Rum-Cocktail-Trends Der wärmende Hauch der Karibik

Von Heidemarie Pütz

Rum auf einen einzigen Nenner zu bringen, ist nicht möglich. Zu vielschichtig ist seine Geschichte. Und zu unzureichend ist er reglementiert, beklagen Fachleute. «Rum ist eine der vielfältigsten Spirituosen, die ich kenne», sagt Thomas Weinberger von der Destillerie Lantenhammer im bayerischen Hausham.

Interesse für hochwertige Rum-Sorten steigt

Sein erstes, zweifelhaftes Image bekam Rum als Spirituose der Seeleute und Handelsware im Austausch für Sklaven. Die Zeiten, in denen Rum als Nebenprodukt der Zuckerproduktion den Weg aus der Karibik nach Europa fand, sind lange vorbei. Inzwischen überzeugt das «flüssige Gold» mit hervorragenden Qualitäten.

Beim heimischen Online-Tasting begeistern gereifte Rum-Sorten mit der Fülle ihrer Aromen. Thomas Weinberger erzählt kenntnisreich über Geschichte und Herstellung der Spirituose. Der Fachmann besuchte mehrfach in der Karibik Rum-Produzenten. «Rum ist aktuell ein heißes Thema in der Spirituosenbranche und die Aufmerksamkeit und das Interesse der Konsumenten für hochwertigen Rum steigt», sagt er.

Das zeigt sich auch während der Verkostung. Für Christian Hanneken aus Hamburg ist die Spirituose etwas Besonderes, «weil Rum für mich Nachtisch und Feierabendgetränk mit einer Erinnerung an die Leichtigkeit und Wärme der Karibik und einer sonst selten gefundenen Geschmackskomplexität kombiniert». Ein Münchner mag die Süße, «die zusammen mit dem Alkohol und den verschiedenen Aromen eine für mich sehr angenehme und schmackhafte Mischung ergeben». Ein Dritter fühlt sich in schöne Gefilde versetzt.

Weniger Zucker und keine Aromastoffe

«Unter Spirituosenkennern hatte Rum aber in den letzten Jahren einen schweren Stand, weil er unzureichend reglementiert wurde», berichtet Barexperte Stephan Hinz aus Köln. Viele große Produzenten hätten das ausgenutzt, um ihre Produkte stark nachzusüßen oder mit Stoffen wie Vanillin zu arbeiten. Aber seit 2021 darf nach einer EU-Richtlinie Rum nur noch maximal 20 Gramm Süßungsmittel pro Liter enthalten und nicht mehr aromatisiert werden.

«Süße schaltet gleich, wo Vielfalt regieren sollte», schreibt der Autor Dave Broom in «How to Drink Rum». Inzwischen gibt es jedoch eine Vielfalt von Produzenten, deren Rums in ihrer Komplexität und Qualität erstklassigen Whiskys oder Cognacs nicht nachstehen.

Unterscheidung nach Herkunft, Herstellung und Reifung

Rum ist eine Spirituose, die aus Zuckerrohr oder deren Produkten hergestellt wird und laut EU-Gesetz mindestens 37,5 Volumenprozent Alkohol haben muss. Was die meisten Menschen hierzulande darunter verstehen, sei Rum aus Melasse, ursprünglich ein Nebenprodukt der Zuckerrohrindustrie, merkt Hinz an. Dieser süßliche, dunkle Sirup wird mithilfe von Hefe vergoren. «Bei leichtem Rum mache ich eine schnelle Vergärung. Bei schwererem Rum dauert die Gärung länger, bis zu zwei Wochen», so Weinberger.

Nach der Gärung wird der entstandene «Zuckerwein» gebrannt. «Will man einen aromatischen Rum haben, brennt man im Kessel, also im Pot-Still-Verfahren. Bei leichtem Rum nimmt man Patent Still mit kürzerer Destillation», sagt Weinberger. Beim schnelleren Verfahren wird statt in Kesseln in miteinander verbundenen Säulen gebrannt. Danach besitzt das Destillat bis zu 75 Volumenprozent Alkohol und wird mit destilliertem Wasser auf Trinkstärke gebracht.

Nicht Zuckercouleur, sondern Fasslagerung sollte Farbe bringen

Rum kann im Fass gelagert werden, muss aber nicht. Die Reifung in Holzfässern gibt der Spirituose ihre Farbe, die bis zu einem sehr dunklen Braun reichen kann. «Bei der Lagerung werden gebrauchte Bourbon-, Cognac-, Whiskey- oder Weinfässer verwendet», sagt Weinberger. Die Fässer werden getoastet, das heißt von innen ausgebrannt. Die Holzkohleschicht filtert Schadstoffe heraus und unterstützt die Farbgebung des Rums.

«Allerdings darf Zuckercouleur zugesetzt werden. In der Massenproduktion spielt das eine große Rolle. Es muss aber angegeben werden. Das ist dann ein weißer Rum, der gefärbt wurde», kritisiert Barmanager Rocco Tolomeo von Spitzenhotel «The Fontenay» in Hamburg. Ein Rum von guter Qualität habe das nicht nötig. Die Art des Fasses sowie Lagerzeit sind angegeben und geben Auskunft über die Qualität.

Maestro Ronero entscheidet über Qualität

Den wichtigsten Job hat der Blendmaster, der Maestro Ronero. Er entscheidet neben Lagerung und Reifung auch über das sogenannte Blending, das Mischen verschiedener Rums. Sie können aus verschiedenen Ländern kommen, in Kesseln oder Säulen destilliert und aus mehreren Jahrgängen sein. Altersangaben beziehen sich auf das jüngste Destillat.

«Bei Rum aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern war der Blendmaster auf Reisen. Der Rohstoff kommt meist aus der Karibik», sagt Tolomeo. Lantenhammer etwa bezieht für den preisgekrönten «Rumult» Melasse aus Mauritius und Kuba. Gebrannt wird in Bayern, das Destillat mehrere Jahre in verschiedenen Fasstypen gereift und anschließend wieder vermählt.

Die Heimat von Rum liegt zwar in der Karibik, aber inzwischen ist er eine internationale Kategorie und weltweit zu Hause. Die Bandbreite reicht von ungelagerten bis zu jahrzehntelang gereiften Destillaten. Um Qualität ehrlich beurteilen zu können, rät Weinberger, sich beim Kauf über Herkunft, Herstellung und Lagerung zu informieren.

Rum pur in Zimmertemperatur servieren

Und wie genießt man Rum? Hinz, der in seiner «Cocktailkunst» etliche Rum-Cocktails vorstellt, erklärt: «Ungelagerte oder kurz gelagerte Rums eignen sich tendenziell besser für leichte, spritzige Drinks als ihre lange gereiften Verwandten, die sich eher in kräftigen, vollmundigen Cocktails einsetzen lassen.»

Pur wird junger Rum nur selten getrunken. Wer Erfahrung mit Purgenuss anderer fassgereifter Spirituosen habe, könne problemlos mit einem länger gereiften Rum einsteigen. Für den puren Rumgenuss rät Weinberger: «Rum sollte immer bei Zimmertemperatur serviert werden. Runterkühlen ist so eine Sache. Die Kälte verdeckt nur das Aroma.» dpa

Cocktailstunde mit Rum

Rum ist an der Bar aus Cocktails wie Mai Tai und einigen Klassikern wie Mojito oder Daiquiri nicht wegzudenken.

Für gemütliche Stunden zu Hause empfiehlt der Barexperte und Buchautor Stephan Hinz einen «Dark & Stormy»: «50 Milliliter gereiften Rum mit einem Schuss Limettensaft und Eiswürfeln in ein Glas geben und mit Ginger Beer auffüllen».

Wer gerne Rum-Cocktails trinkt und Abwechslung sucht, sollte mit Kräutern spielen. «Ein Mojito mit Salbei ist eine echte Überraschung und auch der Daiquiri lässt sich durch Kräuter wie Basilikum, Rosmarin oder Koriander komplett verwandeln. Einfach die frischen Kräuter mit in den Shaker geben und beim Abseihen ein feines Sieb verwenden», rät Hinz.

Darf es Grapefruitsaft-Schaum oder Champagner sein?

Der Hamburger Barmanager Rocco Tolomeo vom Hotel «The Fontenay» mixt bei seinem «Fontenay Spritz» 4 Zentiliter (cl) Rum, 2 cl Limettensaft mit 1 cl Zucker und toppt den Drink mit schaumig aufgeschlagenem Grapefruitsaft. Für den Klassiker «Old Cuban» drückt Tolomeo frische Minze leicht an, schüttelt sie mit 4,5 cl dunklem Rum, 3 cl Limettensaft, 1,5 cl Zuckersirup und 3 Spritzer Angostura im Shaker auf, seiht ab, füllt mit Champagner auf und serviert den edlen Drink in einer Cocktailschale.

Farbenfroh und kräftig aromatisch wird's beim «Queens Park Swizzle». Tolomeo füllt in ein Highball-Glas 6 cl Rum, 3 cl Limettensaft, 2 cl Zuckersirup und 12 Blätter angedrückte Minze. Dann swizzelt er das Ganze, verteilt auf dem Cocktail 12 Spritzer Angostura Bitter und garniert mit einer Minzspitze. dpa

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