Weinbau und Klimawandel Risiken für den Wein

Von Sebastian Schug

Gut ein Viertel der diesjährigen Weinernte in den 13 deutschen Anbaugebieten holen Winzer aus Baden-Württemberg ein. Das Statistische Bundesamt erwartete zu Beginn der Lese im September vor allem für das Anbaugebiet Württemberg satte Zuwächse. Für Fachleute ist klar: Wein trotzt dem Klimawandel und seinen Folgen. «Der Klimawandel führt insgesamt dazu, dass man andere neue Weinsorten in Deutschland anbauen kann. Der Weinbau gehört eigentlich zu den Gewinnern», sagte Andreas Marx vom Leipziger Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ der Deutschen Presse-Agentur. Durch das wärmere Klima werde etwa der Anbau von Rotwein begünstigt. Doch die Aussichten seien nicht nur rosig: Durch vermehrte Extremereignisse werde die Bewirtschaftung der Weinberge aufwendiger.

Fragt man die Anbauverbände im Südwesten, bestätigen diese die Sicht des Leiters des UFZ-Klimabüros für Mitteldeutschland. «Glücklicherweise wurzeln die Reben sehr tief, so dass sie sich mit Ausnahme von jungen Anlagen selbst in trockenen Jahren wie 2022 und 2023 noch ausreichend mit Wasser versorgen können», hieß es vom Weinbauverband Baden.

Das Deutsche Weininstitut (DWI) in Bodenheim bei Mainz sorgt sich hingegen im Falle lang anhaltender Dürren um die Qualität der Tropfen. Das gelte angesichts des Bewässerungsbedarfs insbesondere für Erträge von Weinbergen, die jünger als acht Jahre sind. Darunter falle nach DIW-Angaben etwa ein Drittel aller Lagen in Deutschland.

Das DWI erwartet nach jüngsten Schätzungen mit 8,8 Millionen Hektolitern eine durchschnittliche Weinernte für dieses Jahr. Das Statistische Bundesamt war Anfang September noch von 9,18 Millionen Hektolitern ausgegangen. Ein Ausreißer in den vergangenen zehn Jahren war 2018 mit 10,27 Millionen Hektoliter.

Pilze, Schädlinge und Fäulnis bereiteten den Anbauern gegenwärtig allerdings noch größere Sorgen als die Trockenheit. «Wenn die Klimaveränderung so weiter anhält, haben wir vermehrt Pilzkrankheiten, vermehrt Schädlinge», hieß es vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. UFZ-Forscher Marx nannte den schnellen Wechsel zwischen trockenen und nassen Perioden als Ursache für das steigende Risiko für Pilzbefall und Fäulnis.

Bei den Schädlingen sei durch die insgesamt wärmeren Temperaturen eine Süd-Nord-Wanderung festzustellen, teilte der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd mit. Ein großes Problem: die Kirschessigfliege. Diese aus Asien stammende Art lässt sich laut dem Ernährungsministerium in Baden-Württemberg kaum von heimischen Fliegen unterscheiden. Ihre Weibchen könnten jedoch im Unterschied zu anderen Arten intakte Früchte anbohren und dort ihre Eier ablegen.

In Südtirol habe das Insekt im Weinbau bereits erhebliche Schäden verursacht. Die württembergischen Winzern warnten: «Die Kirschessigfliege kann bis zum Totalausfall führen. Wenn die in einer Anlage drin ist, ist die Anlage erledigt.» Erschwerend komme laut DWI hinzu, dass sich die Auslöser der Risiken von Jahr zu Jahr wandelten. Mal sei es die Kirschessigfliege, mal der Echte, mal der Falsche Mehltau, die die größten Probleme verursachten.

Eine weitere Folge des Klimawandels ist den Anbauverbänden zufolge, dass sich die Vegetationszeit und auch die Weinlese deutlich nach vorn verlagert habe. Anfang September bereits wurden die ersten Trauben geerntet im Südwesten. Und die Lese bezogen auf alle Anbaugebiete sei in diesem Jahr extrem kurz gewesen, habe sich laut DWI teils nur über drei Wochen erstreckt. dpa