Restaurant Skykitchen Im Himmel über Berlin

Hoch über den Dächern von Berlin eröffnet die Skykitchen einen unvergleichlich weiten Blick über die Stadt. In Lichtenberg - einem Bezirk, der nicht gerade als Mekka für Gourmets gilt - thront das Restaurant mit seinem unaufgeregt stylischen Interieur und der Rundumverglasung über dem Hotel Vienna House by Wyndham Andel's.

Spätestens seit Alexander Koppe 2014 den ersten Michelin-Stern erkochte, gilt die Skykitchen als zuverlässige Fine Dining-Adresse im Osten Berlins. Im Mai diesen Jahres hat Sascha Kurgan die Nachfolge des langjährigen Küchenchefs angetreten und seine erste eigene Karte vorgestellt. Als Sous Chef war er früher bereits an der Seite von Koppe tätig und ist nun nach Stationen im Potsdamer Schlosshotel, dem Schlossrestaurant Cecilienhof, dem Restaurant Lorenz Adlon und vor allem dem Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg zurückgekehrt. „Die Zeit neben Joachim Wissler ist unbezahlbar und hat mich sehr geprägt“ sagt er, den wir als zurückhaltend, aber nicht minder selbstbewusst erleben.

Vegetarisches Amuse bouche: Tartelette mit Auberginensphäre und Falafel mit Minz Joghurt

Tatsächlich ist seinem Menü die klassisch französische Schule des großen Sternekochs anzumerken - sowohl in der normalen als auch in der vegetarischen Variante. Ich starte mit einer Tartelette mit Auberginensphäre und Falafel mit Minz Joghurt, was sich als französisch verkleidete Variante nordafrikanischer Geschmäcker und über-raschende Geschmacksexplosion entpuppt. Die nicht vegetarische Variante kommt als Tartelette vom Saibling, Nori Stroh, Rauchaal Gelée & Praline von der Kalbsmaske mit Senfcrème. Der Champagner dazu stammt von dem kleinen Produzenten Veuve Fourny und überzeugt als Blanc de Blancs Extra Brut Premier Cru mit Frische und Eleganz.

Den Gästen eine unvergleichliche Zeit schenken

Küchenchef Sascha Kurgan mit Maître Barbara Merll

Ausgewählt hat ihn Barbara Merll, eine der großartigsten Gastgeberinnen der Stadt. Die gebürtige Saarländerin liebt nicht nur Champagner, sondern vor allem das, was sie tut: Professionell, witzig und geistreich führt sie uns durch den Abend und zeigt dabei eine unaufdringliche Leichtfüßigkeit, die ihresgleichen sucht. „Service ist für mich mehr als das bloße Servieren. Vielmehr geht es mir darum, unseren Gästen eine unvergessliche Zeit zu schenken und sie durch unser Menü zu begleiten.“ Seit 2012 ist sie als feste Größe an Bord der Skykitchen, wurde als „Berlins beste Gastgeberin 2015“ sowie zum „Maître des Jahres 2017“ für ganz Deutschland im Rahmen der Rolling Pin Awards ausgezeichnet - ein Glück für jeden Gast und geradezu ein role model für den leider oft unterschätzten Beruf des Maître.

So nimmt die Ouvertüre aufs Schönste vorweg, was uns heute Abend erwarten wird - eingetaucht in das Licht einer langsam um das Restaurant herum untergehenden Sonne. Es geht spannend weiter mit Salatherzen beziehungsweise der Guillardeau Auster, jeweils mit Weizengras-Sud und Kim Chi - die beiden Varianten unterscheiden sich vor allem bei der Hauptzutat, während die dezent asiatische Grundnote gleich bleibt. „Kochen ist für mich wie das Malen eines Kunstwerkes. Es beginnt im Kopf und im Herzen und findet seine Vollendung darin, was es bei seinem Betrachter oder eben beim Gast auslöst“, sagt Sascha Kurgan. Versinnbildlicht wird diese Metapher mit dem Bio-Onsenei mit Blumenkohl, Piment d´Espelette und Wildkräutern, das sich optisch verspielt, aber in vollendeter geschmacklicher Klarheit präsentiert.

Geschmacksbombe ohne Alkohol: Der "Non Wermut"

Spannend dazu die Wein- bzw. die alkoholfreie Begleitung - letztere etwa in Form von einem erfrischend grünen Sommercocktail mit Kopfsalat, Apfel, Molke, Ingwer, der die Salatherzen von Sascha Kurgan tänzerisch aufnimmt. Hier tritt mit der jungen Sommelière Sharin Polte, die Erfahrungen bei Top-Adressen wie dem Faeldt und Jens Pietzonkas Weinzentrale sammeln konnte, ein weiterer Glücksfall auf den Plan.

Das Onsen-Ei erhält eine aufregende Ergänzung mit dem recht ungewöhnlich aus Chardonnay (Amphore), Scheurebe (gebrauchtes Barrique) und Riesling cuvetierten Revolution White Solera von Zillinger aus dem  Weinviertel. Die alkoholfreie Alternative überzeugt kräutrig-blumig mit Holunder, Limette, Minze und Estragon. Zum Kalbsbries mit Sardelle, Sommertrüffel, Erbse - angesichts dieses gelungenen Gangs ist meine Begleitung ausnahmsweise mal froh, nicht die vegetarische Variante aus Spargel mit Hollandaise, Pfifferlinge, Erbse zu bekommen - pairt Sharin Polte einen 2010 Venje (Grasevina, Riesling, Pinot Gris) aus Enjingi aus Kroatien und einen 2018 Furmint von Sagmeister aus Serbien. Unter den alkoholfreien Drinks zählt ihr „Non Wermut“, der selbst bei Weinliebhaberin Barbara Merll Gnade findet, zu den all-time-favourites.

Sommelière mit eigenem Wein

Sharin Polte mit ihrem "Ungezähmt"

Zwei kräftige Weine, die Sharin Poltes Interesse an Gewächsen jenseits des Mainstreams und insbesondere an osteuropäischen Weinbaugebieten manifestieren. Für eine aufstrebende Sommelière gehört das eigene Fass quasi zur Visitenkarte, und so hat sie sich mit ihrem „Ungezähmt“, der mit Hilfe von Kellermeister Sebastian Rösch und Winzer Arno Schembs auf Chateau Schembs in Rheinhessen entstanden ist, einen Traum erfüllt. Nomen est omen, oder anders ausgedrückt: Er sei ein bisschen wie sie selbst, sagt Sharin Polte. Mit den großen Burgundern dieser Welt wolle sie nicht konkurrieren, „mein Chardonnay steht für Verbundenheit, schöne Erinnerungen und jede Menge Lebensfreude!“

Beim Hauptgang mit Perlhuhn (Brust, Leber, Herz und Haut), Sellerie, Jus und Mispel wird meine Begleitung noch einmal richtig ekstatisch. Das Aromen- und Konsistenzenspiel mit Teilen vom ganzen Huhn macht Freude und offenbart große Leidenschaft beim Komponieren eines Tellers. Sascha Kurgans Kochstil ist von sicherem Handwerk, filigranen Aromen und feenhaft arrangierten Komponenten geprägt, womit wir wieder bei den Impressionisten wären.

Lediglich das Dessert mit weißer Ivoire-Schokolade, Orange, Jasmintee und Reis fällt ein wenig gleichförmig aus und wenig komplex in den Aromen: trotz interessanter Optik schmeckt es etwa so aufregend wie ein Magnum-Eis mit weißer Schokolade - da fehlt der dringend gesuchte Patissier.

Die begleitenden Getränke - eine gewaltige 2008 Riesling Spätlese von Hermann Ludes (Mosel)  und der Kefir mit grünem Tee, Aprikose und Zitrone - haben deutlich mehr Wumms. Zum Abschluss gibt es tatsächlich ein Mini Magnum, eine Yuzu Praline mit Haselnuss Buttercrème und Baiser, die von einer Wildkirsche aus dem Rumfass von der fantastischen Fräulein Brösel perfekt abgerundet werden.

Wenn es aktuell ein Restaurant in Berlin gibt, wo sich alle Einzelteile zum Gesamtkunstwerk fügen, ist es die Skykitchen.

6-GÄNGE € 149,- | INKLUSIVE WEINBEGLEITUNG € 227,- |INKLUSIVE ALKOHOLFREIER WEINBEGLEITUNG € 209,-

Skykitchen im Vienna House by Wyndham Andel's Berlin 
Landsberger Allee 106, 10369 Berlin

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