Wer erinnert sich nicht an die roten Schäumer, die in früheren Zeiten in den Pizzerien in Deutschland ausgeschenkt wurden. Italienische Lebenskultur war das schon damals nicht, denn Italiener bevorzugen zur Pizza immer schon Bier. Die lieblichen prickenden Rotweine entsprachen aber dem deutschen Geschmack der damaligen Zeit, zudem enthielten sie wenig Alkohol und waren billig.
Aber nicht nur hierzulande, auch die Amerikaner liebten und lieben den sprudeligen Rotwein, der häufig auch die "italienische Coca Cola" genannt wurde. Bis heute ist der Lambrusco der am meisten exportierte Wein Italiens, also eigentlich alles paletti?
Qualität statt Quantität
Lautet nun allerdings das Motto einiger Winzerverbände, die sich zusammengeschlossen haben, um gemeinsam mit viel Engagement und Kontinuität dieses Ziel zu verfolgen. Andrea Vestri, Sommelier und Mitgründer der European Wine Education stellte in München einige Lambrusco vor und gewährte einen Einblick in die etwas verwirrenden regionalen Unterschiede und die dazugehörenden Bezeichnungen.
Insgesamt gibt es heute sechs DOP's und eine IGT die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Ruhm des Lambrusco international zu stärken:
Lambrusco di Sorbara
Lambrusco Salamino di Santa Croce
Lambrusco Grasparossa di Castelvetro
Lambrusco di Modena
Lambrusco Reggiano
Lambrusco di Colli di Scandiano e di Canossa
IGT Lambrusco dell'Emilia
Lambrusco ist aber nicht gleich Lambrusco. Da gibt es die süßen und die eher knochentrockenen, die hellrosafarbenen bis hin zu dunkelveilchenblauen, fast schwarzen Weine und auch die Herstellungsweisen variieren von frizzante, metodo charmat (Tankgärung), metodo classico (Flaschengärung) oder derzeit wieder im Trend die metodo ancestrale. Die letztere Herstellungsweise wird in Italien auch "col fondo" also mit Bodensatz bezeichnet, sie ist vergleichbar mit der Flaschengärmethode, nur das keine spoccatura (Degorgement) gemacht wird. Das bedeutet dass die Schaumweine leicht trüb sind, vor allem wenn der Flascheninhalt zur Neige geht.
Lambrusco Verkostung aus vier DOP Appellationen
Die ersten drei Weine waren die wir verkosteten waren durchwegs eher hellrot und ideale Aperitifweine, nicht zuletzt auch wegen des moderaten Alkoholgehalt, der zwischen zehn und elf Prozent lag. Die Überraschung war ein Lambrusco di Modena DOP Rosè 2017 der Cantina Settecani di Castelvetro mit einem Restzucker von 45 g, der am Gaumen jedoch, dank des hohen Säuregehalts, nicht spürbar war. Keiner wäre auf diesen hohen Zuckergehalt gekommen, da sich der Wein trocken präsentierte. Der hohe Säuregehalt zog sich wie ein roter Faden durch diese drei Weine, die alle mit ihren frisch-fruchtigen Aromen von Erdbeeren, Himbeeren und Granatapfel und dem leichten Veilchentouch richtig Trinkspaß machten. Beim Il Fondatore von Cleto Chiarli, der nach der Ancestral Methode produziert wurde, kam eine angenehme Note von Brotkruste hinzu.
Die Lambrusco Salamino di Santa Croce DOP und Lambrusco Grasparossa waren dunkelrot, fast violett, und knochentrocken. Die Aromen reifer Kirschen wurden von einer angenehmen, präsenten Säure untermalt. Der Lambrusco Grasparossa die Castelvetro DOP secco von der Tenuta Galvana zeigte neben den typischen Veilchenaromen auch kräuterige Noten und deutliche Tannine. Ein perfekter Lambrusco zu den heimischen Gerichten der Emilia, die bekannt dafür sind, dass nicht mit Fett gespart wird.
Perfetto zur opulenten Küche der Emilia
Nicht umsonst wird die Emilia auch der Bauch Italiens genannt, rund um Modena und Bologna ist nicht nur Parmaschinken, Culatello, schmackhafteste Salami, Cotechino und Zampone sowie die Mortadella zu Hause, hier gibt es zur hausgemachten Pasta auch schmackhafte, üppige Ragus und die Gnocchi serviert man frittiert. Zu all den unwiderstehlichen Genüssen passt ein trockener Lambrusco perfekt, weil er, wie man auf italienisch sagt "pulisce la bocca", also den Mund wieder säubert und bereit macht für die nächsten Happen. Und das bei dem geringen Alkoholgehalt, was sicherlich auch bei uns ein echtes Argument ist, vor allem für Bistros die mittags stark frequentiert sind. Wer Lambrusco zu einem fetten Essen trinkt braucht keinen Schnaps hinterher.
Eines sollten Weinhändler jedoch beachten. Lambrusco ist ein Frischeprodukt, ähnlich wie Prosecco. Die angenehmen fruchtigen Aromen bleiben bis in den Herbst hinein gut erhalten, die Bubbels und die Struktur natürlich länger, aber wer einen frischen, lebendigen Lambrusco will, der sollte den Vorrat bis Ende des Jahres aufgebraucht haben.