Weinbauregionen stellen sich auf Weingesetz ein Nahe pro, Mosel contra

Beim Blick aufs Weinetikett sollen Verbraucher künftig sofort erkennen: Je enger begrenzt die Herkunftsangabe, desto höher die Qualität. Diesen Grundsatz verfolgt die Neufassung des Weinrechts aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium von Julia Klöckner (CDU), die an der Nahe mit dem Weinbau aufgewachsen ist. Der Präsident des dortigen Weinbauverbands, Thomas Höfer, ist zufrieden mit dem nach langen Beratungen vorgelegten Referentenentwurf für das Gesetz: «Der Rahmen ist gesteckt, im Großen und Ganzen kann man damit leben.»

Das neue Weingesetz, dessen Verabschiedung bis Ende des Jahres angestrebt wird, passt das deutsche Recht den seit 2012 in der EU geltenden Bestimmungen an. Dazu gehört die Unterscheidung zwischen geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) - das ist etwa die Verbindung eines Ortsnamens mit der Bezeichnung einer Weinbergslage - und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) - das kann etwa der Name eines Anbaugebiets wie Saar sein.

Viele Weingüter haben bereits die Qualitätsstufen Gutswein, Ortswein und Lagenwein übernommen, die der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) seit 2002 entwickelt hat. Gutsweine sind die Basis-Visitenkarte eines Weinguts, die Weine können aus Trauben unterschiedlicher Weinberge kommen. Ortsweine kommen aus den Weinbergen eines bestimmten Ortes. Lagenweine sind vom Charakter einer einzelnen Weinbergslage geprägt - hier unterscheidet der VDP in Anlehnung an Bezeichnungen im Burgund noch Erste Lagen (Premier Cru) und Große Lagen (Grand Cru) mit ihren Spitzenweinen der Großen Gewächse.

Das neue Weingesetz sei ein Kompromiss für die gesamte Weinwirtschaft, sagt VDP-Geschäftsführerin Hilke Nagel. «Das ist nicht in allen Punkten ideal, aber wir denken, dass wir damit gut zurechtkommen.»

Die Gesetzesänderung schaffe einheitliche Voraussetzungen für die angestrebte Profilierung kleinerer geografischer Einheiten mit den Qualitätsstufen Gutswein, Ortswein, Lagenwein, heißt es in der Erläuterung des Referentenentwurfs. «Die innergebietliche Profilierung sollte ausschließlich Spitzenerzeugnissen der obersten Stufe der Herkunftspyramide, das heißt Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung vorbehalten bleiben.» Der nun vorliegende Referentenentwurf sei ausgewogen und trage den unterschiedlichen Interessen Rechnung, erklärt Ministerin Klöckner. Er beruhe auf einer weitgehenden Einigung mit den wesentlichen Verbänden.

Nicht mehr möglich sind künftig Weine, die wie eine Einzellage aussehen, aber aus Trauben ganz verschiedener Weinberge erzeugt werden. So kommt etwa der Moselwein «Piesporter Michelsberg» aus 37 Einzellagen in neun verschiedenen Gemeinden. Bei Weinen solcher Großlagen soll künftig der Ortsname nicht mehr auftauchen. Stattdessen soll nach den Bestimmungen der neuen Weinverordnung, die das Weingesetz ergänzt, deutlich gemacht werden, dass es sich um Weine aus einem größeren Bereich oder aus einer Region handelt.

Der Präsident des Weinbauverbands Mosel, Walter Clüsserath, sieht das kritisch: «Wenn wir nicht mehr Piesporter Michelsberg schreiben können, sondern nur noch "Bereich Michelsberg", werden die Kunden im Ausland sagen, dass dies nicht mehr ihr bekanntes Produkt ist.»

Mit Blick auf den hohen Exportanteil der Weine von der Mosel fürchtet Clüsserath: «Wir nehmen unserer Mosel unter Umständen etwas weg.» Auch die «Zeller Schwarze Katz» und der «Kröver Nacktarsch» seien eingeführte Marken. «Das geht künftig nicht mehr, da muss dann "Bereich" davor.» Clüsserath sieht noch offene Detailfragen und fürchtet, dass es für viele Winzer eine Zeit der Verunsicherung gibt. «Selbst das Weingesetz von 1971 ist noch nicht verstanden, und das ist 50 Jahre her.»

Im größten deutschen Weinanbaugebiet Rheinhessen sieht Weinbauverbandspräsident Ingo Steitz die Neuregelung positiv. «Wir begrüßen, dass wir bei den Lagenweinen jetzt bundeseinheitliche Vorgaben bekommen.» Das Thema der Großlagen sei für Rheinhessen nicht so problematisch. Es sei durchaus sinnvoll, etwa einen Ortswein aus Nierstein von einem Wein aus dem künftigen «Bereich Nierstein» zu unterscheiden. «Summa summarum sind wir mit dem Entwurf zufrieden. Das ist ein Anfang, der dann in der Praxis ausgebaut werden kann.» dpa

Schutzgemeinschaften sollen Wein-Profile entwickeln

Beim Blick aufs Weinetikett sollen Verbraucher künftig sofort erkennen: Je enger begrenzt die Herkunftsangabe, desto höher die Qualität. Diesen Grundsatz verfolgt die Neufassung des Weinrechts aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium von Julia Klöckner (CDU). Die Weinbauregionen in Deutschland stehen nun vor der Aufgabe, ihre jeweiligen Anforderungen für Qualitätsweine neu zu bestimmen. Mit dem neuen Weinrecht, zu dem das Bundeslandwirtschaftsministerium einen ersten Entwurf vorgelegt hat, wird ein allgemeiner Rahmen vorgegeben. «Darüber hinaus können die Erzeuger zum Zwecke einer weitergehenden spezifischen Profilierung ihrer Erzeugnisse zusätzliche Kriterien für kleinere geografische Einheiten festlegen», heißt es darin.

«Das wird eine relativ komplizierte Angelegenheit», sagte der Präsident des Weinbauverbands Rheinhessen, Ingo Steitz. Für die Entwicklung eigener Profile etwa zu Orts- und Lagenweinen wurden im vergangenen Jahr Schutzgemeinschaften gegründet, die für die im EU-Recht vorgesehene Einstufung von Landweinen mit geschützter geografischer Angabe oder von Qualitätsweinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung zuständig sind. Dazu gehören etwa die Festlegung zulässiger Rebsorten oder spezifische Vorgaben für Hektarertrag und Restzuckergehalte. Zuvor war dies ausschließlich Gegenstand von Landesverordnungen. In der Schutzgemeinschaft Rheinhessen sind neben dem Weinbauverband auch die Weinkellereien und Winzergenossenschaften vertreten.

«Da geht es darum, individuelle Qualitäten herauszuarbeiten», erklärte Steitz. So sollen die Angaben auf dem Weinetikett auch dem zu erwartenden Geschmacksbild entsprechen. Auch die Anforderungen zu Weinen mit besonderem Prädikat wie Kabinett oder Spätlese sowie Geschmacksangaben wie «trocken» sollen in den Regionen entwickelt und festgelegt werden. dpa