So gelingt der Zwetschgenkuchen Am besten lauwarm und mit Streuseln

Von Sabine Meuter

Im Spätsommer macht er Kuchenliebhaber selig: der Pflaumenkuchen. «Prummetaat» nennen ihn die Rheinländer, in Süddeutschland heißt er «Zwetschgendatschi». Wobei es aber auch beim Pflaumenkuchen möglichst Zwetschgen sein sollten, die auf dem Teigboden landen. Der Grund: Zwetschgen haben im Gegensatz zu Pflaumen einen geringeren Wassergehalt. «Daher sind sie ideal zum Backen, denn sie durchnässen den Boden nicht so stark wie Pflaumen», sagt der Konditormeister Gerhard Schenk. Er ist Präsident des Deutschen Konditorenbundes.

Von zu reifen Früchten rät er ab. «Viele scheuen sich davor, Zwetschgen zu verwenden, die außen noch ein bisschen grün aussehen.» Doch gerade die unreif aussehenden Früchte sind es, die beim Backen ein tolles Aroma entwickeln.

Früher war die Leckerei ein Arme-Leute-Kuchen. Die Bäume waren übervoll mit Zwetschgen, die alle verarbeitet werden mussten. Also wurde nach dem Brotbacken noch schnell Teig in eine Form gedatscht, sprich gedrückt. Darauf wurden Zwetschgen verteilt, die Form kam in den Ofen - und fertig war der Zwetschgendatschi. Heute gibt es den Obstkuchen in zig Varianten: ob mit oder ohne Streusel, mit oder ohne Guss oder ganz klassisch mit Zucker und Zimt.

Wichtig ist der Teig. Mürbteig schmeckt vielen gut, aber er weicht schnell auf. «Ideal ist ein Hefeteig», findet Kochbuchautorin Christa Schmedes. Wenn es schnell gehen muss, kann man aber auch einen Quark-Öl-Teig zubereiten. «Eine andere Alternative ist ein Rührteig, in den die Früchte beim Backen schön einsinken», sagt Jens Behrend von der Dr. Oetker Versuchsküche in Bielefeld. Auch ein Blätterteig ist möglich - ihn muss man aber möglichst direkt essen.

Die Zwetschgen oder Pflaumen vor dem Backen zuckern oder nicht? Schmedes rät davon ab: «Der Zucker entzieht den Früchten Flüssigkeit.» Damit der Boden beim Backen nicht durchweicht, kann man auf den Teigboden Semmelbrösel streuen. «Wenn sie kurz in der Pfanne mit gemahlenen Haselnüssen angeröstet werden, schmeckt das besonders gut.»

Alternativ eignen sich Oblaten. «Es gibt sie jedoch nicht immer in der zum Kuchen passenden Größe», erklärt Behrend. Sein Tipp: Wenn die Früchte beim Entsteinen schon viel Saft abgeben, dann gibt man sie lieber bis zum Belegen des Kuchens zum Abtropfen in ein Sieb.

Noch lauwarm schmeckt ein Zwetschgen- oder Pflaumenkuchen vielen am besten. Was auf gar keinen Fall fehlen darf? Klare Sache: Schlagsahne. Bleibt später noch etwas vom Kuchen übrig, kann er problemlos eingefroren werden. «Dazu am besten das vollständig erkaltete Gebäck in Gefrierbeutel packen», sagt Behrend. Nach dem Auftauen kann man den Kuchen noch einmal für fünf bis zehn Minuten bei der im Rezept angegebenen Temperatur aufbacken - so schmeckt er top.

Ein Rezept für einen Zwetschgendatschi mit Nussbröseln hat Schmedes: Einen Hefeteig aus 350 Gramm Weizenmehl Typ 405, 20 Gramm frischer Hefe, 125 Milliliter Milch, 50 Gramm Zucker, einer Prise Salz, einem halben Teelöffel abgeriebener Bio-Zitronenschale, einem Ei mittlerer Größe sowie 50 Gramm zerlassener Butter kneten. Den Teig an einem warmen Ort 30 Minuten lang gehen lassen.

In der Zwischenzeit zwei Kilogramm Zwetschgen waschen, halbieren und entsteinen. Je 50 Gramm Semmelbrösel und gemahlene Haselnüsse mit einem Esslöffel Puderzucker sowie einem halben Teelöffel Zimt mischen und in einer Pfanne goldbraun anrösten. Anschließend abkühlen lassen.

Jetzt ein Backblech mit Backpapier auslegen. Den Teig auf einer mit Mehl bestäubten Arbeitsfläche in Größe des Blechs ausrollen und auf das Blech legen. Die geröstete Bröselmischung auf den Teig streuen und die Zwetschgen dachziegelartig überlappend darauf verteilen. Den Kuchen abgedeckt zehn Minuten ruhen lassen. Inzwischen den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Den Kuchen im Ofen (unten) 30 bis 35 Minuten backen. Herausnehmen, mit Zucker bestreuen und auf dem Blech auskühlen lassen.

Ein Rezept für einen versunkenen Mini-Pflaumenkuchen hat Behrend: Einen Rührteig aus 40 Gramm weicher Butter oder Margarine, 30 Gramm Zucker, einem Päckchen Vanillezucker, einer Prise Salz, einem Ei mittlerer Größe, 65 Gramm Weizenmehl und einem halben gestrichenen Teelöffel Backpulver zubereiten. Diesen Teig in eine Springform von 18 Zentimeter Durchmesser füllen.

Darauf 250 Gramm gewaschene, halbierte und entsteinte Pflaumen oder Zwetschgen geben und die Früchte etwas eindrücken. Nach Belieben mit gehobelten Mandeln bestreuen. Form auf den Rost in den Backofen schieben (mittlere Einschubleiste) und bei etwa 180 Grad etwa 25 Minuten backen. Nach dem Backen einen Esslöffel Zimt-Zucker über den Kuchen streuen. dpa

Bühler Zwetschge in Not - Ist sie noch zu retten?

Sie ist klein, leicht säuerlich, wächst langsam und macht Arbeit: Es spricht viel gegen die Bühler Zwetschge. Aber noch viel mehr für sie. Das sagen zumindest die, die sie retten wollen. Es geht um mehr als Zwetschgenkuchen und Schnaps.

Jedes Jahr im Spätsommer lebt die Bühler Zwetschge hoch. Mit Umzug und Königin wird das Früchtchen beim Zwetschgenfest gefeiert. Ein Event mit Tradition im badischen Bühl (Kreis Rastatt). Erinnert das Spektakel doch an die Hoch-Zeiten des «Blauen Goldes» in der 30 000-Einwohner-Stadt. «Immer wenn Ernte war, hat der Geldbeutel geklingelt», sagt Stadtsprecher Matthias Buschert. Das war einmal. Inzwischen ist die Bühler Zwetschge rar geworden. Hat sie noch eine Zukunft? Es geht immerhin um den Erhalt eines kulinarischen Erbes.

Die ovale Frucht wurde erstmals um 1840 im Stadtteil Kappelwindeck entdeckt. Wie die Unterart der rundlichen Pflaume dorthin kam, weiß man nicht. Waren es die alten Römer? Denen wird zumindest nachgesagt, dass sie die «Urpflaume» aus Vorderasien nach Europa brachten, wo sie vielfach gekreuzt und veredelt wurde. Doch als Zwetschge wurde sie hierzulande erst durch die Bühler bekannt.

Das milde Ortenau-Klima ließ das blau-lila Steinobst gedeihen. Die Zwetschgenproduktion entwickelte sich zu einer Haupteinnahmequelle der Stadt. Die «Bühler», wie sie in ihrer Heimat genannt wird, gehörte ein Jahrhundert auf den großen Märkten dazu. Im Südwesten, aber auch im Ruhrgebiet, im Rheinland, in Hamburg und in Berlin. Dank ihr wurde Deutschland größter Zwetschgenproduzent Europas.

Der Niedergang ab den 1970er Jahren hat mehrere Gründe. Dazu gehört der Trend zu großen Früchten, sagt Hans Lehar, Geschäftsführer der Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden (OGA). Dickere Zwetschgensorten mit exotischen Namen wie Katinka, Hanita oder Cacaks liefen der vergleichsweise kleinen Bühlerin den Rang ab.

Deutsche Zwetschgen und Pflaumen kommen meist aus Baden-Württemberg (Anbaufläche: 1782 Hektar). Doch selbst im Kerngebiet muss die Bühler Zwetschge um ihre Existenz fürchten: «Im Erwerbsobstbau spielt die «Bühler» immer weniger eine Rolle», sagt Thomas Zimmer vom Obstgroßmarkt Mittelbaden. Neue Sorten sind ertragreicher, leichter und billiger zu ernten.

Massig Konkurrenz gibt es auch aus dem Ausland: Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes wurden 2017 mehr als 61 100 Tonnen Pflaumen und Zwetschgen importiert - Pflaumen vor allem aus Italien und Spanien, Zwetschgen aus Ungarn und Bosnien-Herzegowina. In Deutschland ging hingegen nach Erhebungen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn die Erntemenge zwischen 2007 und 2017 jährlich im Schnitt um fünf Prozent zurück. Während 2009 noch 73 000 Tonnen geerntet wurden, waren es 2016 lediglich 37 800 Tonnen und 2017 - wegen der Frostschäden - sogar nur 23 900 Tonnen.

Die Ernte der bis zu viereinhalb Meter hohen Bühler Zwetschge ist dagegen mit erheblich mehr Arbeit verbunden. Lioba Kopf aus Sasbachried ist mitten drin. Sie gehört zu den wenigen Obstbauern, die auf die Bühler Zwetschge setzen.

Vier Körbe in der Stunde schafft ein guter Pflücker bei der «Bühler», sagt sie. Bei Sorten mit größeren Früchten an niedrigen Bäumen können in der Zeit zehn Körbe gefüllt werden. Hinzu kommt, dass viele der Bühler-Zwetschgen-Bäume bei Obstbauern im Nebenerwerb stehen. Im Urlaub Obst pflücken - das macht heute nicht mehr jeder. «Es ist nicht verwunderlich, dass die «Bühler» nach und nach von der Wiese verschwinden», meint Lioba Kopf.

Noch gibt es die Bühler Zwetschge auf dem Obstgroßmarkt in Oberkirch, auf Wochenmärkten und Hofläden der Region. Doch sie wird immer seltener: Während 1957 in Mittelbaden noch 19 800 Tonnen geerntet wurden, waren es 2016 gerade noch 720 Tonnen.

Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, will gegensteuern. Ihre Organisation hat das blaue Früchtchen in das internationale Projekt «Arche des Geschmacks» der Slow Food Stiftung für Biodiversität aufgenommen. Das will weltweit rund 4800 regional wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Verschwinden schützen, die sonst aus ökonomischen Gründen am Markt untergehen würden.

Rettet das die «Bühler»? Für Zwetschgen-Experte Zimmer ist es zumindest eine Chance für ein Comeback. Schnapsbrenner schwören ohnehin auf den säuerlich-aromatischen Geschmack der robusten Frucht. Auch Gourmet-Restaurants im Schwarzwald kaufen die Traditionsfrüchte von Lioba Kopf. In dem Jahr muss sie die Erwartungen allerdings dämpfen: «Die Ernte der «Bühler» wird nicht so hoch ausfallen wie man es eigentlich nach dem Totalausfall im letzten Jahr erwartet hätte.» dpa