Von Christopher Hirsch
Ihre Schwester habe vier Kinder und deshalb ohnehin eine Eismaschine zu Hause gehabt, erklärt Henriette Keuffel die Entstehungsgeschichte. Da sei die Idee gekommen: «Wir schmeißen mal so ein bisschen Ziegenmilch in diese Eismaschine und machen mal Eis draus.» Trotz fehlender Erfahrungen habe der erste Versuch im Grunde nicht schlecht geschmeckt.
Mitinitiatorin Sidonie Beltmann arbeitet bei einem Landwirtschaftsbetrieb in Glasin, der seit über zwei Jahren Ziegen hält - mittlerweile 2500. Zwar gebe es einen Markt für Ziegenmilchprodukte, aber keine entsprechenden großen Molkereien in Deutschland. Deshalb geht die Milch aus Glasin bis heute ins Ausland zur Weiterverarbeitung - etwa zu Käse oder Babynahrung. Dass die regional hergestellte Milch komplett ins Ausland gehe, hätten Beltmann und Keuffel schade gefunden. So seien sie auf die Idee mit dem Eis gekommen.
14 Sorten gibt es laut Keuffel mittlerweile - darunter Klassiker wie Vanille, Schokolade, Erdbeere, Haselnuss, aber auch Sanddorn und für den Winter Zimt, Marzipan, Apfel und Lebkuchen. Schmeckt Ziegeneis grundsätzlich anders? Das hänge von der Sorte ab, sagt Keuffel. Viele sagten, man schmecke Ziege gar nicht raus.
Ziegenmilchverarbeitung sei in Deutschland eine Nische, sagt Dirk Schröder. Er ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Deutschen Milchkontors (DMK) - der nach seinen Worten größten deutschen Molkereigenossenschaft mit knapp 5000 Erzeugern als Mitgliedern. Der DMK produziere zwar auch pflanzliche Milchalternativen etwa aus Erbsen, Hafer oder Lupinen, verarbeite aber keine Ziegenmilch. Das sei eine Frage der geringen Mengen in diesem Bereich. Klassischerweise finde die Verarbeitung von Ziegenmilch in Deutschland in kleineren Manufakturen statt.
Weil Ziegenmilchprodukte tendenziell etwas höherpreisiger seien, begrenzt nach Einschätzung Schröders der derzeitige Kostendruck auf die Verbraucher das Wachstum der Sparte. «Weil viele Leute sich das einfach nicht leisten wollen.»
Ähnliche Erfahrungen hat Oliver Barf gemacht. Seit kurzem hält er auf seinem Hof in Vorpommern nahe der brandenburgischen Uckermark zwar auch Milchziegen. Sein Fokus liegt allerdings auf Schafen. Um die 100 ostfriesische Milchschafe halte er und melke saisonal etwa die Hälfte. Den selbst gemachten Käse, Frischkäse oder Joghurt verkauft er im eigenen Hofladen oder auf Märkten oder verschickt die Produkte.
«Als die Spritpreise hochgingen, ist die Nachfrage im Hofladen um mindestens 75 Prozent zurückgegangen», erinnert sich Barf. Auf den Märkten verzeichne er Umsatzrückgänge von 50 bis 60 Prozent. Er und seine Lebensgefährtin steuerten deshalb nun noch mehr Märkte an. Hinzu komme fehlendes Personal. Er spricht von einer 90 bis 100-Stunden-Woche. «Macht ja aber auch Spaß.» Barf sei eben kein Büro-Mensch.
Und wie wirkt sich der Kostendruck auf den Verkauf des Glasiner Eises aus? «Es bleibt abzuwarten», sagt Keuffel. Das vergangen Jahr sei gut gelaufen. Man sei bei vielen Veranstaltungen gewesen. «Wie Motocross-Rennen auf dem Stoppelacker, wo wir uns beide hingestellt haben und Eis verkauft haben.» Mittlerweile verkaufe man das Eis in Hofläden in ganz MV, Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Hannover. Demnächst soll es auch in zwölf Supermärkte der Region kommen.
Ziegenmilch ist laut Keuffel bekömmlicher für Menschen, die Probleme mit Laktose haben. In anderen Regionen etwa der Türkei, Italien oder auch Polen sei sie schon verbreiteter. «Die Ziege ist ja die Kuh des kleinen Mannes, sagt man.» Der überwiegende Teil der Ziegenmilch aus Glasin werde weiterhin exportiert. Die beiden Schwestern wollen allerdings ihre Produktpalette erweitern. Trink-Joghurt und Käse sind angedacht. dpa