Weinkönigin im Interview Ein Weinland Deutschland

Von Jasper Rothfels

Ein Jahr lang hat Janina Huhn als Deutsche Weinkönigin den heimischen Rebensaft im In- und Ausland vertreten. Am 25. September wird ihre Nachfolgerin gewählt. Was rät die Historikerin zum Abschied den deutschen Winzern? «Im Ausland ist es ganz wichtig, dass wir zusammenarbeiten und uns als ein Weinland Deutschland verstehen». Und was ihrer Nachfolgerin: «Auf jeden Fall Gelassenheit.»

Wie viele Termine haben Sie am Ende Ihrer Amtszeit absolviert?

Es werden um die 200 gewesen sein. Ich war an etwa 190 Tagen im Einsatz, und an manchen Tagen gab es auch mehrere Termine. Ein Viertel der Zeit habe ich im Ausland verbracht.

Das hört sich stressig an. Haben Sie es so empfunden?

Es ist sehr, sehr intensiv - und phasenweise auch extrem stressig, weil man einfach viel unterwegs ist. Die großen Auslandsreisen zum Beispiel habe ich in zwei oder drei Wochen «hineingequetscht». Das ist natürlich extrem anstrengend, aber man bekommt auch ganz viel zurück, hat tolle Erlebnisse, lernt tolle Menschen kennen und darf tollen Wein probieren. Von daher halten sich da Stress- und Glücksgefühle die Waage.

Was war denn das aufregendste Erlebnis, das Sie hatten?

Die aufregendste Reise ging nach Hongkong. Aufregend deshalb, weil ich da alleine hingefahren bin. Vor Ort wurde ich von einer Chinesin betreut. Das Schöne war, dass wir nicht auf einer Messe oder nur an einem Ort waren, sondern wir sind quer durch die Stadt gereist, haben verschiedene Restaurants, Bars und Weinhandlungen besucht. Anlass waren die «Riesling weeks», eine Werbeveranstaltung für die Rebsorte. Es gab viele Verkostungen, und ich konnte viele Schulungen abhalten - vor Journalisten aus Hongkong und Weinliebhabern. Das war eine Top-Erfahrung.

Und was war das schlimmste Erlebnis?

So richtig schlimme Erlebnisse gab es eigentlich nicht. Vielleicht die Dinge hinter den Kulissen, die einen in Stress versetzen - etwa der Bahnstreik, von dem ich mehrmals betroffen war, vielleicht auch Probleme mit dem Auto. Das war ein bisschen nervig, aber auch nicht wirklich schlimm.

Sie sind viel rumgekommen, wie bewerten Sie die Stellung des deutschen Weins in der Welt?

Deutscher Wein ist ein Nischenprodukt, weil wir zu den kleinsten Weinländern gehören. Wir sind bei der Produktion immer so auf Platz neun, Platz zehn - je nach Ernte. Zum Vergleich: Wir haben hunderttausend Hektar Rebfläche, die Spanier haben eine Million. Weil wir weniger Wein haben, ist es ein Nischenprodukt, eine Spezialität - aber auf extrem hohem Niveau, auch im internationalen Vergleich. Über diese Qualität müssen wir uns vermarkten.

Wo sehen Sie Verbesserungsvorschläge?

Die 13 Anbaugebiete in Deutschland haben alle ihren eigenen Charakter. Aber im Ausland ist es ganz wichtig, dass wir zusammenarbeiten und uns als ein Weinland Deutschland verstehen und präsentieren. Ich denke, dass das in die Köpfe mancher Winzer auch noch reinkönnte, dass wir ein großes Weinland sind und wir diese Vielfalt dann unter einem Deckmantel verkaufen. Das ist zwar schon so, aber da ist noch Potenzial nach oben.

Was für einen Tipp geben Sie Ihrer Nachfolgerin?

Auf jeden Fall Gelassenheit. Man muss echt gelassen bleiben, wenn es mal terminlich eng wird, wenn man nicht genau weiß, ob man den Zug oder das Flugzeug noch erreicht. Es klappt immer irgendwie, es gibt für alles eine Lösung. Ganz wichtig ist außerdem Begeisterungsfähigkeit. Man kommt dauernd in neue Situationen und lernt dauernd neue Leute kennen. Da ist es einfach auch gefordert, dass man sich darauf einlässt und sich begeistern lässt. Man muss da ganz, ganz offen sein und sein Herz aufmachen, denn das ist es, was die Leute von einem sehen wollen. Die wollen nicht hören, wie gut Du Dich in der Önologie auskennst, sondern die wollen sehen, dass Du das fühlst, also emotional bei der Sache bist. So kannst Du die Leute mitnehmen.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Ich habe schon seit längerem vor, beruflich in die Weinbranche zu gehen, und dieser Wunsch wird nun Wirklichkeit. Ab Oktober trete ich einen Job an. Ich sage noch nicht wo, aber ich werde in der Pfalz bleiben - und im Bereich Wein-Events tätig sein. Ich denke, das zeigt auch die Wertschätzung der Branche für dieses Amt. Die Leute wissen: Wenn die das jetzt ein Jahr lang gemacht hat, dann hat die was drauf, denn sonst hätte sie das Jahr nicht überlebt. dpa

ZUR PERSON:

Als Janina Huhn (25) 2014 Deutsche Weinkönigin wurde, war die Bad Dürkheimerin die erste Pfälzerin in diesem Amt seit acht Jahren. Talent hatte die Tochter eines Weinbautechnikers und einer Versicherungsfachangestellten schon vorher gezeigt: Die Querflötistin mit einem Abi-Schnitt von 1,1 hatte ihren Bachelor in Geschichte schon in der Tasche.