Von Doreen Fiedler
Spekulanten und Großbetriebe im Obst- und Gemüsebau sind nach Ansicht vieler Bauern schuld an den teils rasant steigenden Preisen für landwirtschaftliche Flächen in Rheinland-Pfalz. «Sie spucken uns in die Suppe», sagte Ludwig Schmitt. Der Obstbauer ist im Bauern- und Winzerverband der Vorsitzende des Kreisverbandes Mainz-Bingen - und damit einer der Regionen in Rheinland-Pfalz, die am meisten vom Anstieg bei Kauf- und Pachtpreisen betroffen sind.
Rheinhessen ist ein «Bodenpreis-Hotspot», weiß Enno Bahrs, Professor am Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim. In Mainz-Bingen und Alzey-Worms müssten Landwirte im Schnitt 30 000 bis 60 000 Euro pro Hektar hinblättern. Insgesamt aber weise Rheinland-Pfalz für Westdeutschland unterdurchschnittliche Bodenpreise auf. Gerade im Westerwald und Hunsrück sei es günstig. Weinbaupräsident Rolf Haxel meint, auch in den Steillagen an der Mosel gebe es für Winzer noch «Schnäppchen».
Obstbauer Schmitt erzählt, dass zum Beispiel in Nieder-Olm eine große Immobilienfirma Land kaufen wolle, die von Kassel bis zum Bodensee aktiv sei. Diese könne hohe Preise problemlos zahlen. «Der sitzt dann in seinem Nadelstreifenanzug da und hat noch nie draußen im Schweiße seines Angesichts gearbeitet», echauffiert sich Schmitt. Auch große, europaweit agierende Gemüsebetriebe könnten kleinere Betriebe problemlos ausstechen.
Schmitt fordert von der Politik eine Oberbegrenzung der Pachtpreise. «Der Bauer schafft es alleine nicht mehr», sagte er. «Mehrere mittelgroße Betriebe sind jetzt bedroht. Die kleinen können wir ohnehin nicht mehr retten», sagte Schmitt.
Tatsächlich sinkt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Rheinland-Pfalz. Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben des Statistischen Landesamtes noch rund 17 600, das waren gegenüber dem Jahr 1999 weniger als die Hälfte. Der Rückgang sei besonders auf die kleineren Betriebe zurückzuführen, also jene mit weniger als fünf Hektar. Die Zahl der Großbetriebe, die 100 Hektar oder mehr bewirtschaften, stieg hingegen - und zwar um 70 Prozent.
Die landwirtschaftliche genutzte Fläche hat sich in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren kaum verändert, sie liegt nun bei 707 200 Hektar. Gibt es aber ein gleichbleibendes Angebot und mehr Interesse dann stiegen die Preise, erklärt Bahrs von der Uni Hohenheim. Da es sich wegen des niedrigen Zinssatzes für viele nicht lohne, ihr Geld auf der Bank anzulegen, kauften sie sich eben Ackerflächen. «Es jagt zu viel Liquidität zu wenig landwirtschaftlichen Boden», schließt Bahrs.
Zwischen 2014 und 2016 sind die Preise für land- und forstwirtschaftliche Flächen durchschnittlich um elf Prozent gestiegen. Das errechnete das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation in Koblenz. Und das Statistische Landesamt teilte mit: Noch nie mussten Landwirte so viel Pachtentgelte zahlen. 233 Euro waren es im vergangenen Jahr pro Hektar.
Im vorderen Hunsrück sei das Niveau für Pachtpreise gestiegen, «aber man kann noch wirtschaften», sagte Landwirt Wilfried Berg aus Argenthal (Rhein-Hunsrück-Kreis). Er stelle allerdings fest: «Auch minderwertige Flächen, die früher brachlagen, werden jetzt verpachtet.»
Günstiger als Ackerland ist Dauergrünland. Doch auch da gebe es örtlich Probleme, zum Beispiel in Wittlich, das in einer Tallage liege und deswegen nur begrenzt Raum biete, sagte der Milchviehhalter Manfred Zelder aus Wittlich. «Viele Landwirte weichen lieber aus, verkaufen die Kühe und pflanzen Sonderkulturen wie Weihnachtsbäume oder Spargel an, um einen besseren Ertrag auf wenig Fläche zu erreichen.» Das verändere aber natürlich das Landschaftsbild. dpa