Reisebericht Bordeaux Wein und andere Schönheiten

Die Altstadt von Bordeaux gehört zum Unesco Welterbe und wird pro Jahr von über 6 Millionen Touristen besucht. Im Juni 2018 fand das 20. Weinfestival "Fête le Vin" auf den Kais zwischen Bourse Maritime und der Pont de Pierre auf etwa 2 Kilometer Länge statt. Die über 600.000 Besucher hatten die Möglichkeit über 80 Appellationen von Bordeaux und Aquitanien zu erkunden und zudem mit Winzern ins Gespräch zu kommen. Zeitgleich fand die Tall Ships Regatta 2018 statt, um dem Wein-Jubiläum noch einen besonderen festlichen Rahmen zu verleihen. Das Weinfestival findet im 2-Jahres-Rhythmus statt und wechselt sich mit der Vinexpo ab.

Im Prinzip gleicht die 250.000 Einwohner zählende Stadt Bordeaux einer großen Weinbar, die entdeckt werden möchte und mit dem im Jahr 2016 eröffneten größten Weinmuseum der Welt noch getoppt wurde.

Auf den ersten Blick erinnert das "Cité de Vin" an Guggenheim-Museen, tatsächlich ist es von den Architekten Anouk Legendre und Nicolas Desmazières entworfen worden. Auf mehr als 13.350 Quadratmeter Ausstellungsfläche wird nicht nur der Bordeauxwein gewürdigt, sondern es gleicht einer vinophilen Hommage im Dialog mit über 50 weinproduzierenden Ländern.

Von der Terrasse des Restaurants im Weinmuseum hat man einen fantastischen Blick auf die 2013 eröffnete Brücke "Pont Jacques Chaban-Delmas", die über den Fluss Garonne fast schon thront - und die Stadtviertel Bacalan und Bastide verbindet. Sie gehört zu den größten Hubbrücken der Welt. Damit auch Kreuzfahrtschiffe durchfahren können, kann man die Brücke auf 53 Meter heben.

Auf der anderen Seite des Museums liegt die vor einem halben Jahr eröffnete Markthalle "Halles de Bacalan", die mit ihrem Angebot absolut Sehenswert ist und vor allem zum Einkaufen animiert.

Route de Vin - linkes oder rechtes Ufer?

In der Weinschule "l´Ecole du Vin" in Bordeaux gibt es neben Degustationen auch knallharte Fakten über das berühmteste Weinanbaugebiet der Welt: 6810 Winzer, 111.150 Hektar Rebflächen, Produktion von 5 Millionen Hektoliter pro Jahr, davon 89 Prozent Rotwein und 11 % Weißwein sowie 65 AOC-Erzeuger (Appellation d' Origine Contrôlée) - der höchsten Qualitätsstufe. Die Rebsorten für Rotwein dominieren mit Merlot (65%), Cabernet Sauvignon (23%) und Cabernet Franc. Für Weißwein liegt die Rebsorte Semillon mit 47 % dicht vor Sauvignon blanc mit 45% und Muskateller.

Ich mochte die Bemerkung, dass das Gebiet um Bordeaux auf demselben Breitengrad wie Nappa Valley liegt. Von Bordeaux aus führen fünf verschiedene Routen durch die Weingebiete von Médoc, Sauternes/Graves, Saint-Émilion, Blaye/Bourg und Entre-deux-Mers. Ob man seine individuelle Route zu ausgesuchten Châteaus plant oder ohne Auto an geführten Besichtigungen und Degustationen teilnimmt - das Angebot hierzu ist vom Tourismusverband Bordeaux breit gefächert.

Wer gerne die Region Medoc sowie die Gebiete Pauillac, Saint-Estephe, Saint Julien, Margaux und Graves am linken Ufer des Flusses Gironde besuchen möchte, wird Châteaus wie Margaux, Latour, Rothschild und Haut Brion, die Heimat der ersten offiziellen Bordeaux Klassifikation von 1855, bewundern können. Saint-Émilion, Pomerol, Bourg und Blaye liegen am rechten Flussufer und repräsentieren die teuersten Weine der Welt von Château Petrus, Cheval Blanc, Le Pin, Ausone, Bourg und Blaye.

Verschiedene Rottöne

Das idyllisch gelegene Dorf Saint-Émilion mit knapp 1900 Einwohnern gehört seit 1999 zum Unesco Weltkulturerbe. Pro Jahr besuchen über 1 Million Touristen diesen mittelalterlichen Ort, inmitten des Weinbaugebietes. Unweit davon liegt die "La Terrasse Rouge" der 2014 eröffnete Erweiterungsbau vom Château La Dominique mit Terrassenrestaurant und Gärkeller (Nachbar vom Château Cheval blanc). Architekt Jean Nouvel beeindruckt faszinierend mit der aus polierten Metallpaneelen bestehenden Fassade des Anbaus, die insgesamt sechs verschiedene Rottöne der Umgebung wiederspiegelt und dadurch die Farbnuancen des Reifegrads und Alters von Rotwein vermitteln soll.

Nachhaltigkeit ist ein großes Thema

Ein ständiges Thema sind "Sustainability" - nachhaltige Produktion, Bio und sulfatfreie Weine. Viele Winzer produzieren schon biodynamisch, lassen sich aber durch komplizierte "Behörden-Hürden" nicht zertifizieren - und so ist der mit 7% angegebene organische Weinanbau in Bordeaux weitaus höher. Es macht Spaß so leidenschaftliche Winzer wie u.a. Joseph Arbo zu treffen, der einen Monolog über den Respekt vor der Natur, Tradition und Bodenständigkeit hält und nebenbei mit 2 Hektar Malbec experimentiert. Oder Jean-Michel Comme vom Château Pontet Canet, der drei Kühe für die Düngung der Weinberge hält.

"Das Wetter hat es 2017/2018 nicht gut gemeint", erzählt Francois Godichon vom Château Larrivet Haut-Brion, "letzten Herbst Frost, jetzt im Mai Hagel, etwa 30 Prozent hat es bei uns erwischt." Optimistisch erzählt Godichon jedoch lieber von den bemalten Betoneiern mit je 900 Liter Fassungsvermögen, in denen Weißweine für 9 bis 11 Monate lagern. Oder von den Amphoren aus Terrakotta mit je 750 Liter Fassungsvermögen, in denen Rotwein lagert. "In einigen Jahren stehen bestimmt 40 davon hier, weil das Material luftdurchlässiger ist und für die Oxidation besser ist".

Zum Abschluss besuchen wir die Veranstaltung "Les Grand Crus de Bordeaux" mit Degustationen von legendären Châteaux: Ich denke an Savoir Vivre beim Probieren von Pomerol 1998, Petrus von 1996 und Sauternes von 1989.

Rose Marie Donhauser