Von Mirjam Mohr
Auf den ersten Blick fällt der kleine Weinberg am Ortsrand des südpfälzischen Winzerdorfs Rhodt unter Rietburg nur durch die jeweils zwei Rosenbögen am Anfang und Ende auf. Ansonsten übersieht man ihn schnell, da die 300 Rebstöcke in den drei Zeilen viel niedriger sind als gewöhnlich.
Das hat einen ganz besonderen Grund: Die knorrigen Reben im «Rhodter Rosengarten» wurden bereits vor mehr als 400 Jahren gepflanzt, so dass dieser «Wingert» als der älteste noch immer Ertrag bringende Weinberg Deutschlands und vermutlich sogar der ganzen Welt gilt.
Einen schriftlichen Beleg dafür gibt es nicht, aber der mündlichen Überlieferung zufolge existierte der Weinberg bereits vor dem 30-jährigen Krieg, der von 1618 bis 1648 wütete. Rhodt war schon im Mittelalter für seinen «Tramunderwein» bekannt.
Auch heute noch werden in dem 600 Quadratmeter großen historischen Weinberg Trauben geerntet, die zum herb-würzigem «Rhodter Rosengarten Gewürztraminer» verarbeitet werden. «Es gibt durchaus vereinzelte Rebstöcke, die älter als 400 Jahre sind, aber das sind nur einzelne Rebstöcke und kein ganzer Weinberg», erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) in Mainz.
Im Jahr 2010 zeichnete das DWI den «ältesten noch tragenden Weinberg der Welt» als einen von vier Höhepunkten der pfälzischen Weinkultur aus. «Dieser Wingert hat auch die große Reblaus-Katastrophe im 19. Jahrhundert überlebt - vermutlich weil seine Wurzeln so tief reichen», erklärt Stefan Oberhofer.
Der Winzer aus dem benachbarten Edesheim hat die Bewirtschaftung des Weinbergs 2005 von seinem Vater übernommen. Dieser kaufte den historischen Weinberg vor 30 Jahren, nachdem er ihn seit 1970 gepachtet hatte. «Der Besitzer hatte ihn uns angeboten, da niemand daran Interesse hatte - damals war im Weinbau noch alles auf hohen Ertrag ausgerichtet, und dieser Wingert hat nicht viel eingebracht», erläutert Oberhofer.
In den 1960er Jahren sollte das heutige Kleinod einem Parkplatz weichen - nach Protesten des Besitzers wurde es dann aber 1968 unter Naturschutz gestellt. «Inzwischen pflegt man solche alten Schätze, und der Ertrag ist nebensächlich - im Vordergrund steht die Qualität», betont Oberhofer.
Zwischen 50 und 300 Litern Ertrag liefern die Reben pro Ernte - 2009 waren es auch mal 420 Liter Most, dafür konnten 2006 nur drei Eimer geerntet werden. Denn Gewürztraminer ist sehr blüteempfindlich, so dass bei ungünstigem Wetter mit starken Ausfällen zu rechnen ist.
Das ist auch der Grund dafür, dass zwischen den Gewürztraminer-Stöcken vereinzelt auch andere Rebsorten stehen, denn mit solchen gemischten Sätzen beugten Winzer bereits in früheren Zeiten kompletten Ernteausfällen vor. Außerdem sind nicht alle Rebstöcke 400 Jahre alt, da immer mal wieder einer kaputt geht. Die Nachfolgerpflanzen sind aber aus den Wurzeln gezogene Ableger und damit genetisch gleich.
Aufgrund der früheren niedrigen Anbauweise im sogenannten Kammertbau muss die Weinlese per Hand erfolgen und nicht mit Maschinen - bei drei Rebzeilen ist das aber schnell erledigt. Niemand weiß warum, aber die uralten, knorrigen Reben treiben jedes Jahr früher aus als benachbarte Gewürztraminer. Damit sind die Trauben auch regelmäßig als erste reif - geerntet werden sie aber immer als letztes: «Denn wir wollen ja den besten Wein daraus machen», betont Winzer Oberhofer. Das Ergebnis gibt es abgefüllt in 0,375-Liter-Flaschen in einer Holzkiste und mit Zertifikat. dpa