der Kunden in der Weihnachtszeit steigt. «Wir wollen unsere Familien verwöhnen und uns etwas Gutes tun. Deshalb kaufen die Menschen mehr ein als üblich und teurere Produkte, um ein schönes Fest zu haben», sagt Martin Fassnacht, Handelsexperte von der Wirtschaftshochschule WHU. «Dabei gibt es immer auch die symbolische Komponente, dass Menschen ihre Familie beeindrucken wollen, indem sie bestimmte Marken auf den Tisch bringen.»

Beim Vergleich der Werbung fällt auf: Vor dem Fest heben alle Handelsketten ihre Premium-Sortimente hervor. Bei Lidl gibt es pazifische Felsenaustern, Kaviar und australische Lammkeulen von der Edel-Eigenmarke Sansibar Deluxe. Rewe bietet die Rezeptvorschläge gleich mit, zum Beispiel für Kabeljaufilets an Safranschaum mit Zuckerschoten oder Polenta mit Rotkohl-Orangen-Salat und Putenbrustfilet. Die Edeka-Tochter Netto lockt mit Roastbeef und veganem Nussbraten. Eine große Auswahl an Getränken, um vor dem Weihnachtsbaum anzustoßen, haben alle im Programm. Die Nachfrage ist sicher: Einer YouGov-Umfrage zufolge wollen 37 Prozent der Deutschen zum Fest Schaumwein trinken.

«Die Discounter haben profitiert»

Traditionell können Supermärkte wie Rewe und Edeka im Dezember besonders vom Weihnachtsgeschäft profitieren. «In der Weihnachtswoche macht ein typischer Discounter circa 30 Prozent, ein Supermarkt bis zu 60 Prozent mehr Umsatz gegenüber einer durchschnittlichen Woche im Jahr», sagt Handelsexperte Funder. Infolge der Inflation und einem veränderten Einkaufsverhalten konnten die Discounter zuletzt jedoch aufholen. «In diesem Jahr waren die Kunden besonders preissensibel, und die Discounter haben davon profitiert», sagt Michael Gerling, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstitutes EHI.

Nicht nur die Suche nach dem richtigen Weihnachtsessen zieht die Kunden vor dem Fest in die Lebensmittelgeschäfte. Einer Untersuchung der GfK zufolge suchen viele dort auch nach Präsenten. Lebensmittel zählen nämlich zu den beliebtesten Geschenkkategorien. Gefragt sind vor allem Weine, Spirituosen oder Pralinen. Eine wichtige Rolle spielt auch der Nichtlebensmittelbereich. Besonders begehrt sind Küchenartikel, Backzubehör, Spielwaren und Kleidung. Für Kunden hat das vor allem einen Vorteil: In den Märkten gibt es alles unter einem Dach - Festessen und Geschenke auf den letzten Drücker.

Noch etwas kann den Lebensmittelhändlern Mut machen: Die zarten Entspannungssignale bei den Verbraucherpreisen bieten zumindest etwas Anlass für einen hoffnungsvolleren Blick auf das neue Jahr. Kai Hudetz vom Institut für Handelsforschung glaubt an ein besseres Weihnachtsgeschäft als im Vorjahr.

Wollten 2022 noch 32 Prozent der Menschen beim Weihnachtsessen sparen, sind es in diesem Jahr nur noch 24 Prozent. Die Einsparungen rangieren damit deutlich hinter anderen Ausgaben, zum Beispiel für Weihnachtsgeschenke oder den Weihnachtsbaum. Das Festessen ist für viele Menschen offensichtlich unantastbar. dpa

Konsum von Schaumwein seit 2012 stark gesunken

Zu Weihnachten, Silvester oder an Geburtstagen wird gerne angestoßen, doch die Menschen in Deutschland sind seltener in Sektlaune. Im vergangenen Jahr wurden 267,8 Millionen Liter Sekt, Prosecco und Champagner abgesetzt, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Im Durchschnitt trank damit jede Person ab 16 Jahren fünf Flaschen Schaumwein oder 38 Gläser à 100 Milliliter.

Das war etwas mehr als im coronageprägten Jahr 2021, als viele Feste und Feiern ausfielen. Im Zehn-Jahres-Vergleich ging der Konsum aber um mehr als ein Fünftel zurück: 2012 betrug der Pro-Kopf-Konsum noch 6,6 Flaschen beziehungsweise 49 Gläser Schaumwein.

Grundlage der Erhebung war die Steuerstatistik. Auf Sekt, Prosecco und Champagner wird bis heute die Schaumweinsteuer erhoben, die im Kaiserreich zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt wurde. 2022 nahm der Bund rund 352 Millionen Euro aus der Schaumweinsteuer ein. dpa

Franzosen sparen bei Champagner und Pastete

Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel tischen die Franzosen gerne richtig gut auf - in diesem Jahr aber sparen sie bei Champagner, Räucherlachs und Gänseleberpastete. Schuld daran ist die Inflation, berichtete der Sender BFMTV unter Verweis auf Daten des Konsumforschungsunternehmen NielsenIQ. Zwischen dem 30. Oktober und dem 10. Dezember ging der Verkauf von Champagner demnach im Vergleich zur Vorjahresperiode um 20,1 Prozent zurück und der von Gänseleberpastete um 20,4 Prozent. Die Menge an verkauftem Räucherlachs war um 10,8 Prozent geringer als im Vorjahr. Der Verkauf von Weihnachtsschokolade ging um 9,1 Prozent zurück.

Als Grund für die Kaufzurückhaltung bei edlen Lebensmitteln und Getränken verweisen die Konsumforscher auf die Inflation, die besonders bei Lebensmitteln weiterhin hoch ist. Allerdings werden die Menschen in Frankreich beim Weihnachtsmahl und Silvesteressen nicht vor leeren Tellern sitzen. Sie greifen stattdessen, wie stabile oder leicht höhere Verkaufsmengen zeigen, zu etwas preiswerteren Ersatzprodukten. Dies sind etwa geräucherte Forelle, Sekt, Leberwurst oder gewöhnliche Schokolade. Auf die Sparsamkeit der Konsumenten reagiert der Handel inzwischen mit Preisnachlässen auf die traditionellen Weihnachtsprodukte. dpa