«Von keinen Schäden bis zu einem Ausfall von 100 Prozent ist alles dabei», sagte Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut am Freitag in Bodenheim nahe Mainz. Es sei außergewöhnlich, dass Reben in ganz Deutschland betroffen seien. «Von der Ahr bis nach Baden, von der Mosel bis nach Sachsen.»
Temperaturen mit mehreren Grad Minus seien für einen April nichts Ungewöhnliches, aber durch die sehr warmen Wochen zuvor seien die Rebstöcke zwei Wochen früher dran als sonst und hätten schon ausgetrieben. «Das war das Fatale», sagte Büscher.
Etliche Winzer hatten versucht, mit Hilfe von Windrädern oder Helikoptern die Luft zu verwirbeln, um die kalten Luftschichten mit wärmeren zu vermischen. «Bei minus sieben Grad geht das aber nicht mehr», sagte Büscher. Andere Winzer setzten auf sogenannte Frostschutzfackeln. Diese könnten aber nur auf kleinen Flächen verwendet werden, weil pro Hektar Hunderte Fackeln benötigt würden, ergänzte Büscher.
Winzer Reinhard Löwenstein aus Winningen an der Mosel steht derzeit kopfschüttelnd in seinen Weinbergen. «Das hat keine innere Logik. Da sind zwei Triebe direkt nebeneinander, beide gleich groß, einer ist kaputt, einer ist noch grün», sagte er. An anderen Stellen sehe er hingegen deutlich, wo Kaltluft den Berghang hinabgeflossen sein müsse, denn in einer Schneise von vier bis fünf Metern seien die Blättchen braun. «Vor allem die besonders guten Lagen hat es getroffen, weil da der Austrieb schon so weit war», sagte er. In den Ebenen, wo es in den vergangenen Wochen kühler war, hatten die Rebstöcke erst Knospen gebildet. Diese sind nicht so anfällig.
Die Kälte hat an manchen Orten Knospen und erste Blätter zerstört. Die betroffenen Winzer hoffen nun, dass die Reben Seitentriebe bilden. In diesen Hängen sei nur mit einem Bruchteil des Vollertrags zu rechnen. «Es wird in diesem Jahr auf jeden Fall weniger Wein geben als erhofft.»
Frostschäden in Rheinland-Pfalz
«Wir haben überall Schäden, mal katastrophal, mal nur zehn Prozent», sagte Rolf Haxel, Präsident des Weinbauverbands Mosel, am Freitag. In der Pfalz seien «deutliche Schäden» zu verzeichnen, sagte Jürgen Oberhofer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße. Das rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerium sprach von «erheblichen Frostschäden».
Angesichts des Temperaturverlaufs mit Werten von bis zu minus fünf Grad sei die Pfalz aber «mit zwei blauen Augen davongekommen», ergänzte Oberhofer, der Leiter der Weinbauabteilung beim DLR ist. «Die ganz große Katastrophe ist es nicht.» Im Jahr 2011 seien die Schäden seiner Einschätzung nach größer gewesen. Die Pfalz ist das zweitgrößte deutsche Weinanbaugebiet.
An der Mosel hätten vor allem die Burgundersorten gelitten, weil diese früher ausgetrieben hätten, sagte Haxel. «Wenn sie da in die Weinberge gehen, ist auf einmal alles schwarz.» Nun bildeten die Rebstöcke möglicherweise Seitentriebe - dazu sei genug Zeit da, weil die Vegetation zwei Wochen früher dran ist als sonst. «Ob die Früchte tragen oder nicht, wissen wir aber nicht.» dpa
Teils erhebliche Frostschäden im Rheingau
Nach dem Frost der vergangenen Nächte sind in vielen Weinbergen in Hessen die jungen Triebe kaputt. In einigen Lagen des Rheingaus lägen die Ausfälle bei bis zu 80 Prozent, in anderen nur bei zehn bis 40 Prozent, sagte Andrea Engelmann, Geschäftsführerin des Rheingauer Weinbauverbandes, am Freitag. An der Hessischen Bergstraße rutschten die Temperaturen nicht ganz so weit ins Minus. Wahrscheinlich habe es nur ein paar exponierte Lagen getroffen, sagte ein Vertreter der Bergsträßer Winzergenossenschaft.
Im Rheingau kämpften mehrere Winzer mit Frostschutzfackeln gegen die Kälte, unter anderem in den Versuchsanlagen der Hochschule Geisenheim. In den Hessischen Staatsweingütern seien sogar viele Hundert Fackeln auf vier Hektar angezündet worden, sagte Engelmann. «Das hat etwas gebracht.» dpa