Reise an den Gardasee Wein, Landschaft & Genuss

Denn sie sind selber auferstanden,

Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,

Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,

Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,

Aus der Straßen quetschender Enge,

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht

Sind sie alle ans Licht gebracht.

So schreibt es Johann Wolfgang von Goethe einst im Osterspaziergang.

An diese Zeilen musste man am Gardasee in diesem Frühling wohl noch ein wenig mehr denken als sonst. Traditionell ist der oberitalienische See eines der Lieblingsziele in Italien. Kleine Städtchen, ein pittoreskes Bergpanorama und auch Goethe machte auf seiner Italienreise hier halt. In Malcesine gibt es sogar eine Residenz mit seinem Namen.

Nun also viele Jahre später und vor allem nach Corona-Wochen, strömten die Touristen wieder wie einst.

„Wir sind hier am See zu mehr als 90 Prozent vom Tourismus abhängig“, erzählt der Bürgermeister von Garda, Davide Benindelli. Er selbst besitzt ein Hotel mit vielleicht einen der schönsten Panoramablicke in der Stadt. Gut 5000 Gästebetten hält sein Ort bereit und bis zu eine Million Übernachtungen gibt es normalerweise. In diesem Jahr wird es sicherlich etwas weniger sein. „Die Saison hat verspätet begonnen“, sagt er. Angst vor der Zukunft hat er jedoch nicht und fügt hinzu: „Kein Hotelier oder Pensionsbetreiber musste sein Unternehmen aufgeben.“

Im Gegenteil, es wird fleißig expandiert. Vor allem im Luxussegment seien die Anstrengungen groß. „Die Gäste werden immer anspruchsvoller“, so Benindelli. So verfügt sein Hotel Ca‘ Barbini (www.cabarbiniresort.com) über 22 Suiten mit 50 bis 74 Quadratmetern Größe, exklusiver Ausstattung und bestem Seeblick. Dazu ein gut gefüllter Weinkeller. Apropos Wein. Der spielt natürlich in Italien und also auch am Gardasee eine bedeutende Rolle. Zwei Mal im Jahr wird das an der Promenade von Badolino gefeiert. Ende September beim Weinfest und im Juni beim Fiesta di Chiaretto.

Entlang der Uferpromenade reihen sich die Stände der Weingüter. Ein Verkostungsmarathon, der an einem Tag nicht zu schaffen ist. Traditionell wird am Ende von einer Jury der beste Chiaretto des Jahres erwählt. 2021 ging die Trophäe an den Bardolino Chiaretto Classico DOC vom Weingut Casetto (www.agricolacasetto.it). Nebenbei ist dieses Gut von Aldo Brancher vielleicht auch eine mit dem besten Blick auf den See. In den Hügeln über Bardolino schuf sich der einstige Politiker, der als Büroleiter und Minister bei Silvio Berlusconi tätig war, einen perfekten Ort für guten Wein und feines Olivenöl. Mit Blick auf den See zeigt er hinüber zu seinen Reben, Olivenbäume schmiegen sich an den Hügel und auf der Wiese ist genug Platz für einen Helikopter. „Manchmal landet der Chef hier“, lacht Brancher.

Unten am See indes entstand in den vergangen 30 Jahren ein anderes kleines Imperium. 1989 gründeten die Geschwister Laura, Claudio, Andrea und Fausto das Unternehmen Cabilli – Hotels & Restaurants. Ein wenig eine Geschichte wie vom Tellerwäscher zum Millionär. „Unser Vater kam als Melonenverkäufer an den Gardasee“, erzählt Andrea Cabillo. Später hätten alle vier Kinder mitgearbeitet, das erste Haus wurde gekauft, alle arbeiteten später in der Gastronomie, die erste eigene Bar wurde eröffnet, dann kam ein Restaurant hinzu, inzwischen sind es zehn Hotel- bzw. Restaurant-Bar-Betriebe. Alle auf höchstem Niveau und sehr individuell gestaltet. Besonders das Maximilian (www.hmaximilian.it) sticht dabei heraus. Irgendein Mitglied der Familie trifft man dort in einem der Hotels und Restaurants immer und immer kommt man schnell mit ihnen ins Gespräch.

Inzwischen ist schon die nächste Generation am Start und sicherlich kommen bald noch neue Objekte hinzu. „Es macht uns einfach Spaß, hier etwas zu erschaffen und die Touristen glücklich zu machen“, erzählt Andrea. Nur eines haben er und seine Geschwister so gut wie nie. „Urlaub“, lacht er. „Aber unsere Arbeit ist wie Urlaub.“ Und wer kann seinen Arbeitstag schon täglich mit einem guten Wein und Pasta auf einer Terrasse mit Blick auf den Sonnenuntergang über dem See ausklingen lassen. Einen der schönsten und vielleicht sogar spektakulärsten Blicke auf den Sonnenuntergang hat man in den Bergen über dem See. Ein paar Autominuten von Garda entfernt und der Trubel der Promenaden unten am See ist verschwunden.

Die Orte sind weniger touristisch, man ist eher im traditionellen Italien. Etwa in San Zeno di Montagna. Beim Besuch der Taverna Kus (www.tavernakus.it) sollte man sich, auch wenn man auf der anheimelnden Terrasse einen Platz hat, unbedingt vom Eigentümer Giancarlo Zanolli eine kleine Führung im Inneren geben lassen. Die Einrichtung ist mehr als sehenswert und im Weinkeller ist sicherlich bei den meisten Besuchern ein Wau zu hören. Ein langer, schmaler, dunkler Mauergang führt in einen ehemaligen Eiskeller, der wahre Weinschätze beherbergt.

Unweit von San Zeno di Montagno, wo einst die Städter aus Verona und Mantua dem heißen Sommer entflohen, weil es hier oben ein wenig luftiger und kühler ist als in den Städten und direkt am See, hat die Bayerin Renate Koblbauer zusammen mit ihrem italienischen Ehemann eine wunderbare Hotelalternative geschaffen, die sicherlich zu den schönsten Unterkünften am See zählt (www.relaissanzeno.it). Zwei Ferienhäuser, von deren Terrasse man einen Blick zu beiden Enden des Sees hat. Links Sirmione, rechts Riva. Man kommt aus dem Staunen nicht raus.

So könnte man noch viele, viele Lieblingsorte am See benennen. Selbst wer seit Jahren immer wieder kommt, wird Neues entdecken. So etwa die etwas unscheinbar in Garda gelegene Trattoria Da Pino, die nicht mal eine eigene Website hat. Dafür trifft man hier den Bürgermeister, viele Einheimische und die Familie Malfer bringt frischen Fisch aus dem See auf den Tisch. Zum Beispiel frittierte Sardinen. Übrigens – auch dafür gibt es ein Fest. Die Sardellata al chiar de luna, das Sardinenfest, immer im Juli, mit Bootstouren, Fischessen an Bord und Feuerwerk über dem See.

Und dann gibt es noch die ganz, ganz versteckten Schätze. Diese gibt es wirklich nur für Einheimische und manchmal für Gäste. Es soll allein in Garda noch so um die 60 kleine Familienweinkeller geben. So wie den von Augusto Bertoldi. Gerade in der Hitze des Sommers ein guter Ort. Dort wird mit Freunden und Familie der eigene Wein getrunken und selbstgemachte Salami und auch Limoncello verkostet. Vielleicht findet sich ja mal ein Organisator für kleine Genusstouren durch diese Keller. Das wäre dann ein weiteres Fest am See.

Es gibt also viele Gründe, den Gardasee zu besuchen. Immer wieder!

Bin dann mal wieder unterwegs