Weingüter in Deutschland Prominente Weingutsbesitzer

Von Birgit Reichert

Für John Pfeiffer ist es perfekt. Er steht hoch oben in einem Weinberg und schaut auf den Ort Lieser im Moseltal hinab. "Das ist hier so was von schön", sagt der US-amerikanische Personalmanager zwischen Rieslingreben. Seit kurzem sind es seine: Er hat gerade mit seiner Frau Pam ein Weingut gekauft. "Wir lieben Wein und wollten beide in Deutschland bleiben", sagt der 47-Jährige, der für eine Beratungsfirma in Frankfurt arbeitet. Inzwischen ist die ganze Familie übergesiedelt: Sohn Matt (25) macht den Weinbau, Tochter Kristi (22) hat die Gästezimmer übernommen.

Auch für Ex-Weingutsbesitzer Helmut Gindorf (63) hätte es nicht besser kommen können. Er hatte keinen Nachfolger für seinen Betrieb gehabt, seine beiden Töchter zeigten kein Interesse. "Die Weinberge alleine wären wir reißend schnell an Kollegen losgeworden", erzählt er. "Aber wir wollten, dass der ganze Betrieb weitergeht." Das ist mit der "Pfeiffer-Family" jetzt gesichert - und noch besser: Gindorf lernt Neu-Winzer Matt an und führt ihn in die Arbeit im Weinberg und Keller ein. "Ich darf noch ein bisschen mithelfen", sagt er.

Dass sich die Gindorfs und die Pfeiffers gefunden haben, ist Valentin Brodbecker zu verdanken. Er hat in Mainz eine Firma, die auf den Verkauf von Weingütern spezialisiert ist. "Es ist ein immer größer werdender Markt, der sehr leise und diskret ist", sagt der Geschäftsführer von "Wine-Land". Die Zahl der Weingüter, die keinen Nachfolger mehr finden, steige. "In 90 Prozent der Fälle wollen ältere Winzer verkaufen, weil keine Kinder da sind oder diese nicht weiter machen wollen." Es sei meist ein Schritt "schweren Herzens".

In den vergangenen vier Jahren hat "Wine-Land" fünf Weingüter verkauft. Zwei an der Mosel, aber auch im Rheingau oder in Baden. Derzeit hat Brodbecker 13 Betriebe in Deutschland im Angebot - Namen nennt er nicht. Das günstigste an der Nahe kostet rund 700 000 Euro (6 ha), das teuerste in Rheinhessen acht Millionen Euro (28 ha). Zudem gehören zehn Güter in der Toskana und einzelne in Slowenien und Südfrankreich zu seinem Portfolio. "Aktuell haben wir drei Weingüter in engen Verhandlungen, darunter auch eins an der Mosel."

Die Käufer sind meist Quereinsteiger. Da sei der Ex-Manager, der seinen eigenen Wein machen wolle, da sei der Unternehmer, der anlegen wolle - "langfristig und in etwas Solides, das er über Generationen weiter geben kann", sagt Brodbecker. Deutschland sei bei Weingütern "ein Schnäppchenland" - und locke zunehmend Investoren an. An der Mosel gebe es einen Quadratmeter noch für sechs Euro, in der Toskana müsse man dafür 150 Euro hinlegen. "Einmal pro Woche melden sich bei mir Investoren." Aus dem Ausland werde oft die Mosel angefragt.

"Das liegt daran, dass die Mosel international das bekannteste deutsche Weinbaugebiet ist", sagt der Geschäftsführer des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz, in Trier. Seit etwa 15 Jahren ziehe es Winzer aus dem Ausland an die Mosel: Aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden oder Australien. 2016 wurde der Verkauf des renommierten Weinguts Mönchhof bei Ürzig an Chinesen bekannt. Bislang hatten Chinesen vor allem in Südfrankreich investiert. "In Bordeaux haben sie schon 200 Weingüter gekauft", sagt Brodbecker.

Das Deutsche Weininstitut sieht auch bundesweit mehr Investoren in Weinberge ziehen. "Es gibt immer mehr", sagt Sprecher Ernst Büscher in Bodenheim bei Mainz. Der deutsche Weinbau sei derzeit in einer Phase, die attraktiv sei: Weil die Preise im Vergleich zu Frankreich oder Italien günstig seien. Und weil gerade ein Qualitätsschub auch durch eine jüngere Winzergeneration zu beobachten sei. "Einige sehen ein gutes Potenzial, das noch weitergeht."

An den steilen Hängen der Mosel ist die Arbeit für Winzer hart. "Ich habe vorher nicht gedacht, dass es körperlich so fordernd ist", sagt Pfeiffers Sohn Matt Braun. "Aber auch wenn es hart ist, es ist schön." Im ersten Jahr will er ganz viel lernen. Erst dann werde er überlegen, ob er in dem Weingut mit seinen 3,5 Hektar Reben Neuerungen mache. "Auf jeden Fall wollen wir den Absatzmarkt in die USA ausweiten", sagt Pam Pfeiffer, die in Essen bei einem großen Energiekonzern arbeitet.

Für die Pfeiffers ist der Kauf des Gutes mit einer rund 250-jährigen Geschichte viel mehr als nur eine Investition. Es ist ihr neuer Lebensmittelpunkt - in einem Land, aus dem die Vorfahren stammen. Die Pfeiffer-Familie lebte einst im Odenwald und ging in den 1850er Jahre nach New York. "Und ich drehe nun alles wieder zurück", sagt John Pfeiffer lachend, der gebürtig aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania stammt. dpa

Prominente Weingutsbesitzer in Deutschland

Da ist Fernsehmoderator Günther Jauch, der in Kanzem an der Saar (Rheinland-Pfalz) Mitte 2010 das "Weingut von Othegraven" aus Familienbesitz gekauft hat. In Rheinland-Pfalz hat auch Günther Klum, der Vater von Star-Model Heidi Klum, einen Weinberg: "Güntherslay" in Piesport an der Mosel. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler besitzt in der Südpfalz den Weinberg "Gleisweiler Hölle". Dem früheren Textilunternehmer Detlev Meyer gehört das Weingut St. Antony in Nierstein am Rhein. Und Georg Prinz zur Lippe leitet das "Weingut Schloss Proschwitz" in Sachsen.

Zahl der Weinbetriebe nimmt ab - Rebfläche bleibt aber gleich

Die Zahl der Weinbaubetriebe in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Gab es 1979 noch gut 89 000, waren es 2015 rund 43 000 Weingüter, teilte das Deutsche Weininstitut (DWI) mit. Rückläufig waren solche Betriebe, die weniger als fünf Hektar Rebfläche bewirtschafteten. Die Zahl der Güter, die mehr als fünf Hektar Fläche haben, legte in derselben Zeit von rund 3350 auf knapp 6000 zu. Die bundesdeutsche Gesamtrebfläche blieb seit 1991 mit rund 100 000 Hektar stabil.

"Wir haben einen Konzentrationsprozess in der Weinbranche, der sich schon über Jahre hinzieht", sagte DWI-Sprecher Ernst Büscher. Dieser werde weitergehen, wenn auch nicht mehr "in der gleichen Dynamik".

Der Trend gehe klar zu größeren Betrieben: Von 2010 bis 2015 nahm die Zahl der Betriebe, die 10 bis 30 Hektar und mehr bewirtschaften, um insgesamt 258 zu.