Seit dem Aufschwung des Portweinhandels im 18. Jahrhundert fasziniert das Weinland Portugal Ausländer, die aufgrund der speziellen Rahmenbedingungen - mehr als 250 autochthone Rebsorten, unterschiedliche Klimazonen, besondere Terroirs - hier die Voraussetzungen gefunden haben, ihre "Wein-Vision" in die Tat umzusetzen.
Auf knapp 240.000 Hektar wachsen rund 250 zugelassene autochthone Rebsorten, in denen nationale wie internationale Experten auch heute noch viel Potenzial sehen. Mit Investitionen und viel Leidenschaft bauten sich ausländische Winzer und Quereinsteiger neue Existenzen im portugiesischen Weinbau auf. Die zweite Welle an ausländischen Winzern, nach dem Aufschwung des Portweinhandels, fand in den 1980ern statt, als Portugal der EU beitrat und sich das Land in allgemeiner Umbruchstimmung befand.
Alison Luiz Gomes zog es ins Alentejo. Sie führt dort ein klassisches, portugiesisches Landgut, zu dem neben ihrem Weingut Azamor, auch Land- und Forstwirtschaft gehört. Sie erzeugt ebenfalls mit ausgewählten autochthonen und internationalen Rebsorten Weine für den internationalen Markt. "Die Landschaft ist so vielfältig und bietet viele geografische Vorteile. Von atlantischen, über mediterrane bis kontinentale Einflüsse, ist hier alles zu finden", so die Winzerin.
Aber nicht nur Winzer, sondern auch Quereinsteiger der Weinbrache haben sich von Portugal begeistern lassen und bauen heute erfolgreich ihre Weine aus. Der früherer Ex-Manager Peter Eckert, Besitzer der Quinta das Marias, oder der dänische Weinhändler und Importeur Karsten Søndergaard, Leiter der Quinta do Pégo sind heute bekannt für ihre hervorragenden Rotweine.
Sie und weitere ihrer ausländischen Kollegen, wie der Australier Peter Bright oder der Däne Hans Joergensen, gaben dem portugiesischen Weinbau Impulse durch internationale Techniken im Weinbau und der Oenologie. So haben sowohl die ausländischen Winzer, als auch die einheimischen voneinander gelernt und sich gegenseitig inspiriert. "Portugal hat eine große Vielfalt an Möglichkeiten und ein immenses Potenzial auf dem globalen Weinmarkt. Dies haben die ausländischen Winzer ebenso für sich entdeckt, wie die Einheimischen und nutzen die Chance, die das Land bietet, um einzigartige Weine zu produzieren, die das Terroir Portugals widerspiegeln", sagte Nuno Vale von Wines of Portugal.
Herdade do Esporão (Alentejo) - David Baverstock
Ein Australier, der auszog, um sich in Portugal niederzulassen. David Baverstock begann seine Wein-Karriere mit einem Oenologie-Studium in Adelaide. Schon Mitte der 70er kam er nach Deutschland und Frankreich, um seine erste Weinlese in Europa zu erleben. Sein Herz verlor er schlussendlich an Portugal. 1982 entschied er sich endgültig zu einem Umzug nach Portugal. Er arbeitete für verschiedene Weingüter wie La Rosa oder Crasto und leitet seit 1992 als Chefoenologe das Weingut Esporão im Alentejo. Bei den autochthonen Rebsorten fokussiert er sich aber nicht, wie es in Portugal üblich ist, auf Blends, sondern kreierte eine neue, rebsortenreine Weinlinie. Er erkannte das Potenzial der einzelnen ausgebauten Rebsorten und führte vier sortenreine Weine ein. Einen sommerlichen Verdelo, einen kräftigen von Cassis-Noten geprägten Touriga Nacional, einen komplexen Syrah und einen fruchtbetonten Alicante Bouschet.
Terras d'Alter (Alentejo) - Peter Bright
Peter Bright ist ein weiterer australischer Vertreter, der sich schon in jungen Jahren von dem facettenreichen Weinland Portugal angezogen fühlte. 1974 kam er als junger Oenologie-Student nach Portugal und war von den autochthonen Rebsorten begeistert, die im Gegensatz zu Australien so zahlreich angebaut werden. Als Kellermeister im Weingut João Pires im Anbaugebiet Península de Setúbal, südlich von Lissabon, kreierte er Weine im internationalen Stil und wurde bereits 1992 bei der International Wine Challenge im Rahmen der London Wine Trade Fair als "Winemaker of the Year" ausgezeichnet. Neben seiner Tätigkeit als Flying Winemaker gründete er in den letzten drei Jahrzehnten erfolgreich die Weingüter Bacalhoa Vinhos, Fuiza & Bright und Terras d'Alter. Auf dem Gebiet der Kaltvergärung war Peter Bright ein Pionier in Portugal. Durch die Kaltvergärung, beziehungsweise geführte Temperaturkontrolle der Weine im kälteren Bereich findet die Umwandlung des Zuckers in Alkohol langsamer statt. Die Weine werden komplexer und es prägen sich elegantere, sekundäre Weinaromen aus. Außerdem begann er, Weine wie international üblich sortenrein auszubauen. Dabei verwendet er bis heute neue Eichenfässer für weiße und rote Rebsorten. Nach dem Motto "Neue Welt Weine, gemacht in der alten Welt" arbeitet das Team von Terras d'Alter, das 2004 von Peter Bright gegründet wurde, und baut seine Weine nach den höchsten Qualitätsstandards aus. Die Weine sind sehr komplex und geprägt durch reife Fruchtaromen und elegante Tanninstruktur.
Herdade dos Lagos (Alentejo) - Antje Kreikenbaum
Seit über 30 Jahren befindet sich das Weingut Herdade dos Lagos im Besitz der deutschen Familie Zeppenfeld. Der Bremer Reeder Horst Zeppenfeld verliebte sich damals in die Landschaft. Er beendete seine Karriere als Kapitän und kaufte 1.000 Hektar Land auf dem er Wein, Oliven und Johannisbrot anbaute. Heute bewirtschaftet Tochter Antje Kreikenbaum das Weingut nachhaltig, recycelt Regenwasser und nutzt Solarenergie. Zudem wird auf dem gesamten Gut biologisch gearbeitet, auf Herbizid-Einsatz verzichtet und nur für den biologischen Anbau zugelassene Pflanzenschutzmittel verwendet. Die Vielfalt der Pflanzen und der schonende Umgang mit der Natur haben das Mikroklima und die Biodiversität in den letzten Jahren nachhaltig positiv verändert. Antje Kreikenbaum ist es bei ihren Weinen wichtig, dass sie eine gute Säurestruktur und möglichst geringe Alkoholgehalte haben. Aus diesem Grund werden die Trauben vergleichsweise früh im Herbst gelesen, zudem erntet die Lesemannschaft der Hedarde dos Lagos die 25 Hektar großen Rebfläche in den kühlen Morgenstunden per Hand, um optimale Qualitäten zu erhalten. Der Rebsorten-Spiegel der Herdade dos Lagos besteht zum größten Teil aus portugiesischen Rebsorten wie Aragonez, Arinto, Alvarinho oder Touriga Nacional. Kommendes Jahr sollen weitere zehn Hektar autochthone Rebsorten gepflanzt werden. Neben Stillwein produziert die Familie auch zwei traditionelle Sekte aus 100 Prozent Aragonez.
Quinta da Plansel (Alentejo) - Dorina Lindemann
Der berühmte Rebzüchter Hansjörg Böhm, der vor knapp vierzig Jahren vor der Küste Lissabons mit seinem Segelboot strandete, ließ sich von Portugal inspirieren und verschrieb sich ganz und gar der Rebforschung. Der Pfälzer Winzer und Weinimporteur erfüllte sich damit einen Traum. Seine Tochter Dorina Lindemann kam 1995 nach ihrem Oenologie-Studium in Geisenheim nach Portugal und startete erfolgreich ihr eigenes Weingut, die Quinta Plansel. Insbesondere in die "Dorina Lindemann Selecção" steckt sie ihr Herzblut. Sie baut diese Weinkollektion - ausnahmsweise ohne ihren Kellermeister Carlos Ramos - aus und verwendet dafür ausschließlich ihre Lieblings-Rebsorten. So tragen die acht Weine der Linie ihre persönliche Handschrift. Vor allem die drei großen Rebsorten des portugiesischen Nordens Tinta Barroca, Touriga Nacional und Touriga Franca spielen hierbei eine große Rolle. Da in der Quinta da Plansel ausschließlich optimal ausgereiftes Lesegut für die Weine verwendet wird, entstehen Weine mit Charakter, eleganter Frucht und gut eingebundenen reifen Tanninen. Dorina Lindemann baut ihre Rotweine auf vier verschiedene Arten aus: mit der offenen Maischegärung in typisch portugiesischen Lagares, Maischegärung mit Umpumpen und Berieselung der Maische, horizontale Rotortanks und Vergärung in Barriques. Der Erfolg gibt ihr Recht. Mittlerweile exportiert sie ihre Weine in mehr als zehn Länder weltweit. Mit Dorinas beiden Töchtern, die aktuell Önologie und BWL studieren, steht schon die nächste Generation in den Startlöchern.
Quinta de Covela (Douro) - Tony Smith und Marcelo Lima
Seit dem ersten Tag seiner Ankunft in Lissabon als Korrespondent der US Nachrichtenagentur Associated 1988 ist der Brite Tony Smith begeistert von Portugal. Nach einem Engagement in Brasilien kehrte er 2011 nach Portugal zurück. Zusammen mit seinem brasilianischen Geschäftspartner Marcelo Lima erweckte er die Quinta de Covela im Douro zu neuem Leben und holte die komplette Covela Mannschaft zurück. Den Rebsorten-Spiegel passten sie an die heutige Zeit an, sie wollten keine Standard-Cuvées aus internationalen und portugiesischen Rebsorten herstellen und gingen zurück zu autochthonen Rebsorten. Ein besonderes Augenmerk legt Tony Smith auf die weiße Rebsorte Avesso, die klassischerweise in Blends verwendet wird. Er baut sie reinsortig aus. Neben Avesso kultiviert Tony Smith noch Touriga Nacional, Cabernet Sauvignon, Merlot und Arinto. In Hinblick auf die Zukunft und kommende Trends wird mit weiteren Rebsorten experimentiert. Dutzende, meist portugiesische, aber auch rare internationale Rebsorten werden angepflanzt, um in den nächsten Jahren mit neuen Blends und Aromen spielen zu können.
Azamor (Alentejo) - Alison Luiz Gomes
Die gebürtige Britin Alison Luiz Gomes kam zum ersten Mal 1998 nach Portugal und fühlte sich sofort angekommen. Sie und ihr Ehemann sahen großes Potenzial im Alentejo, und gründeten das Weingut Azamor. Sie bauten neu, pflanzten Reben und Wald an und legten den Rebsorten-Spiegel komplett selbst fest. Zusammen mit Weinbau-Experte Luis Elias entschieden sie sich für eine französische Dichtpflanzung. So sind die Weinberge mit 5.050 Reben pro Hektar wohl die am dichtesten bepflanzten des ganzen Landes. Mit dem Ziel eines hohen Exportanteils wählten sie vier autochthone (Touriga Nacional, Touriga Franca, Alicante Bouschet und Trincadeira) und vier internationale Rebsorten (Syrah, Merlot, Mouvedre, Petit Verdot) aus, die im Alentejo am besten wachsen. Heute liegt der Export von Azamor sogar bei 90 Prozent. Das gesamte Gut umfasst 260 Hektar Gesamtfläche, davon 27 Hektar Rebfläche. Neben Weinbau wachsen Korkeichen und Pinien auf dem Grundstück. Die freien Weiden werden zur Zucht der raren Lusitano Pferde genutzt.
Cortes de Cima (Alentejo) - Hans und Carrie Joergensen
Der Däne Hans Joergensen und seine kalifornische Frau Carrie kelterten 1988 ihren ersten portugiesischen Wein im Alentejo. Carrie Joergensen erinnerte die Region stark an ihre kalifornische Heimat und für ihn war das Alentejo die perfekte Ausgangsbasis, um Wein anzupflanzen. Hans Joergensen, der viel Erfahrung in Malaysia im Management von Öl-Palmen und tropischen Pflanzen sammelte, hörte nicht auf die gut gemeinten Ratschläge der Einheimischen oder auf Regularien. Für ihn bot das heiße Klima optimale Voraussetzungen für qualitativ hochwertige Rotweine. So pflanzte er in dem traditionellen Weißwein-Gebiet bei Vidigueira im Alentejo Syrah, Touriga Nacional, Tricadeira und noch weitere rote Rebsorten und sollte mit seiner Einschätzung von Boden und Klima Recht behalten. Mit seinem Syrah erzielt er bis heute großen Erfolg. Die Philosophie liegt darin, Weine zu produzieren, die früh zu trinken sind, aber genauso gut noch gelagert werden können. Sie sollen sowohl eine intensive Farbe und natürliche Frucht mit sich bringen, als auch das Terroir des Alentejos widerspiegeln. Hans Joergensen achtet besonders beim Einsatz von Holzfässern darauf, dass die Aromen nicht darunter leiden und das Holz optimal eingebunden wird. Für die gesamte Produktion verwendet das Paar ausschließlich portugiesische Korken und auch bei anfallende Kartons, Plastik und Metallverpackung arbeiten sie ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Die im Herbst anfallenden Traubenstiele und Häute bringen sie als natürlicher Dünger im Weinberg aus.
Quinta das Maria (Dão) - Peter Eckert
Peter Eckert, Schweizer und eigentlich Manager einer Versicherungsfirma, lebte schon acht Jahre in Portugal und kannte die Sprache, Land und Leute bevor er in den 90er Jahren seine ersten Reben im Dão anpflanzte. Er und seine Frau bauten sich langsam ein eigenes Weingut auf. "Ich wollte nach meiner Rente eine sinnvolle Aufgabe haben", sagt er. Lange war Peter Eckert der einzige Ausländer, der im Dão Weinbau betrieb und dort investierte. Mit modernstem önologischen Wissen entstehen seit mehr als 20 Jahren komplexe und wohl ausbalancierte Weine aus den im Dão heimischen Rebsorten wie beispielsweise Encruzado, Touriga Nacional und Tinta-Roriz. Die Weine werden hauptsächlich in portugiesischen Granit-Lagares und Ganimede-Gärtanks vergoren. Ihren einzigartigen Charakter erhalten sie dann durch den Ausbau in französischen und amerikanischen Eichenfässern. Und der Erfolg gibt Peter Eckert Recht. 2014 gewann er mit seinem Touriga Nacional Gold in der Kategorie "Bester reinsortiger Wein" bei der "Wines of Portugal Challenge", bei über 1.000 verkosteten Weinen.
Quinta do Pégo (Douro) - Karsten Søndergaard
Karsten Søndergaard - eigentlich Weinhändler und Importeur der Dänischen Firma AMKA - begann seine Weinkarriere mit dem Import von südafrikanischen Weinen nach Dänemark. Erst 2000 übernahm er die Quinta do Pégo. "Mein Ziel war es, Weltklasse-Portweine und einzigartige Rotweine zu machen", erzählt er. "Es wachsen hier Rebsorten, die es nur in Portugal gibt und das bietet zahlreiche Möglichkeiten, um Rotweine zu produzieren, die nirgends anders auf der Welt hergestellt werden können", schwärmt er. Dies ist ihm gelungen und die Quinta do Pégo ist heute vor allem für ihre Portweine und die dichten Rotweine bekannt.