Von Jasper Rothfels
Routiniert schwenkt Fumiko Tokuoka den jungen Riesling im langstieligen Glas, bevor sie davon kostet. «Der ist knalltrocken», sagt die Japanerin mit Kennermiene. «Das ist genau richtig.» Frau Tokuoka ist vom Fach. Sie hat Weinbau studiert und leitet ein Weingut im pfälzischen Deidesheim. Doch der Rebensaft ist nicht die einzige Leidenschaft der 42-Jährigen, sie schwört auch auf das Essen ihrer Heimat. «Japanisches Essen ist nicht nur Sushi», sagt sie. Kostproben gibt es in einem japanischen Restaurant, das sie im Weingut betreibt. Diese Kombination ist nach ihrer Einschätzung einzigartig in Deutschland.
Im «Fumi» sorgt ein eigens aus Japan «importierter» Koch in Absprache mit Frau Tokuoka für ein Angebot, das von gegrilltem Aal mit Teriyaki-Sauce über Sesam-Tofu mit Wasabi bis zu japanischem Schweinelendenschnitzel in Panko-Mehl reicht. Kredenzt werden dazu Weine aus dem eigenen Keller, den Frau Tokuoka «das Prachtstück» des Gutes nennt. Mit dem Restaurant verfolgt sie eine bestimmte Strategie. «Ich mache das Restaurant nicht, um japanisches Essen zu verkaufen, sondern um meinen Wein zu verkaufen und meinen Wein bestens aussehen zu lassen», erklärt sie. Der Geschmack der Speisen wird sogar - im Rahmen des Zulässigen - auf den Geschmack der Weine abgestimmt. Das Lokalkonzept will sie auch andernorts umsetzen.
Seit zwei Jahren betreibt Frau Tokuoka das Restaurant in dem 1892 errichteten Sandsteingebäude. Dort hat auch das von ihr geleitete Weingut Josef Biffar seinen Sitz. Es gehört seit 2013 der japanischen Lebensmittelhandelsfirma Tokuoka, die in Deidesheim bekannt ist. Unter der Leitung von Frau Tokuokas Vater pachtete die Firma 1989 das Deidesheimer Weingut Reichsrat von Buhl für gut zwei Jahrzehnte. Bevor der Vertrag Ende 2013 auslief, sah sich das Unternehmen nach etwas Neuem um - und kam auf das Weingut Biffar. Das hatte zwar einen Namen in der Branche, war aber eingestellt worden, «weil es nicht hundertprozentig gelaufen ist», sagt Frau Tokuoka. In ihr keimte der Wunsch, dem Gut mit einer Fläche von 7,5 Hektar zu neuem Glanz zu verhelfen - so wie seinerzeit dem «Reichsrat».
Die Unternehmerstochter war 1996 wegen der Wein-Aktivitäten ihres Vaters nach Deutschland gekommen. In Japan hatte sie zuvor ein Biochemiestudium abgeschlossen, aber: «Das war zu trocken für mich.» Sie wollte Spaß und Wissenschaft kombinieren - und dachte an die alkoholischen Getränke, die ihr Vater verkaufte. 1996 begann sie ein einjähriges Praktikum beim «Reichsrat von Buhl» - und blieb länger, um im hessischen Geisenheim Weinbau zu studieren. Danach arbeitete sie eineinhalb Jahren auf einem japanischen Weingut, bevor sie zurückkam und in Geisenheim an der Hochschule in der Forschung arbeitete. Sie heiratete einen Ex-Kommilitonen und half gelegentlich im Weingut seiner Familie in Rheinhessen mit. «Dort habe ich schon vor zehn Jahren Sushi und japanische Speisen angeboten», sagt sie.
Nachdem die zweifache Mutter unter erschwerten Bedingungen die Rückgabe des Reichsrat von Buhl gemanagt und das Biffar-Projekt in Angriff genommen hatte, entstand die Restaurant-Idee. In der Phase, in der der Name des Weinguts Biffar wieder aufgebaut und Kundschaft gewonnen werden müsse, habe sie schnelle Einnahmen gebraucht, sagt Frau Tokuoka. «Dann habe ich gedacht: Restaurant - das kann ich gut, und das macht mir Spaß.» Der Anfang sei schwierig gewesen, «aber nach einem Jahr hat es angefangen, zu funktionieren.» Im Restaurant arbeiten inzwischen fünf Kräfte, zehn sind es im Weingut, das Riesling und Spätburgunder anbaut und überwiegend Sekt produziert. Einer davon wurde kürzlich sogar ausgezeichnet.
Japaner gibt es auch in anderen Weinbaubetrieben, viele sind es nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) aber nicht. Hideki Asano aus Tokio arbeitet mit dem Niersteiner Weingut Strub zusammen und produziert jährlich 6000 Flaschen Riesling («639»). Einen Teil exportiert er nach Japan, 80 Prozent verkauft er in Europa, vor allem an japanische Restaurants in Deutschland, Belgien und Großbritannien. Nach einem schwierigen Anfang laufe es seit zwei Jahren sehr gut, sagt der 43-Jährige. Im Weingut Bernhard Koch im südpfälzischen Hainfeld arbeitet seit Ende 2013 Chie Sakata als Kellermeisterin. Dass die 31-Jährige Japanerin ist, spiele keine Rolle, sagt Bernhard Koch. Sie könne sehr viel - «das war für mich wichtig».
Auch andere Nationalitäten sind im rheinland-pfälzischen Weinbau vertreten. An der Mosel machen zum Beispiel ein Australier, ein Pole und ein Schweizer Wein. Beim DWI stellt man eine zunehmende Investitionsbereitschaft in deutsche Weingüter fest. Überwiegend stammten die Investoren aber aus Deutschland, sagt Sprecher Ernst Büscher. Die Zahl ausländischer Weingutsbesitzer hiezulande sei sehr überschaubar. «Genaue Zahlen dazu gibt es nicht, aber ich würde schätzen, dass sie im niedrigen zweistelligen Bereich liegt.» dpa