Mit der Genehmigung des Bauantrages stellt Jochen Dreissigacker in diesen Tagen seine Pläne für den Neubau einer rund zwei Hektar großen Kellerei mitten in den Weinbergen von Bechtheim vor. Der 34-jährige Rheinhesse arbeitet inzwischen seit knapp 15 Jahren daran, natürliche und unverfälschte Weine mit unverwechselbarem Charakter zu produzieren und zählt international renommierte Unternehmen wie die Restaurants von Gordon Ramsey, Kevin Fehling und Tim Raue, das Hotel Burj al Arab, die Sansibar und das Luis C. Jacob zu seinen Kunden.
Doch dieser Erfolg ist kein Zufall, sondern jahrelange, harte Arbeit. Denn als Dreissigacker 2001 seinen ersten Wein ausbaute, waren die Produktionsbedingungen aufgrund der fehlenden technischen Ausstattung und eher einfach bebauten Rebflächen schwierig. Trotz aller Hürden hat er es jedoch geschafft, seinen Weg konsequent zu gehen: Dreissigacker hat den Betrieb auf ökologischen Weinbau umgestellt, den Anbau intensiviert, Erträge reduziert und schließlich die Stilistik der Weine Schritt für Schritt verfeinert.
Heute, nach gut zehn Jahren stetiger Weiterentwicklung und insgesamt zwei Jahren Planungszeit, ist es nun Zeit für den nächsten Schritt. Denn Jochen Dreissigacker sieht seinen Betrieb als ein Generationenprojekt; immerhin wurde das Weingut von seinen Großeltern gegründet, er selbst hat zwei Söhne. Gemeinsam mit seiner Familie und dem in Wiesbaden ansässigen Büro Severain Architekten hat Dreissigacker deshalb eine ideale Kellerei für die Zukunft geplant.
Ein Gebäude, das alles bietet, um hochwertige und aufwändig angebaute Trauben zu einzigartigen Weinen auszubauen. Dreissigacker möchte keine Kompromisse machen, sondern ausschließlich nach Qualität streben. Es ist ihm daher besonders wichtig, dass die neue Kellerei nicht gleichbedeutend mit einem ehrgeizigen Expansionsplan ist, sondern einzig und allein der Weiterentwicklung seiner Weine dient. Um das jedoch zu erreichen, bedarf es dem Mehr an Platz sowie den perfekten klimatischen Bedingungen, welche die neue Kellerei bieten.
Wie es für Jochen Dreissigacker typisch ist, geht er auch bei diesem Projekt mit Bedacht vor. Die neue Kellerei ist daher nicht „irgendeine Halle auf der grünen Wiese“, sondern ein nachhaltiges Bauwerk: Die Dachkonstruktion besteht aus Holzbindern und ist extensiv begrünt, die Heizung wird mit getrocknetem Trester, also dem „Abfall“ der Traubenproduktion, bestückt. Dank einer Photovoltaik-Anlage wird die gesamte Stromversorgung in Eigenregie gesichert. Darüber hinaus werden aber auch Ressourcen gespart: Der Baukörper wird zum Teil in den Hang gebaut, also in das Erdreich hineingeschoben, damit der umliegende Boden für eine perfekte Klimatisierung sorgt.
Jochen Dreissigacker ist gleichermaßen stolz und motiviert: “Natürlich ist der Neubau eine enorme Investition für uns als Familie. Aber sie zeigt auch, wie wichtig uns der Aspekt Qualität ist und wie sehr wir als Familie miteinander verbunden sind. Meine Eltern haben mir das Weingut übertragen - vielleicht möchten meine Söhne unser Weingut ja irgendwann auch einmal übernehmen. Dafür möchte ich heute schon den Grundstein legen“. Der Bau der neuen Kellerei beginnt im Januar 2016, der Einzug ist für Mai 2017 geplant.
Jochen Dreissigacker und das Weingut Dreissigacker
Nach einer Ausbildung zum Steuerfachangestellten konnte sich Jochen Dreissigacker 2001 bei den Eltern durchsetzen und die schon lang angestrebte Winzerlehre beim Weingut Keller in Flörsheim-Dalsheim und beim Weingut Bergdolt-Klostergut St. Lamprecht in Neustadt an der Weinstraße beginnen. Schon damals kelterte er gemeinsam mit seinem Bruder seinen ersten eigenen Wein.
Und das mit Erfolg: Der Geyersberg Riesling belegte innerhalb kürzester Zeit den ersten Platz bei einer Verkostung privater Selektionen und war in nur wenigen Tagen restlos ausverkauft. Der Erfolg spornte an und so begann Dreissigacker parallel zu seiner Ausbildung zum Winzer und später auch Weinbauchtechniker gemeinsam mit dem Bruder das heimische Weingut Schritt für Schritt umzukrempeln: Es folgte mehr Detailarbeit im Weinberg, biologisches Arbeiten und die Konzentration auf die klassischen deutschen Rebsorten Riesling, Grauburgunder und Weißburgunder.
2005 stieg Dreissigacker dann voll in den Betrieb ein, Bruder Christian übernahm 2006 das benachbarte Weingut Dr. Koehler. Es folgte eine Art Tauschgeschäft zwischen den Brüdern: Christian nahm sich der Rotweine und Burgunderweine an, Jochen übernahm einen Großteil der Rieslingflächen. Seit 2007 ist das Weingut Öko-zertifiziert. Seit 2010 zählt der benachbarte Uexküllhof zum Weingut Jochen Dreissigacker. Dort werden alle Rotweine produziert und in traditionellen Eichenfässern gelagert. Das denkmalgeschützte Gutshaus verfügt über einen wunderschönen Flaschenkeller, die so genannte „Schatzkammer“, und einen Gewölbestall, die sogenannte „Kuhkapelle“ - ein Kreuzgewölbe, das 1840 gebaut wurde und in seiner Ausführung an Kirchenbauten erinnert.
Heute produziert das Weingut Jochen Dreissigacker auf insgesamt 28 Hektar 180.000 Flaschen Wein im Jahr. Insgesamt sind mehr als 60 Prozent der produzierten Weine Rieslinge, fast 95 Prozent sind trockene Weine, nur fünf Prozent sind fruchtig und edelsüß. Unterschieden wird zwischen den Gutsweinen (Riesling, Weißburgunder und Grauburgunder), Ortsweinen (Riesling, Chardonnay und Silvaner) und Lagenweinen (Riesling und Spätburgunder). Zu den Kernlagen zählen Hasensprung, Rosengarten, Westhofen und Geyersberg.